R. S. Volant

Das verlorene Seelenheil


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und so“, er deutete an seiner langen edlen Robe entlang, „geht das wohl schlecht! Es sei denn, ich setze mich schräg auf den Sattel!“

      Laurin nickte kichernd. „Wie eine Dame!“, sagte er frech und Henrys Herz ging wieder ein kleines bisschen weiter auf. „Ich helfe Euch gerne!“, rief sein Page freudig aus und sah sich suchend um. „Wo?“

      Henry blinzelte kurz. „Äh, ja, wo? Gute Frage, keine Ahnung? Wahrscheinlich in einer der Kleidertruhen“, meinte er und Laurin legte den Kopf schief.

      „Na klar! Wo sonst“, erwiderte er, sich selbst an die Stirn fassend, weil er nicht selbst daraufgekommen war und machte sich auf die Suche nach Henrys Jagdgewänder.

      ***

      Falco hatte einen Trupp aus Herriks Abteilung dazu bestimmt, um seine Majestät zu begleiten und die stand wartend im Innenhof bereit.

      Da es ein wirklich warmer Frühlingstag war, standen oder saßen auch etliche andere Soldaten vor dem Wachgebäude herum und sahen eher gelangweilt zu ihnen hin. „Ist ja ein echtes Wunder“, meinte Matto spöttisch, „glaubt ihr, dass der Alte auch wirklich mal seine Höhle verlässt?“

      „Hm“, machte Bernard achselzuckend und nicht gerade überzeugt. „Würde aber auch endlich mal Zeit werden! Mittlerweile ist unser König so blass wie ein gekochter Weißfisch und macht sogar unserem Benny damit Konkurrenz“, antwortete er, mit einem Seitenblick auf den.

      „He!“, empörte der sich auch sogleich und rempelte ihn an.

      „Was ist denn hier los?“, fragte Amanoue erstaunt, als er gerade aus dem Gebäude heraustrat.

      „Seine Majestät möchte ausreiten“, raunte Matto ihm zu und hielt ihn mit einem erhobenen Arm auf. „Du solltest also lieber drinbleiben!“

      Amanoue trat sofort wieder einen Schritt zurück und versteckte sich hinter dem breiten Türpfosten. Unwillkürlich musste er schwer schlucken und war schon drauf und dran, die Flucht zu ergreifen, als der König auch schon erschien. Amanoue konnte sich kaum noch bewegen und starrte wie gebannt hinüber. „Hau ab!“, zischte jetzt auch Bernard ihm ermahnend zu, aber Amanoue blieb trotzdem.

      „Verdammt, Manou! Wenn der Alte dich sieht, ist der Teufel los! Der denkt, dass du längst weg bist“, raunte Matto wieder und so trat Amanoue wenigstens ein kleines Stückchen weiter zurück.

      Zu ihrer aller Überraschung, stellte sich Benny direkt vor ihn und gab ihm dadurch noch zusätzlich einen Sichtschutz, da Amanoue weiterhin wie gebannt zu Henry hinübersah. Neben dem König stand ein recht kleiner, fast zierlicher Junge und grinste den ganz offen an. „Wer ist das?“, fragte Amanoue flüsternd.

      Benny entkam ein dermaßen angewidertes Schnauben, dass es ihm fast den Rotz aus den Nasenlöchern blies. „Der neue Page des Königs!“, zischte er höhnisch, aber die Eifersucht konnte es nicht überdecken. „Laurin von Lothringen! Und der ist sowas von einem Miststück, da kommst nicht mal du ran!“

      „Oh, viele Dank auch“, sagte Amanoue schnippisch.

      „Nein, echt jetzt, von dem könntest sogar du noch was lernen, so wie der seine Majestät um den Finger wickelt“, setzte Benny noch nach und jetzt kam auch Brac heraus.

      „Hast du sie noch alle? Mach, dass du hier wegkommst!“, fuhr er Amanoue erschrocken an und der zog eine beleidigte Schnute.

      „Er sieht misch doch gar nischd! Isch wollte ihn doch nur mal sehen!“, erwiderte er trotzig.

      „Ja! Und wenn er dich sieht, macht er dich wahrscheinlich einen Kopf kürzer! Mann, Kleiner, so leid es mir auch tut, der Alte hasst dich inzwischen wie die Pest! Wehe, es wagt einer auch nur deinen Namen zu erwähnen und schon rastet er aus und Wilhelm bekräftigt ihn noch! Also, rein mit dir, aber schnell!“, befahl Brac ohne noch einen Widerspruch zuzulassen. „Ist eh `n Wunder, dass du überhaupt noch bis jetzt hierbleiben konntest und dich noch keiner verraten hat“, raunte er ihm noch zu und Amanoue marschierte mürrisch nach hinten. In der Tat deckten auch die anderen Soldaten, jedenfalls die der ersten und zweiten Abteilung Amanoue bisher und Ulrichs Leuten schien seine Anwesenheit nicht weiter zu kümmern. Sie kannten ihn ja nicht und da sie keiner danach fragte, war er ihnen schlichtweg egal. Außerdem hatte Brac diejenigen von ihnen zur Brust genommen, die Amanoues Schreibdienste in Anspruch genommen hatten und ihnen dringlich geraten, ihre Klappen darüber zu halten, wenn sie hier noch ein schönes Leben zu führen gedachten.

      Amanoue schlurfte dennoch lieber in den Schlafraum, sicher war sicher, nicht dass Henry doch noch einer plötzlichen Eingebung folgte und Lust auf ein Bierchen mit seinem besten Freund bekam. Ach, wie sehr er es doch vermisste, die ungezwungenen Abende, die er und die Jungs oft mit Henry verbracht hatten…

      Und wie wundervoll er ausgesehen hatte. Genau wie früher, dachte er seufzend. Tatsächlich trug der König mittlerweile wieder einen dichten Vollbart und sein Haar war fast schulterlang geworden, in den letzten Monaten. Amanoue hatte es von Anfang an gemocht, ihm in dieses seidige Haar zu fassen, immer, wenn sie sich geliebt hatten und auch den Bart hatte er irgendwie vermisst, als er Henry zum ersten Male glattrasiert gesehen hatte, damals in Averna…

      So lange her, so viel war geschehen, in der Zwischenzeit. Sehr viel Schlechtes aber auch manch Gutes. Und, wie er zugeben musste, sehr viel Schönes! Besonders im letzten Jahr…

      Verdammt, warum musste er sich auch ausgerechnet da in ihn verlieben? Warum nicht früher, dann wäre dieser ganze Mist nicht passiert! Auch die Sache in Averna wäre mit Sicherheit ganz anders zwischen ihnen verlaufen, aber nein, sein blödes Herz musste ja Falco nachheulen und alles kaputtmachen! Eigentlich konnte er Henrys Reaktion echt nachvollziehen! Der hatte sich so auf ihn gefreut und was hatte er gemacht? Ihm immer wieder vor den Kopf gestoßen, beleidigt und betrogen!

      Und ausgerechnet jetzt, als auch er sich in Henry verliebt hatte, kam alles genau anders herum! Ja, er konnte es nicht verleugnen, er liebte ihn inzwischen wirklich und dafür brachte Henry jetzt ihm nur noch Hass und Abscheu entgegen. Was war das Schicksal doch manchmal für ein mieses Miststück, dachte er seufzend und setzte sich auf sein Bett.

      Wenig später betrat auch Benny den Raum und sah unschlüssig zu ihm hin. Doch dann wandte er sich ab und tat so, als würde er etwas suchen. Kurz darauf drehte er sich wieder um und blickte zu Amanoue hinter, der frustriert vor sich hinstarrte. „Tut mir echt leid“, murmelte er plötzlich und kam einige zögerliche Schritte näher.

      „Hm?“, machte Amanoue, zu ihm hinsehend. „Warum bist du eigendlisch nischd mitgeritten? Du hast seine Majestät doch sonst immer begleiten dürfen“, fragte er, ohne auf dessen vorangegangenen Ausspruch einzugehen.

      „Weil ich nicht mitdurfte?“, schnappte Benny zickig zurück. „Seine Majestät sieht mich doch gar nicht mehr an! Seit Monaten, behandelt er mich und uns alle, nur noch wie Luft! Und, seit dieser Giftzwerg da ist, hat er nur noch Augen für den!“, regte er sich noch weiter auf.

      „Ach“, meinte Amanoue nur.

      „Was, ach?! Regst du dich nicht darüber auf? Und übrigens, ich habe dir vorhin etwas gesagt! Nämlich, dass es mir leidtut!“, warf Benny ihm vor.

      Amanoue seufzte erneut. „Warum solllte isch misch aufregen? Und worüber? Isch hoffe, dass Henry wieder glücklisch werden kann, mit wem auch immer“, erwiderte er betrübt. „Und was die andere Sache betrifft, entschuldige, wahrscheinlisch habe isch es nischd gehört und isch verstehe es ehrlisch gesagt auch nischd. Was, tut dir leid?“

      „Na alles! Dass ich immer so zickig zu dir war und auch, naja, dass du jetzt fortmusst“, gestand er leise.

      Amanoues Augenbrauen wanderten verdutzt nach oben, was seine Augen noch größer erscheinen ließ. „Aha, na dann, danke, für die Auskunft. Allerdings weiß ich das ohnehin schon“, meinte er und stand schwerfällig auf. Er begann seine Sachen zusammenzulegen und Benny schlurfte zu ihm hin.

      „Was machst du?“, fragte er, als er sah wie Amanoue anscheinend tatsächlich seine wenigen Habseligkeiten zusammenpackte. Zu unterst lag der Umhang und darauf legte er