R. S. Volant

Das verlorene Seelenheil


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vor dem König ab, während Laurin sich selbst etwas von den Speisen nahm.

      Genüsslich begann er zu essen und auch Henry widmete sich seinem nicht gerade ansehnlich aussehenden Mahl. Wenigstens schmeckte es vorzüglich, der Schinken war zart und saftig und so sah er darüber hinweg. Als des Königs Becher leer war, hob der diesen um sich nachschenken zu lassen hoch, doch Kai reagierte nicht darauf. „Seine Majestät hätten gerne noch etwas Wein“, sagte Laurin liebreizend und dem Diener platzte der Kragen.

      „Dann schenke ihm welchen ein! Die Karaffe steht doch genau vor deiner Nase, du Wicht“, fuhr er den Jungen unbeherrscht an.

      „Kai!“, entkam es Henry empört, „was ist denn los mit dir?“

      „Was mit mir los ist?! Ich habe die Schnauze sowas von gestrichen voll!“, fauchte Kai zurück. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verließ wutentbrannt das königliche Gemach.

      Die beiden starrten ihm nach, sahen sich an und begannen zu lachen. „Herrje, was war das denn?“, kicherte Laurin überaus amüsiert und Henry schüttelte nur den Kopf über das Verhalten seines Dieners.

      „Wenn das so weiter geht, werde ich mich in Zukunft wohl wirklich noch selbst bedienen müssen“, meinte er nachdenklich und schenkte sich eben selbst ein. „Irgendwie laufen mir in letzter Zeit alle Diener weg!“

      Laurin zuckte die schmalen Schultern. „Wir brauchen ihn doch eh nicht und so ist es doch wesentlich intimer. Nur wir zwei, hier allein“, hauchte er mit einem verheißungsvollen Augenaufschlag.

      Der König sah ihn schief an und räusperte sich leise. Von der etwas seltsamen Situation irritiert, trank er rasch einen großen Schluck und beobachtete mit wachsender Unruhe, wie Laurins Toga immer mehr verrutschte. Nicht nur der obere Teil, eine Schulterseite war nach unten gerutscht und entblößte mittlerweile eine Brusthälfte des Knaben, auch der Saum glitt merkwürdigerweise immer höher und gab einen guten Ausblick auf dessen milchweiße Schenkel preis. „Tja, wie wäre es mit etwas Süßem, zum Nachtisch?“, fragte er etwas verlegen und Laurin setzte sich auf.

      „Oh ja, sehr gerne! Und ich wüsste auch, wo Ihr Euren Nachtisch vernaschen könntet“, antwortete er lasziv und stand mit einer fließenden Bewegung auf.

      „Ähm“, machte Henry, sich schon in Abwehrstellung begebend, doch der Junge ging einfach an ihm vorbei und schlenderte hinüber ins Schlafzimmer. Der König war erst einmal baff über diese erneute Ungeheuerlichkeit und marschierte ihm schließlich hinterher.

      Tatsächlich lag der Kleine bereits erwartungsvoll auf dem Bett und löste sich gerade verführerisch die Riemchen der Sandalen. „Was machst du da?“, fragte Henry fast amüsiert.

      „Ich bereite Euren Nachtisch vor“, antwortete Laurin und ließ die erste Sandale verheißungsvoll baumeln, bevor er sie fallen ließ.

      Henry legte grübelnd einen Zeigefinger vor die Lippen und verschränkte dann die Arme. „Wenn du dich damit meinen solltest, muss ich dich enttäuschen. Ich pflege mein Bett nicht mit Kindern zu teilen, also verlasse es bitte“, erwiderte er gelassen.

      Laurin schnürte die zweite Sandale auf und warf sie ihm vor die Füße. „Ich bin kein Kind mehr, immerhin bin ich schon fünfzehn und werde bald sechzehn“, meinte er hochnäsig und Henry lachte kurz auf.

      „Und damit zumindest noch ein halbes! Und jetzt raus, aus meinem Bett!“, wurde er um einiges deutlicher.

      „Wollt Ihr nicht wenigstens davon kosten?“, ließ Laurin sich nicht von seinem Verführungsversuch abbringen und schob sich die Toga ganz über die Schultern.

      „Was hast du an dem gerade von mir Gesagtem nicht verstanden?“, fragte Henry ihn stirnrunzelnd. „Nochmal, ich gehe nicht mit dir ins Bett! Du bist mir zu jung! War das jetzt deutlich genug? Und wenn du jetzt nicht sofort machst, dass du da rauskommst, lasse ich dir den Hintern versohlen und zwar von Kai! Ich möchte wetten, dass der sich darüber mehr freuen würde, als über jedes noch so kostbare Geschenk“, erklärte er ihm geradezu sanft.

      Laurin zog ebenfalls die Stirn kraus und schnaufte beleidigt aus. „Hat der alte Mann etwa Angst vor mir?“, versuchte er es deshalb auf die provokante Tour.

      „Alter Mann?“, empörte Henry sich erheitert, „ich gebe dir gleich selbst was auf deinen kleinen Hintern! Ich bin nicht alt, ich bin noch nicht einmal dreißig!“

      Laurin wirkte tatsächlich überrascht. „Wirklich? Ich habe Euch viel älter geschätzt, eher im Alter meines Vaters, so um die vierzig, mindestens“, schnappte er höhnisch zurück und jetzt reichte es Henry endgültig.

      „Raus, du frecher Bursche! Und das ist jetzt die allerletzte Aufforderung!“, raunte er ernst und der Tonfall schien anzukommen. Der frühreife Bengel zog zwar eine beleidigte Schnute, rutschte aber doch aus dem Bett und hob zickig seine Sandalen auf. „So! Und versuche das nie wieder“, riet ihm Henry unmissverständlich und trat einen Schritt beiseite, um den Durchgang freizumachen. „Ach, und Laurin, vergiss nicht abzuräumen! Wenn du gehst, sei so gut und schicke Kai zu mir, ja“, meinte er noch milde und sah dem beleidigten Jungen kopfschüttelnd hinterher.

      Allerdings schien die Abfuhr Laurin nicht weiter zu kümmern, denn tags darauf nahm er ohne sich etwas anmerken zu lassen, seinen Platz zu Henrys Füßen wieder ein und wirkte so fröhlich ungezwungen wie eh und je. Ganz anders Kai, der sich fortan eiskalt weigerte, Laurins Aufgaben zu übernehmen und so betrat der König am selben Abend ein unaufgeräumtes Gemach. Der Tisch war nicht abgeräumt, neben dem Abendmahl vom Vortag standen noch die Frühstücksreste, das Bett war nicht gemacht und der Nachttopf randvoll. Henry durchschritt seine Gemächer und blieb durchschnaufend stehen. „Kann mir mal einer erklären, warum es hier aussieht, wie in einem Schweinestall?!“, fragte er noch ruhig seine beiden Diener.

      Laurin zuckte unschuldig die Achseln und Kai verzog keine Miene. „Ich erwarte eine Antwort!“, fuhr der König nun in einem wesentlich schärferen Ton die beiden an und Kai hob seine Hände.

      „Eure Majestät, seht Ihr das?“, fragte er und nickte auch gleich. „Genau, ich habe nur zwei Hände und teilen, kann ich mich auch nicht! Meine Aufgabe ist es, Eure Majestät jederzeit zur Seite zu stehen! Ich soll Euch ankleiden, Euch nach unten begleiten, um Euch gegebenenfalls zu bedienen, auch während der Audienzen und beim Mittagsmahl, stehe mir, um es auf gut Deutsch zu sagen, den ganzen Tag die Beine in den Arsch, während Euer Page es sich auf einem Sitzkissen gemütlich macht und, während Eure Majestät ein Mittagsschläfchen hält, habe ich meine wohlverdiente Pause. Eigentlich, denn auch ich muss zumindest ab und zu Nahrung zu mir nehmen! Und, da ich einstweilen die Position Eures davongelaufenen Leibdieners übernommen habe, sehe ich nicht ein, in meiner mir zustehenden Freizeit auch noch die Aufgaben eines zweiten Dieners zu übernehmen, der ja eigentlich dann in der Zwischenzeit Eure Gemächer sauber halten sollte“, brachte er es auf den Punkt.

      Laurin sah ihn dermaßen schockiert an, dass es schon albern wirkte aber Henry fand den Vorwurf keineswegs zum Lachen. Der König war schlichtweg baff. „Ja, und jetzt?“, fragte er vollkommen überfordert.

      „Mit Verlaub, Eure Majestät, ich habe es Euch schon gestern Abend erklärt, ich habe die Nase gestrichen voll! Seit Jahren bin ich in Euren Diensten, habe Euretwegen auf ein Privatleben verzichtet und meine beste Freundschaft zerstört. Oh ja, ich meine Amanoue damit, auch wenn Ihr mir verboten habt, diesen Namen je wieder in Eurer Gegenwart zu erwähnen! Euretwegen, habe ich ihn ausspioniert und verraten und, ich bedauere es zutiefst! Vergebung Majestät, aber diese Scheißstellung, war es schlichtweg nicht wert und noch zu allem Überfluss habt Ihr mir aus Eurer grenzenlosen Dankbarkeit und Güte heraus, auch noch Phineas vor die Nase gesetzt! Ihr habt diesem Verräter den mir zustehenden Posten als Sebastians Nachfolger überlassen und ich habe stillgehalten! Aber jetzt ist meine Geduld am Ende und ich quittiere hiermit meinen Dienst. Sucht Euch fortan einen anderen Deppen und, für den Übergang, habt Ihr ja noch Euren Pagen. Ich wünsche Eurer Majestät alles Gute für die Zukunft“, meinte er mit einer tiefen Verbeugung und Henry stand da wie vom Donner gerührt.

      Der König schluckte tatsächlich erst einmal und holte tief Luft. „Wie kannst du es wagen, so