Melinde Manner

Schwingungswelten


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mehr wird ihm klar, dass er aufgeschlossener sein muss. Er spürt in sich hinein und stellt freudig fest, dass sein Herz ruhig und gleichmäßig schlägt.

      Das ist ein gutes Zeichen, überlegt er kurz, bevor er zu seiner Antwort ansetzt.

      "Ich verstehe sehr wohl. Nur, wie soll ich sagen ... Ich dachte, ich hätte meine Entscheidung schon getroffen. Dann tauchten aber die vielen Wenns und Abers auf, wie Sie diese nannten ..."

      "Und was haben diese Gedanken gesagt? Können Sie mir ein Beispiel geben?", hakt Silvio nach.

      Valentin fasst seinen ganzen Mut zusammen und ist bereit, einen Teil seiner Geschichte zu erzählen.

      "Dazu muss ich erst etwas ausholen, damit Sie es verstehen.

      Ich werde an meinem Arbeitsplatz von 2 Kollegen gemobbt. Sie schließen mich aus, beschimpfen mich und wenn etwas schiefläuft, schieben sie die Schuld auf mich. Sie geben vor, so viel Arbeit zu haben, dass sie keine Zeit hätten, mir zu helfen, wenn es bei mir mit einem Auftrag knapp wird. Aber genau genommen, machen sie fast den ganzen Tag nichts. Der Chef ist selten in der Werkstatt und das nutzen sie aus."

      Valentin stockt kurz, spricht es dann aber doch aus: "Das Allerschlimmste sind ihre Beschimpfungen. Sie beschämen und erniedrigen mich."

      Und da passiert es: Er kämpft mit den Tränen. Es tauchen Bilder in ihm auf, Szenen mit den Kollegen und all die Emotionen, die er damit verbindet. Peinlich berührt, wendet er sich von Silvio ab und holt ein paarmal tief Luft.

      Silvio reagiert schnell. Er geht zur Bedienung, bezahlt und eilt zurück zu Valentin.

      "Kommen Sie, gehen wir zu dieser Bank, wo wir vor kurzem saßen."

      Er fasst Valentin am Arm und zieht ihn sanft mit sich. Dieser lässt sich gern führen. Sie gehen raus, Valentin mit gesenktem Kopf. Er hat nicht den Mut, aufzublicken. Die beiden marschieren zur Bank.

      "Also gut, Valentin. Wie geht es Ihnen? Sie müssen sich nicht schämen. Nicht hier und nicht jetzt. Und schon gar nicht vor mir. Es ist alles in Ordnung."

      Valentin nickt und sie sitzen eine Weile still nebeneinander. Es ist keine schwere, erdrückende Stille. Nein, sie füllt den Raum zwischen und um die beiden mit einer besonderen Bedeutung.

      Für Valentin eröffnet sich eine neue Welt. Der Lehrer lehnt ihn nicht ab. Selbst jetzt nicht, obwohl er fast zusammenbricht. Er fühlt sich sicher und aufgehoben.

      Und Silvio? Er wacht auf. Er fängt an zu verstehen, dass es bei Valentin um mehr geht als nur um einen kleinen Ratschlag, den man jemandem bei einer Tasse Kaffe gibt. Tief berührt, widmet er seine volle Aufmerksamkeit Valentin, als dieser erneut zu sprechen beginnt.

      "Genau darum geht es. Das waren die Gedanken, die mich wieder verunsichert haben. Ich habe Angst, dass ich in der Schule auch so behandelt werde. Dass mich die anderen Schüler nicht mögen", fährt Valentin fort, nachdem er sich etwas gefasst hat.

      "Ich war noch nie besonders beliebt in der Schule. Es gab eine Zeit, da lief es etwas besser. Damals war ich mit dem Sohn unseres Sportlehrers befreundet. Er war beliebt und wir waren oft zusammen. Deshalb akzeptierten mich, wahrscheinlich eher zwangsläufig, auch die anderen. Das war eine große Ausnahme."

      "Und Sie glauben, dass Ihr ganzes Leben so verlaufen muss, wie es bisher war?", will der Lehrer wissen.

      "Warum nicht? Warum soll auf einmal alles anders sein?"

      "Weil Sie die Möglichkeit haben, sich zu ändern. Wenn Sie sich verändern, werden andere darauf reagieren. So lange Sie sich als Opfer fühlen, verhalten Sie sich auch so. Das merken mehr Menschen als Sie glauben und behandeln Sie entsprechend.

      Verstehen Sie mich nicht falsch, Valentin. Ich glaube Ihnen und ich verstehe auch, dass Sie gemobbt wurden. Das ist eine Sache. Im Augenblick geht das aber nur dann so weiter, wenn Sie jetzt zu Ihrem Arbeitsplatz zurückgehen.

      Wenn Sie sich für die Schule entscheiden, ist das Vergangenheit. Sie haben die Möglichkeit, in Ihrer neuen Schule, sogar in Ihrem ganzen Leben, sich anders zu verhalten und alles anders zu erleben. Keinem mehr die Macht zu geben, darüber zu bestimmen, wie es Ihnen geht. Wie hört sich das an?"

      Valentin blickt nachdenklich in die Ferne. Er ist verunsichert. Wer ist Silvio, fragt er sich. Oder besser gesagt, was? Gerade hat er sich noch so sicher bei ihm gefühlt. Jetzt klingt er wie ein Guru. Und doch lassen ihn die Worte des Lehrers nicht los. Sie wecken in ihm Hoffnung. Hoffnung und die Kraft, wieder aufzustehen und sich dem Leben zu stellen.

      Er blickt Silvio an und lässt die Bombe platzen: "Sie wollen mich jetzt aber nicht bekehren oder sowas? Sie sind nicht irgendwie, ich weiß nicht, von einer Sekte oder so?"

      Der Lehrer lacht und schüttelt den Kopf. "Nein, ganz sicher nicht. Wissen Sie, ich habe damals, als ich anfing, mich mit Spiritualität zu beschäftigen und darüber zu lesen, zunächst so ähnlich reagiert. Aber je mehr Bücher ich verschlang, umso bewusster wurde mir, dass die meisten Weisheiten aus einer Zeit stammen, als die Menschen nichts anderes zur Hand hatten.

      Es gab keine Beratungscenter. Keine Coachingprogramme, die einem alles Mögliche versprachen. Alles, was sie hatten, waren ihre Erfahrungen und Erkenntnisse, die sie weitergaben. Vieles, was Sie heute in einem Coachingprogramm zu hören bekommen, sagten schon die Urvölker.

      Na ja, das würde jetzt den Rahmen sprengen, mehr darüber zu erzählen. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich will Sie nicht bekehren und ich bin auch nicht von einer Sekte. Ich möchte Ihnen nur helfen, aber das müssen Sie natürlich selbst auch wollen."

      Beim letzten Satz wird Silvio sehr ernst. Er blickt Valentin von der Seite an und wartet, bis dieser bereit ist und ihm ebenfalls in die Augen sieht.

      In diesem bedeutenden Moment scheint für die Zwei die Welt still zu stehen. Alles, was sie wahrnehmen, sind ihre eigenen Herzschläge. Sie sprechen kein Wort; sie kommunizieren mit ihren Herzen und das ist beiden genug. So bleiben sie wortlos nebeneinander für einige Zeit sitzen.

      Als Silvio nach einer Weile die Stille unterbricht, ist es für Valentin wie ein perfekt gewählter Zeitpunkt. Er will Hilfe. Ganz klar. Und er ist bereit, darum zu bitten.

      "Vielleicht sollten wir anfangen, uns zu duzen? Trinken wir noch etwas zusammen und besiegeln das Du? Und dann fangen wir an, Schritt für Schritt?"

      Valentin lächelt. "Das klingt phantastisch."

      Sie gehen zurück ins Café und verbringen eine gemütliche Stunde zusammen. Silvio lässt ein paar Tipps in die Unterhaltung einfließen, aber es ist kein besonders tiefgründiges Gespräch, das sie führen.

      Darum geht es ihnen nicht. Sie wollen sich kennenlernen. Sie wollen Vertrauen aufbauen. Sie wollen etwas bewirken. Aber eines nach dem anderen.

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