R. S. Volant

Das verlorene Seelenheil


Скачать книгу

letzten Monaten viel durchgemacht, wenn auch nicht körperlich. Auch seelische Überanstrengung kann einen Körper auslaugen und entkräften. Dazu habt Ihr auch noch stark abgenommen, was Euren Körper noch zusätzlich schwächte. Da reicht oft schon eine leichte Auskühlung und man zieht sich eine handfeste Erkältung zu! Ich rate Eurer Majestät dringlich, meine Anweisungen zu befolgen! Also, ab ins Bett und warmhalten! Viel Ruhe und viel trinken, leichte aber ausgewogene Kost, damit meine ich Gemüse und Hühnerbrühe und keinen Schweinebraten“, sagte er, Henry schief ansehend und der zog ihm eine schnippische Grimasse, woraufhin der Heiler unwillkürlich schmunzelte. „Und, ich werde Eurer Majestät auf alle Fälle, wie sagtet Ihr, einen meiner Wundertränke bringen!“

      „Und ich werde nicht von Eurer Seite weichen!“, entschied Laurin plötzlich und trat aus dem Hintergrund hervor.

      „Ist denn Kai noch nicht aufgetaucht?“, fragte Richard wenig begeistert über den Vorschlag des Jungen und der schüttelte mit zusammengepressten Lippen den Kopf.

      „Siehst du ihn hier irgendwo?“, murrte Henry seinen Onkel an.

      „Ich habe ja nach ihm gesucht, aber auch die Dienerschaft weiß nichts über seinen Verbleib“, sagte Laurin recht schnippisch darauf, weil er es auf sich bezog. „Was kann ich dafür, dass der sich aus dem Staub gemacht hat!“

      „Deshalb bin ich ja letzte Nacht auch rüber gegangen, ins, äh“, regte Henry sich weiter auf, hielt dann aber mit einem Blick auf Laurin kurz inne. „Ich musste halt nochmal und meine Nachtschüssel war voll“, grummelte er ärgerlich weiter.

      „Ihr wart drüben?“, hakte Gregorius nach und der König sah ihn warnend an. Der Heiler nickte verstehend und runzelte die Stirn. „Da war es sicher sehr kalt, hm?“

      „Wo, drüben?“, fragte Laurin, ahnungslos zwischen beiden hin und hersehend.

      „Nirgends! Das geht dich nichts an!“, fuhr Henry den Kleinen ungewöhnlich barsch an. „Ja, es war sogar eiskalt“, wandte er sich Gregorius wieder zu und der nickte seufzend, während Laurin beleidigt die Arme verschränkte. „Ich will kein weiteres Wort mehr von Euch darüber hören und von dir schon gar nicht! Hättest du deine Aufgaben erfüllt und dich nicht so quergestellt, wäre Kai sicher nicht abgehauen! Und ich hätte nachts nicht nochmal rausgemusst!“, schimpfte er in die Runde.

      „Ich sagte doch, dass ich mich bessern möchte“, erwiderte der Frechdachs trotzdem, sich zickig windend.

      Richard schüttelte nur den Kopf, Wilhelm verdrehte mit einem Blick gen Himmel die Augen und Gregorius hob erstaunt die Augenbrauen. „Naja, besser als gar nichts“, murmelte er und deutete eine Verbeugung an. „Eure Majestät, ich werde jetzt erstmal einen Kräuteraufguss für Euch bereiten und eine Hühnerbrühe in Auftrag geben. Ich bitte Euch, legt Euch ins Bett!“, sagte er nochmals und ging rasch hinaus.

      „Ja, ja“, brummte Henry mürrisch und schlurfte zurück ins Schlafgemach. „Laurin!“

      „Sofort, Eure Majestät“, rief sein Page säuselnd und eilte ihm nach.

      „Ich werd` nicht mehr“, murmelte Richard völlig entnervt und Wilhelm tätschelte ihm aufmunternd die Schulter.

      „Macht Euch keinen Kopf wegen diesem kleinen Wicht, Onkelchen! Ich denke Henry hat ihn mittlerweile ganz gut im Griff und naja, wie Gregorius schon sagte, besser als nichts! Besser einen schlechten Diener, als gar keinen, solange Kai nicht wieder auftaucht“, meinte er.

      „Ja, falls er je wieder, auftaucht“, brummte Richard seufzend und beide verließen das königliche Gemach.

      ***

      Tatsächlich saß Kai in einer heruntergekommenen Spelunke und ertränkte seinen Frust seit zwei Tagen mit dem billigen Gesöff des Wirtes. Er hatte sich auch eine Dirne gegönnt, oder hatte es zumindest versucht, doch in seinem Rausch waren alle seine Bemühungen diese zu beglücken erfolglos geblieben und so hatte er die restliche Nacht schnarchend in dem gemieteten Zimmer verbracht.

      Die Dirne hatte nur die Augen verdreht, hatte ihm die Geldbörse ausgeräumt und war gegangen, was für Kai ein recht bitteres Erwachen bedeutete. Mit brummendem Schädel stand er auf, zog sich an und als er dabei seinen leeren Geldbeutel fand, fluchte er gehörig über seine eigene Blödheit. Natürlich kam auch die Hure dabei nicht zu kurz und er verfluchte das Miststück ebenfalls lautstark.

      Zum Glück hatte er das Zimmer im Voraus bezahlt und so konnte er sich jetzt wenigstens unbehelligt davonstehlen. Gerade als er die Kammer verließ, sah er wie eine ihm nur zu gut bekannte Gestalt in einem der anderen Räume am Ende des Ganges verschwand und stutzte. Was machte Amanoue denn hier?

      Ohne zu zögern ging er dem hinterher, trat ohne anzuklopfen ein und Amanoue drehte sich überrascht zu ihm herum. „Was machst du hier?“, fragten beide gleichzeitig.

      „Eben! Was, machst du, hier?!“, wiederholte Kai deshalb und Amanoue wand sich unschlüssig hin und her.

      Wie immer, wenn er um eine Antwort verlegen war, lutschte er kurz an seiner Unterlippe. „Isch wohne jedsd hier“, kam es schließlich zurück und Kai sah ihn verdutzt an.

      „Häh? Hier? In diesem Drecksloch?“

      „Ja, in diese Drecksloch! Aber das gleische könnte isch disch fragen! Was machst du eigendlisch hier?“, erwiderte Amanoue schnippisch. „Immerhin muss isch ja irgendwohin, bis isch mir genügend susammengespart habe für eine Reise!“

      „Eine Reise?“, fragte Kai noch belämmerter. „Wohin?“

      „Nach Hause? Was weiß isch! Aber hierbleiben kann isch ja wohl schleschd! `enry ist anscheinend endgültig über misch hinweg und Brac `at gesagt, dass es misch den Kopf kosten könnte, wenn isch noch länger bleibe“, antwortete Amanoue mürrisch.

      „Scheiße Mann“, raunte Kai und Amanoue seufzte schwer.

      „Geht er mit ihm ins Bett?“, fragte er geknickt.

      „Wer?“

      „Na, ER! `enry! Mit diese Junge!“, zischte Amanoue ihn an.

      Kai zuckte die Achseln, was recht unbeteiligt wirkte. „Keine Ahnung, ist mir auch scheißegal!“, brummte er zurück.

      „Mir aber nischd“, murmelte Amanoue und setzte sich auf das kümmerliche Bett.

      „Mir ehrlich gesagt, auch nicht. Deshalb bin ich ja abgehauen“, gab Kai nun doch zu und jetzt sah Amanoue ihn verdutzt an. „Dieser Giftzwerg hat Henry total um den Finger gewickelt und nimmt sich Sachen raus, dass kannst du dir gar nicht vorstellen! Und, er macht keinen einzigen Handschlag! Ich muss mich um alles kümmern und aufräumen, als wäre ich der niedrigere Diener, von uns. Da hatte ich halt irgendwann die Schnauze voll! Soll ER doch jetzt zusehen, wer seinen Dreck wegräumt“, erklärte Kai ihm wütend aber auch sichtlich gekränkt.

      Amanoue schnaufte nur schwer durch und ließ den Kopf wieder hängen, was Kai noch mehr zu ärgern schien. „Danke auch, für deine Anteilnahme! Schließlich bist du ja selbst schuld an deiner Misere! Ich aber nicht und wenn du diesen Bockmist nicht gemacht hättest, wäre es sicher nie so weit gekommen“, warf er ihm deshalb vor und Amanoues Kopf ruckte wieder hoch.

      „Viele Dank, dafür! Meinst du escht, isch weiß das nischd selbst? Jede Tag verfluche isch misch selbst dafür, das kannst du mir glauben!“, blaffte er zurück.

      Kai atmete betreten durch. „Ist jetzt auch egal, daran werden wir wohl eh nichts mehr ändern können“, raunte er. „Und wie willst du das Geld für deine Heimreise zusammen bekommen?“, fragte er schließlich.

      Amanoue hob die linke Schulter und blickte zur Seite. „Na wie wohl“, sagte er leise und sehr zynisch.

      Kai fiel regelrecht in sich zusammen. „Nee, oder? Du meinst doch nicht etwa? Manou, nein!“

      „Wie soll ich sonst an Geld kommen, hm?“, fuhr der ihn an. „Isch habe nischds! Und isch könnte mir inswischen in meine Arsch beißen, dass isch so blöd war und nischd wenigstens meine