R. S. Volant

Das verlorene Seelenheil


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und stand wieder auf. „Ist mir zu hart! Das geht gar nicht, hol mir gefälligst eine weichere Matratze“, sagte er in einem unverschämt arroganten Tonfall und Kai sah ihn an wie ein Kalb wenn`s donnert.

      „Ich glaube, du hast es noch nicht ganz kapiert, hm? Du bist jetzt nichts anderes mehr als ich! Ein einfacher Diener seiner Majestät und noch weniger sogar, da ich über dir stehe!“, antwortete er ebenso spöttisch. „Also wirst du tun, was ich dir sage und zwar ohne Widerspruch, verstanden?!“

      Der Grafensohn drehte sich mit einem gelangweilten Schnauben um und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du denkst doch nicht im Ernst, dass ich den Nachttopf seiner Majestät leere“, raunte er beinahe fassungslos.

      „Genau das wirst du als erstes machen! Danach säuberst du die Schüssel gründlich und bringst sie zurück ins königliche Schlafgemach“, erwiderte Kai genüsslich. „Und jetzt komm, ich zeige dir den Weg!“

      Der junge Mann stieß genervt die Atemluft aus und folgte ihm die Augen verdrehend. „So habe ich mir das nicht vorgestellt“, murmelte er brummig und schlurfte ihm hinterher.

      „Wirst dich schon daran gewöhnen!“, meinte Kai nur und führte ihn hinüber in Henrys Gemächer.

      „Wie sieht`s hier denn aus?“, entkam es Laurin erstaunt. „So viel Geschmack hätte ich dem alten Griesgram gar nicht zugetraut! Ist der eigentlich immer so schlecht gelaunt?“, fragte er, sich wie selbstverständlich auf eine der römischen Liegen setzend und streckte sich der Länge nach darauf aus.

      „Was machst du da?! Steh sofort wieder auf!“, entkam es Kai empört, doch Laurin dachte gar nicht daran. Er verschränkte gelangweilt die Hände hinter dem Kopf und blickte trotzig in die andere Richtung.

      „Ich glaube, hier könnte ich es eine Weile aushalten“, sagte er wie zu sich selbst.

      „Mach sofort, dass du da runterkommst! Bevor ich dir in deinen aristokratischen Hintern trete!“, herrschte Kai ihn jetzt doch langsam wütend werdend an und der Junge schenkte ihm einen genervten Blick.

      „Hör zu, ich werde hier keinen Finger krumm machen, jedenfalls nicht mehr als unbedingt nötig und deinen blöden Nachttopf kannst du dir sonst wohin stecken! Ich, werde den Dreck ganz sicher nicht wegmachen, auch nicht, wenn es sich um den Dreck des Königs handelt“, erwiderte er schnippisch und Kai konnte nur noch den Kopf schütteln über so viel Frechheit.

      „Das werden wir noch sehen“, murmelte er und marschierte ins Schlafgemach.

      Laurin rührte tatsächlich keinen Finger und blieb eiskalt liegen, bis sich sein knurrender Magen meldete. „Ich habe Hunger“, meinte er, stand auf und stolzierte hinaus.

      Wenig später betrat Henry seine Gemächer und setzte sich geschafft. „Eure Majestät“, begrüßte ihn Kai mit einer tiefen Verbeugung und zog ihm ohne besondere Aufforderung die Stiefel aus.

      „Wo ist denn der neue?“, fragte der König wie beiläufig, denn es interessierte ihn nicht wirklich.

      Kai seufzte erst einmal. „Mit Verlaub, Eure Majestät, aber ich denke nicht, dass er die richtige Wahl für einen neuen Diener ist! Der ist noch um einiges schlimmer als es Benedicto zu Anfang war“, meinte er und Henry hob tatsächlich die Augenbrauen.

      „Und weshalb?“, fragte er.

      Kai verzog mürrisch das Gesicht. „Dieser Wicht ist nicht nur stinkfaul, sondern auch noch rotzfrech!“, platzte es aus ihm heraus.

      Henry wirkte jetzt doch überrascht. „Du wirst schon mit ihm fertig werden“, meinte er dann jedoch wieder eher uninteressiert.

      „Ja, wenn ich Sebastian wäre“, brummte Kai ärgerlich. „Wann kommt er eigentlich wieder?“

      Der König zuckte die Schultern. „Was weiß ich“, war alles was er antwortete, als die Türe aufflog und besagter Nichtsnutz hereinplatzte.

      „Eure Majestät sind schon da?“, überfiel er den geradezu übermäßig erfreut und stürmte auf ihn zu. Ohne irgendwelche höfische Etikette zu wahren, ließ er sich zu Henrys Füßen nieder und küsste ihm einfach die rechte Hand. „Ich kann gar nicht sagen, was es mir bedeutet in Eurer Nähe sein zu dürfen! Und ich war vollkommen hingerissen von diesem antiken Interieur! Ich liebe die altrömische Kultur und Geschichte! Waren die Römer nicht einfach wunderbar? Was sie alles erschufen und uns brachten! Wart Ihr schon selbst dort? In Rom? Oh, habt Ihr das Kolosseum gesehen? Ich war regelrecht ergriffen von diesem Anblick!“, rief er begeistert aus und Henry nahm verdutzt den Kopf zurück.

      „Du warst in Rom?“, fragte er ungläubig und war für einen Moment einfach nur sprachlos. Damit hätte er wirklich nicht gerechnet und so zwinkerte er auch noch verstört, als Laurin eifrig zu ihm hochnickte.

      „Oh ja! Ich durfte vor drei Jahren meine Eltern auf eine Pilgerfahrt dorthin begleiten und war restlos überwältigt von dieser wundervollen Stadt! All diese großartigen Bauwerke zu sehen, mit meinen eigenen Augen und auch noch betreten zu dürfen! Ich fühlte mich wie Cäsar selbst, in diesem herrlichen Augenblick, als ich auf die Stadt herabblickte! Ich kann Euch gar nicht sagen, wie ergriffen ich war, als ich sie betrat und kann es nur schwerlich in Worte fassen! Ich habe die Engelsburg besucht und Kaiser Hadrians Grab gesehen!“, brach es überwältigt aus dem Jungen heraus.

      „Nun, also, ich muss sagen, ich bin wirklich überrascht“, brabbelte Henry blinzelnd. „Nicht einmal ich, war schon dort“, meinte er verwirrt.

      „Eure Majestät müssen unbedingt die Heilige Stadt besuchen! Oh, wie wäre es wundervoll, wenn wir es zusammen, tun würden! Es wäre mein größter Traum!“, erwiderte Laurin voller Inbrunst und senkte kurz den Blick. „Ich habe ein Geschenk für Eure Majestät mitgebracht, wenn Ihr erlaubt?“, fragte er mit einem unverschämt koketten Augenaufschlag und sah ihn durch seine langen rotbraunen Wimpern an. Ohne eine Antwort abzuwarten, stand er auf, flitzte hinaus und kam wenige Augenblicke mit einem Päckchen in seinen Händen zurück. Wieder ließ er sich zu Henrys Füßen nieder und hielt ihm das Präsent schüchtern lächelnd hin.

      Der König nahm es beinahe vorsichtig und wickelte das doch recht schwere Geschenk behutsam aus. Es war eine kleine Götter Skulptur, gerade mal so groß, dass sie der Länge nach in Henrys ausgestreckte Hände passte. Ein wunderschön filigran gearbeiteter Jüngling, aus weißem Marmor und, nackt. „Ähm, ich bin in der Tat, sprachlos“, kam es wieder irritiert aus seinem Mund.

      „Gefällt sie Euch?“, fragte der kleine Frechdachs zu seinen Füßen erwartungsvoll und Henry nickte.

      „Doch, schon, sie ist sehr hübsch“, raunte der, weil er nun wirklich nicht mehr wusste, wie ihm geschah.

      „Ich habe sie mir heimlich auf einem Markt in Rom gekauft und bis jetzt versteckt gehalten, aber als ich diesen wundervollen Raum sah, wusste ich wohin sie von nun an, gehört“, grinste er spitzbübisch. „Ihr könntet sie dorthin stellen!“, zeigte Laurin auf die freie Stelle im Regal und Henry kniff die Augen zusammen, da dort einst die kostbaren römischen Gläser ihren Platz besessen hatten.

      „Ähm, ja, warum nicht“, meinte er trotzdem.

      Laurin sprang auf, nahm ihm die Statue weg und ging wiegenden Schrittes zu besagtem Regal. „Wie dafür gemacht“, sagte er und stellte sie hämisch grinsend auf, da ihm dabei Kais fassungsloser Blick begegnet war. „Oh ich liebe dieses Gemach!“, rief er, sich wieder zu Henry umdrehend. „Sind diese Pergamentrollen etwa echt? Darf ich?“ Erneut wartete er keine Antwort ab und schnappte sich eine der antiken Aufzeichnungen.

      Das war dann doch zu viel. „Vorsicht!“, rief Henry, rasch aufstehend und war mit wenigen Schritten bei ihm. „Sie sind sehr alt und dementsprechend wertvoll! Es sind unter anderem Briefe von römischen Feldherren und einer ist sogar von Kaiser Konstantin selbst verfasst!“, sagte er und nahm ihm die Rolle wieder ab.

      „Darf ich sie vielleicht irgendwann einmal sehen? Mit Eurer Majestät zusammen?“, säuselte Laurin zu ihm hoch und Henrys linke Augenbraue wanderte nach oben.

      „Du bist mir ja so einer“, brummte