Larissa Schwarz

Zauberhaft - Victoria


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      Zauberhaft – Victoria

      Band 2 der Eschberg-Reihe

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.

      Texte: © Larissa Schwarz

      Umschlaggestaltung: © Larissa Schwarz

      Verlag:

      Edition Eschberg – Larissa Schwarz

      Heisterbusch 1

      46539 Dinslaken

      [email protected]

      Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

      Montag, 15.07.

      »Einen Kaffee!«, zischte der Gast.

      Irritiert sah Victoria sich kurz um. Vom Café-Personal war niemand zu sehen, Joachim Zeilinger hatte das Team kurz zu einer Besprechung in sein Büro gerufen und offenbar war die Notbesetzung gerade nicht in Reichweite. Zeilinger selbst lehnte zwar in der Tür, unterhielt sich jedoch intensiv mit seiner Buchhalterin.

      »Sie sprechen aber schon Deutsch, oder?« Der Ton wurde rauer.

      Als hätte er sie aus einem Tagtraum geweckt, zuckte sie zusammen und warf die Stirn in Falten, schmunzelte aber sofort, als sie den dunkelblonden Herrn näher betrachtete. Sicher keiner von hier, dachte sie. »Verzeihen Sie, bitte. Natürlich, ein Kaffee. Kommt sofort«, flötete sie und lächelte den Gast an Tisch vier freundlich an. Da immer noch keiner der Angestellten zu sehen war, ging sie tatsächlich hinter den Tresen und betätigte den Kaffeeautomaten.

      Magnus Brandt war genervt. Von Eschberg. Von dem Café, in dem er saß. Von seinem neuen Job und am allermeisten von den Menschen um ihn herum. Was, um alles in der Welt, hatte ihn veranlasst, diese Stelle in der Provinz anzunehmen? Er wollte Richter am Bundesgerichtshof werden und nicht Direktor des Amtsgerichts in diesem 70.000-Einwohner-Nest. Zwar stammte er aus der Gegend, aber für jemanden, der sich in Berlin einen Namen gemacht hatte, war Eschberg ein Kuhdorf. Und die blödeste Kuh war die Politesse, die vor zwei Stunden sein Auto von seinem persönlichen Parkplatz hatte abschleppen lassen, nur weil noch das Kennzeichen seines Vorgängers dort hing. An zweiter Stelle rangierte seine Vorzimmerdame Irene Scharnweber, die ihn aus dem Büro ausgesperrt hatte und nun daran schuld war, dass er in diesem fürchterlichen Café saß. Dicht gefolgt von dieser seltsamen Kellnerin, die den Eindruck machte, als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders, nur nicht bei ihren Gästen. Magnus Brandt wollte zurück.

      Nur: Hatte er nicht noch vor zwei Tagen in Berlin das Gleiche über »zu Hause« gesagt?

      Victoria malte mithilfe des Barista-Werkzeugs einen Smiley in die Crema des Kaffees und servierte ihn dem, wie sie schätzte, in etwa gleichaltrigen Gast, der immer noch eine gewisse Unruhe ausstrahlte, was sie wiederum neugierig machte.

      Sie zwinkerte ihm zu. »Bitte sehr.«

      Im selben Moment kam der Geschäftsführer aus der Deckung, Joachim Zeilinger, Eschberger Urgestein, Inhaber des Café Daily.

      »Victoria, ich dachte, du wärst schon weg!?«, rief er ihr zu.

      »Ja, eigentlich war ich auch schon fast raus.« Sie ließ eine kurze Pause. »Der Kaffee hier geht auf mich, Jo!« Sie deutete auf Tisch vier, winkte und zwinkerte beim Hinausgehen noch einmal Magnus Brandt zu, der ihr mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund hinterherstarrte.

      »Schon in Ordnung, ich zieh es von deiner Rechnung ab ...«, lachte Zeilinger. Er wandte sich Magnus zu. »Es tut mir leid, dass Sie offenbar warten mussten, der Kaffee geht selbstverständlich aufs Haus.«

      Er streckte Magnus die Hand entgegen: »Joachim Zeilinger.«

      »Magnus Brandt«, schlug er ein und schüttelte sie.

      »Ach, der neue Direktor des Amtsgerichts?«, wunderte sich Zeilinger laut, wohl auch ob des etwas kräftigeren Händedrucks.

      »Ja, in voller Lebensgröße ...«

      »Ich habe in der Zeitung von Ihnen gelesen. Was verschlägt Sie so früh in meine gute Stube, Herr Dr. Brandt?«

      »Lange Geschichte, ich wurde quasi aus meinem Büro ausgesperrt und muss warten, bis meine Vorzimmerdame zurück ist, damit irgendjemand bestätigen kann, dass ich ich bin und wieder ins Gerichtsgebäude darf. Mein Ausweis liegt in meinem Büro und an der Pforte hielt der Wachtmeister das für einen schlechten Scherz, als ich ihm die Situation erklärte.«

      »O je. Da haben Sie ja einen prima Einstand in Eschberg erlebt ...«

      »Das können Sie laut sagen ...« Magnus seufzte. »Zudem ist mein Auto vorhin abgeschleppt worden und ich hatte bis gerade fürchterlichen Koffeinentzug ...«

      »Na, wenigstens eine schöne Seite von Eschberg haben Sie ja eben kennengelernt ...«

      »Hm?« Magnus hob fragend die Augenbraue. »Ach, Sie meinen – wie heißt die Dame? Victoria?«

      »Ganz recht ...« Zeilinger grinste und tappte ihm auf die Schulter. »Dann mal herzlich willkommen in der Provinz. Und wenn Sie hier richtig angekommen sind, melden Sie sich ruhig mal bei mir.«

      Magnus nickte ihm zu. »Ja, gern.« Auch wenn er eigentlich nicht genau wusste, warum und was Zeilinger damit bezwecken wollte.

      Beziehungen schaden nur dem, der keine hat, dachte er und trank den Rest seines Kaffees aus. Victoria, geisterte es ihm durch den Kopf. Hm. Eigentlich hätte er ja sehen müssen, dass sie nicht zum Personal gehörte; das Business-Kostüm war zwar schwarz, wie die Kleidung der Angestellten, aber sie trug eine weiße Bluse statt des »Daily«-Shirts und eine Aktentasche. Er seufzte erneut und rieb sich das Kinn. Das konnte ja heiter werden. Noch keine 24 Stunden vor Ort und schon unbeliebt gemacht. Offenbar kannte dieser Zeilinger Victoria aber etwas besser, sie gingen vertraut miteinander um, vielleicht könnte er – Magnus drehte sich zum Tresen um.

      »Herr Zeilinger!?«, rief er.

      »Ja, was gibt es?«, näherte er sich grinsend noch mals dem Tisch.

      »Könnten Sie Victoria ausrichten, dass es mir leidtut, dass ich sie so angeblafft habe? War bisher nicht mein Tag und ich hätte eigentlich sehen müssen, dass sie hier nicht arbeitet ...«

      »Kein Ding, so wie sie Sie angelächelt hat, hat sie Ihnen das sicherlich längst verziehen, aber ich richte es ihr gern aus.«

      »Danke.« Magnus drehte sich wieder zum Fenster und beobachtete das Treiben auf dem Marktplatz. Es war Hochsommer und die Sonne schien trotz der Frühe des Tages bereits unerbittlich auf die große Glasfront. Er hatte in der Nacht zuvor die letzten Kartons in seine Wohnung getragen, die Reste der Tiefkühlpizza verdrückt, die noch im Ofen gelegen hatte, und war gegen vier Uhr morgens in einen unruhigen Schlaf gefallen. Um sechs hatte der Wecker geläutet. Das gleißende Licht brannte in seinen Augen und er fühlte sich verkaterter als nach einer durchzechten Nacht.

      Victoria. Die Siegerin. Vor seinem inneren Auge lief sie erneut vorbei und lächelte ihn an, zwinkerte ihm zu. Klar, so eine wie sie stand auf der Sonnenseite des Lebens, hübsch, jung, dem Auftreten nach zu urteilen offenbar nicht auf den Kopf gefallen und irgendwie war sie ihm sympathisch. Magnus strich sie wieder von der Liste der Menschen, über die er sich ärgerte. Immerhin hatte sie ihm einen Kaffee beschert und die noch zu hinterfragende Bekanntschaft mit Joachim Zeilinger.

      Eigentlich war es recht schön in Eschberg. Als er noch klein war, waren seine Eltern häufiger mit ihm und seiner Schwester hergekommen, hatten das Schloss und das Museum besucht oder waren in den Wald gegangen, um Maronen und Bucheckern zu sammeln. Aulbach, der kleine Ort, circa 15 Kilometer entfernt, in dem er aufgewachsen war,