R. S. Volant

Das verlorene Seelenheil


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fragte Richard spöttisch. „Und wo ist Kai?“, hängte er mit einem Blick auf den fremden Bediensteten an.

      „Keine Ahnung“, antwortete Henry mürrisch und hielt seine Hände nah ans Kaminfeuer.

      „Hm?“, machte sein Bruder und setzte sich neben ihn.

      „Was weiß denn ich! Wahrscheinlich abgehauen, so, wie mir in letzter Zeit alle Diener weglaufen! Er hat mir gestern einen Vortrag gehalten, dass ich ihn anscheinend jahrelang benachteiligt hätte und weg war er“, knurrte Henry, ohne sie anzusehen.

      „Na endlich“, entgegnete Richard nüchtern und setzte sich auf die andere Seite.

      „Wie bitte? Was soll das heißen?“, fuhr Henry auf.

      „Heinrich! Du hast den armen Jungen wirklich, also wie soll ich es sagen, jahrelang hingehalten?“, antwortete sein Onkel verständnislos.

      „Verarscht“, korrigierte Wilhelm unverblümt. „Das wolltest du doch eigentlich damit sagen, oder?“

      Richard nickte einmal aussagekräftig. „Ja!“

      Henry sah zwischen ihnen hin und her und setzte sich empört zurück. „Der Meinung bin ich ganz und gar nicht! Ich habe ihm niemals Versprechungen gemacht, was Sebastians Nachfolge betrifft!“

      „Ach, Sebastian“, seufzten die beiden wie aus einem Munde.

      „Was soll das wieder heißen?“, beschwerte Henry sich zickig.

      „Gar nichts! Aber ehrlich? Wäre es nicht an der Zeit, ihm mal eine Nachricht zu schicken? Ich verstehe dich nicht“, blaffte Wilhelm ihn an.

      Henry straffte sich augenblicklich, was fast lächerlich schnippisch wirkte und die beiden verdrehten die Augen. „Heinrich, du brauchst ihn! Gerade jetzt, da du dir offenbar auch noch Kai verscherzt hast und das, bitte entschuldige, mit recht!“, sagte Onkel Richard vorwurfsvoll.

      „Na klar! Fallt mir nur alle in den Rücken!“, fuhr Henry hoch und begann wieder einmal seine Runden zu drehen. „Sebastian hat mich verlassen, ja?! Er ging von sich aus, weil“, plötzlich hielt er sich die Stirn und schluckte dermaßen schwer, dass sich Wilhelm sofort erhob.

      „Raus!“, sagte er energisch zu dem Diener und der suchte sofort das Weite. „Henry, ach verdammt! So geht das doch nicht weiter, wir beide, so sehr ich es auch bedaure, können dir anscheinend nicht helfen! Sebastian war immer für dich da, auch, nach der schlimmen Sache damals“, wurde er immer leiser. „Er bedeutet dir wahrscheinlich mehr, als jeder andere auf dieser Welt und ich bitte dich nochmals, ihn endlich zurückzuholen! Für dich selbst“, bat er seinen Bruder inständig.

      Henry schüttelte nur den Kopf, so verzweifelt, dass es den anderen beiden zu Herzen ging. „Ich kann nicht“, stammelte er erstickt.

      Wilhelm schnaufte schwer aus. „Weil du befürchtest, dass er zu Amanoue halten könnte, ja?“, sprach er es endlich aus und sein Bruder schluchzte auf.

      „Ja!“, kam es kläglich über dessen Lippen und jetzt stand auch Richard auf.

      Erschüttert trat er neben seinen Neffen und umarmte ihn fest. „Das weißt du doch gar nicht“, sagte er leise zu ihm, doch Henry nickte überzeugt.

      „Er war immer auf seiner Seite“, schluchzte er.

      „Wenn Sebastian die Wahrheit erfährt, ganz sicher nicht!“, brummte Wilhelm. „Und ganz ehrlich? Du hättest dem kleinen Bastard doch den Kopf abschlagen lassen sollen!“

      Henry schluchzte noch lauter und Richard warf seinem anderen Neffen einen bitterbösen Blick zu. „Wilhelm, sei jetzt einfach still!“, zischte er dem zu und führte Henry zurück zu den Sesseln. „Setz dich, ja?“, sagte er liebevoll und Henry ließ sich einfach darauf fallen.

      „Aber so“, Wilhelm deutete genervt auf ihn, „geht es doch wirklich nicht weiter!“

      „Das sehe ich selbst ein und er, auch“, erwiderte Richard sanft. „Heinrich, bitte, du musst endlich wieder du selbst werden! Auch, wenn es bedeuten würde, Amanoue wieder zurückzuholen“, flüsterte er nur noch und Henry sah ihn erschrocken an.

      „Das, kann ich nicht“, murmelte er zurück und die beiden ließen ihre Köpfe hängen. Jeder auf eine andere Art, Richard völlig betrübt und Wilhelm maßlos verzweifelt.

      „Dann musst du dich endlich aufraffen und darüber hinwegkommen!“, raunte er seinem Bruder zu. „Du bist betrogen worden, ja! Aber sei jetzt endlich ein ganzer Kerl und scheiß auf die beiden! Sybilla wird nach der Taufe in der Versenkung verschwinden und Amanoue ist doch offenbar schon weg! Er ist einfach auf und davon! Ohne irgendeine Nachricht zu hinterlassen! Keine Entschuldigung, keine Erklärung, nichts! Kapier` es endlich, der ist einfach nur froh, endlich frei zu sein und sicher schon über alle Berge“, versuchte er Henry klarzumachen und ganz plötzlich begann der zu nicken.

      „Du hast recht! Es ist an der Zeit, endlich wieder vorauszuschauen“, erwiderte er und richtete sich auf.

      „Wie wäre es, wenn wir morgen mal wieder zur Jagd gehen würden?“, schlug Richard vorsichtig vor. „Nur wir drei und Falco, das würde dich mal auf andere Gedanken bringen, hm?“

      „Ein sehr guter Vorschlag!“, stimmte Wilhelm sofort begeistert zu. „Henry, du musst mal hier raus! An die frische Luft! Du darfst dich nicht länger verstecken! Immerzu sitzt du entweder in der Halle herum oder vergräbst dich hier oder sperrst dich in deinen Gemächern ein! Da muss man ja trübsinnig werden“, raunte er brummig und Henry nickte wieder.

      „Ja, ihr habt recht, so geht das wirklich nicht weiter! Und ich werde gleich heute damit anfangen! Ich möchte ausreiten, gleich!“, sagte er entschlossen und die beiden anderen schnauften geradezu befreit auf.

      „Ich lasse sofort die Pferde bereitstellen, sagen wir in einer halben Stunde?“, fragte Wilhelm übermäßig erfreut.

      „Noch vor dem Mittagessen?“, warf Richard überrascht ein, was ihm einen verständnislosen Blick von Wilhelm einbrachte.

      „Naja, wir könnten auch noch warten oder ich reite allein. Ich habe gerade etwas gegessen“, meinte Henry ein wenig geknickt und sein Onkel schüttelte schnell den Kopf.

      „Nein! Scheiß auf das Mittagsmahl, du bist viel wichtiger und wir kommen sehr gerne mit“, erklärte er rasch und die Miene des Königs hellte sich ein klein wenig auf.

      „Also dann, bis gleich!“, rief Wilhelm und machte sich auf den Weg.

      Auch Henry und Richard gingen nach oben, um sich umzuziehen und vor dem königlichen Gemach fand Henry auch die `kleine Zecke´, wartend vor. „Eure Majestät“, begrüßte Laurin ihn mit einer vollendeten Verbeugung.

      „Auch schon da?“, brummte der König etwas missmutig und betrat sein Gemach.

      Der Kleine folgte ihm unaufgefordert und Henry blieb überrascht stehen. Der Tisch war endlich abgeräumt und als er in sein Schlafgemach hinüberging, stellte er fest, dass auch hier jemand aufgeräumt hatte, zumindest war das Bett einigermaßen gemacht. „Nanu?“, sagte er und drehte sich um.

      Laurin stand mit verlegen gesenktem Haupt da und hob verschämt die Schultern. „Ich dachte, naja, ich mache es, zumindest habe ich es versucht“, meinte er schüchtern.

      Henry lächelte ihn an. „Und wo ist Kai?“, fragte er, ohne jeden Vorwurf.

      „Ich weiß es nicht, Eure Majestät“, antwortete sein Page achselzuckend.

      Henry nickte seufzend, trat zu ihm und hob ihm das schmale Kinn an. „Naja, Bettenmachen scheint nicht deine Stärke zu sein, hm?“

      Ein kleines Lächeln stahl sich auf Laurins Lippen und er sah zu ihm hoch. „Muss ich wohl noch lernen“, nuschelte er und der König grinste ihn fast zärtlich an.

      „Du hast ja jede Menge Zeit, dazu! Immerhin, ein ganzes Jahr“, sagte er ein wenig spöttelnd und der Bengel gluckste leise.

      „Ich werde mir redlich