Peter Wolff

Vendetta Colonia


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Danke, ich weiß.“

      „Ich mache mich dann daran, den Diasonographen vorzubereiten. Vorher koche ich uns aber erst einmal einen leckeren Kaffee. Import aus Kuba, da kommt man nicht so einfach dran, etwas ganz Besonderes.“

      „Stimmt, Dr. Freudenberg's Leidenschaft ist ja der Kaffee“, fällt Werner ein.

      „Das ist ja interessant. Ich trinke auch leidenschaftlich gern Kaffee, bin aber bei Weitem kein Kenner, wie Sie einer sind“, fügt Clarissa hinzu.

      „Bin gleich wieder da.“ Dr. Freudenberg verschwindet in der kleinen Küche der medizinischen Fakultät.

      „Ich bin so aufgeregt, Werner.“

      „Das wird schon.“

      „Was, wenn Dr. Freudenberg doch etwas findet?“

      „Das wird er nicht.“

      „Und wenn doch?“

      „Damit möchte ich mich gar nicht erst befassen, Clarissa.“

      Aromatischer Duft strömt aus der Küche, als Dr. Freudenberg mit einer wunderschönen Kaffeekanne aus Porzellan zurückkommt.

      „Da haben Sie aber eine bezaubernde Kaffeekanne. Die ist bestimmt sehr alt“, mutmaßt Clarissa.

      „Ja, um 1850. Meine Leidenschaft beschränkt sich nicht nur auf die Bohnen...“

      „Ein schönes Hobby haben Sie da.“

      „Ich würde Sie dann bitten, hier zu warten, während ich die Apparaturen vorbereite. Genießen Sie Ihren Kaffee.“

      „Das fällt bei dem Geschmack nicht schwer“, sagt Clarissa begeistert.

      Beim Genuss des edlen Getränks vergessen Clarissa und Werner beinahe den Anlass ihres Besuches und plaudern über dieses und jenes, bis sie Dr. Freudenberg in die Realität zurückholt.

      „Ich wäre dann soweit. Kommen Sie herein.“

      Das Ehepaar Schmitz betritt den Untersuchungsraum.

      „Ich möchte noch betonen, dass diese Untersuchungsmethode sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Darum wird sie auch noch nicht an Patienten durchgeführt. Fehldiagnosen sind nicht ausgeschlossen. Bedenken Sie das bitte, bei allem, was ich sage.“

      „Das wissen wir“, entgegnet Werner.

      „Sie, Frau Schmitz, legen sich dann bitte hier auf die Liege. Werner, Sie nehmen hier auf dem Stuhl Platz. Dann können sie die Untersuchung auf dem Bildschirm mitverfolgen.“

      „Ich fange dann an, Frau Schmitz, haben Sie keine Angst, die Untersuchung ist absolut schmerzfrei. Ich führe lediglich diesen Scanner über ihren Körper.“

      „Ich habe keine Angst, Doktor.“

      „Gut.“

      Dr. Freudenberg beginnt mit der Untersuchung.

      „Schauen wir uns zunächst die Wirbelsäule an.“

      Clarissa schließt die Augen und betet im Stillen.

      „Eine spina bifida, einen offenen Rücken, kann ich nahezu ausschließen. Ich kann keinen Spaltwirbel erkennen. Ich schaue zur Sicherheit am besten noch einmal. Nein, da ist nichts zu sehen. Keine Fehlbildungen an der Wirbelsäule.“

      „Gott sei Dank“, Clarissa laufen Tränen über das Gesicht.

      „Dann schauen wir uns jetzt einmal den Kopf des Kindes an.“

      „Ist gut.“

      „Keine Anenzephalie, am Grosshirn nichts auffälliges“

      Clarissa schluchzt.

      „Allerdings scheint mir der Kopf etwas zu groß geraten. Das muss aber noch nichts heißen.“

      „Was meinen Sie konkret, Doktor?“, will Werner wissen.

      „Es könnte, ich betone, KÖNNTE, sein, dass ein Hydrozephalus vorliegt, dass sich also etwas Wasser im Gehirn befindet.“

      „Oh Gott“, Clarissa weint hemmungslos.

      „Frau Schmitz, das ist nur ein vager Verdacht. Das Kind kann auch einfach einen etwas vergrößerten Kopf haben, ohne dass ein Hydrozephalus vorliegt.“

      „Trotzdem...“

      „Außerdem gibt es bei dieser Entwicklungsstörung auch weniger schwere Fälle, in denen sich das Kind völlig normal entwickeln kann.“

      „Kann – entwickeln KANN“, wispert Clarissa kaum hörbar.

      „Machen Sie sich erst einmal keine Gedanken – wie gesagt: der Hydrozephalus ist noch lange nicht diagnostiziert.“

      „Vielen Dank, Herr Dr. Freudenberg“,, sagt Werner Schmitz gesenkten Hauptes.

      „Ich lasse Ihnen zwei Karten für das Heimspiel gegen Gladbach zukommen.“

      „Danke – aber das brauchen Sie nicht.“

      „Ist doch ausverkauft. Haben Sie denn schon Karten?“

      „Nein.“

      „Ich lasse Sie Ihnen in den nächsten Tagen vorbeibringen.“

      „Vielen Dank, Herr Schmitz. Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen.“

      „Dass Du jetzt noch an Fußball denken kannst.“

      Clarissa schüttelt den Kopf, als sie mit ihrem Gatten die Universitätsklinik verlässt.

      20

      Clarissa Schmitz fällt trotz der aufmunternden Worte Dr. Freudenbergs in ein tiefes Tal der Tränen nach dem sonntäglichen Besuch in der Universitätsklinik von Köln.

      Die Sorge um ihr ungeborenes Kind bringt sie fast um.

      Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass sie mit keinem Menschen über die mögliche Entwicklungsstörung ihres Kindes sprechen kann, darf doch niemand von der sonntäglichen Untersuchung wissen, die Dr. Freudenberg durchgeführt hat.

      Aber Clarissa muss irgendjemandem ihr Herz ausschütten.

      Ihrem Vater kann sie nichts sagen, er würde womöglich Dr. Freudenberg kontaktieren, um aus erster Hand zu erfahren, wie es um das ungeborene Kind steht.

      Der Rest der Familie wohnt mehr als tausend Kilometer entfernt, unwahrscheinlich, dass es ein Risiko birgt, Tante Francesca von der Untersuchung und dem Verdacht Dr. Freudenbergs zu berichten. So ruft Clarissa ihre Tante an.

      „Ciao zia Francesca.“

      „Clarissa! Sono contento, ich freue mich, von Dir zu hören!“

      „Wie geht es der Familie?“

      „Uns geht es allen gut. Viel wichtiger ist aber, wie es Dir geht.“

      „Mir geht es gut, aber....“

      „Aber? Um Gottes willen, ist irgendetwas mit dem Kind?“

      „Wir wissen es nicht … vielleicht.“

      „Was soll das heißen?“

      „Es besteht die Möglichkeit, dass das Kind behindert zur Welt kommt.“

      „Oh nein“, Francesca fängt laut an zu weinen, „Oh nein.“

      Auch Clarissa am anderen Ende der Leitung kann ihre Tränen nicht zurückhalten. Minutenlang weinen beide Frauen ins Telefon.

      „Was ist passiert?“, Francesca fängt sich als Erste wieder.

      „Ich hatte eine schwere Infektion.“

      „Dio mio!“

      „Ein Bekannter von Werner arbeitet in der Universitätsklinik. Er hat am Sonntag extra für uns die Klinik geöffnet und eine Ultraschalluntersuchung von dem Baby gemacht.