Asmodina Tear

Christmas Time


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bin, ist auch mir schon aufgefallen, dass für Amys Onkel Essen nicht einfach nur Essen ist, sondern eher eine Art Passion.

      »Wir warten jetzt aber schon seit vier Stunden hier und ich habe bisher noch nichts gesehen, was auch nur annähernd nach einem Truthahn aussieht«, werfe ich meine Bedenken ein, als Jordan mir ein weiteres Bier in die Hand drückt. Wenn ich ehrlich bin, haben wir bisher außer Trinken noch nicht wirklich viel getan.

      »Wir überbrücken ja auch nur die Zeit«, gibt er schließlich zu, doch ich verstehe nur Bahnhof. Als er meinen verwirrten Gesichtsausdruck sieht, muss er lachen. »Wenn wir nach einer Stunde zurückkommen, würde uns doch niemand abkaufen, dass wir die selbst geschossen haben.«

      Keine Ahnung, ob es am Alkohol liegt oder einfach an seinen wirren Worten, aber jetzt verstehe ich gar nichts mehr.

      »Jetzt guck doch nicht so. Hast du schon mal gehört, dass in Virginia Truthähne in selbstmörderischer Absicht durch den Wald laufen, weil sie es so geil finden, Maronen und Speck in ihren Hintern gestopft zu bekommen?«, kommt es lachend von Sam.

      Ich sehe abwechselnd von ihm zu Jordan, dann zu Georg, der einfach nur amüsiert den Kopf schüttelt. Er trinkt einen Schluck Sprite, wobei mir nicht zum ersten Mal auffällt, dass er nur sehr selten Alkohol trinkt, eigentlich fast nie.

      Da ich immer noch nichts sage, klopft mir Jordan auf den Oberschenkel und setzt sich neben mich.

      »Du musst noch viel lernen, Schwiegersohn.« Es ist das erste Mal, dass er mich so nennt, und ohne es zu wollen, sorgt es dafür, dass mein Hals enger wird. Scheiße, das liegt definitiv am Alkohol. Ich möchte den Blick abwenden, doch ich kann nicht. »Wir lieben unsere Frauen. Wirklich. Aber an Weihnachten drehen die immer ein bisschen durch. Ich wette mit dir, wenn wir nach Hause kommen, besteht das Haus aus einer einzigen Lichterkette, im Wohnzimmer steht ein riesiger Tannenbaum und Grace, Liz, Amy und Diane backen mit den Kindern Plätzchen. Also, was ist dir lieber? Der ganze Weiberkram oder wie ein Mann einen Truthahn erlegen. Was willst du sein? Sammler oder Jäger, Shane?«

      Ein Grinsen bildet sich auf meinen Lippen, als mir klar wird, dass wir heute wohl keinen Truthahn schießen werden.

      »Kann es sein, dass wir heute mit einem Truthahn nach Hause kommen, der schon nicht mehr geatmet hat, als wir hierhergefahren sind?«

      Jordan hebt seine Bierflasche und stößt damit gegen meine. »Du lernst schnell. Unsere Vögel hängen bei einem befreundeten Jäger und warten darauf, von dir gerupft und ausgenommen zu werden.«

      Meine Augen werden groß, doch er lacht nur wieder und steht auf.

      »Komm, Junge. Ich denke, wir sollten unsere Auszeit nicht überstrapazieren, sonst fliegen wir am Ende noch auf.«

      Nachdem ich mich ebenfalls aufgerappelt habe, halte ich Jordan am Unterarm fest. »Warum habt ihr mich heute zu eurem Williams-Männerding mitgenommen?« Ich muss es einfach wissen.

      Jordan lächelt leicht, bevor er antwortet. »Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich den nächsten Satz mal ausspreche, aber … Ich mag dich, Shane. Wir hatten keinen guten Start, doch ich denke inzwischen, dass du der Richtige für meine Tochter bist. Du hast das Haus verkauft, in dem du aufgewachsen bist, weil du dein altes Leben hinter dir lassen willst. Du hast dich von dem alten Freundeskreis getrennt und mit deinem Studium angefangen. Mir ist klar, dass du mir damit etwas beweisen willst, aber das musst du nicht. Ich bin auch so stolz auf dich.«

      Ich schlucke, denn so etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt.

      »Mir ist klar, dass ich nicht ungeschehen machen kann, was in der Vergangenheit passiert ist, aber ich werde alles dafür tun, um Amy glücklich zu machen.«

      »Das weiß ich. Und deshalb … haben Sam und ich uns überlegt …« Jordan nickt in Sams Richtung, der mit Georg ein paar Schritte von uns entfernt gestanden hat, und wartet darauf, dass die beiden zu uns kommen. »Was haltet ihr von der Idee, wenn Amy und du in die alte Wohnung von Sam und Liz zieht?«

      »Ist das dein Ernst?«, stoße ich ungläubig aus, denn ich bin immer davon ausgegangen, dass er niemals zulassen würde, dass wir zwei zusammenziehen.

      »Ich denke, es ist an der Zeit, loszulassen. Amy ist mein kleines Mädchen, aber ich bin nicht mehr für sie verantwortlich. Dafür hat sie jetzt dich und ich bin mir sicher, dass du dieser Aufgabe inzwischen gewachsen bist.«

      »Aber ich will die Wohnung nicht geschenkt haben, ich bezahle dafür.«

      »Das musst du mit Sam ausmachen.«

      »Danke«, bekomme ich mit einem Kloß heraus, denn als wir hierhergefahren sind, hatte ich wirklich ein bisschen Angst, dass das hier in einem Desaster enden könnte.

      Als Antwort nimmt mich Jordan in den Schwitzkasten und verpasst mir eine Kopfnuss.

      »Versau es einfach nicht.«

      Amy

      »Luke auch!«, ruft mein kleiner Bruder und verteilt eine Handvoll Schokostreusel auf zwei Plätzchen.

      »Nein, meine Kekse«, protestiert sein Zwilling Derek und schiebt ihn auf die Seite, sodass er fast vom Stuhl fällt, auf dem er steht.

      »Hey, ihr zwei, nicht streiten. Wir haben noch genug Teig für alle«, beschwichtige ich die beiden Racker. Ich liebe meine Brüder über alles. Sie können die reinsten Engel sein, doch innerhalb einer Minute kann sich das ganz schnell ändern und sie werden zu wahren Teufelchen. Die zwei werden später mal die Frauenwelt auf den Kopf stellen mit ihrem dunklen Teint und ihren blauen Augen. Wenn man sie nicht kennt, kann man sie nur schwer auseinanderhalten.

      Ich drücke beiden einen Kuss auf den Kopf und beuge mich über sie, um ebenfalls ein paar Streusel auf den Plätzchen zu verteilen.

      »Amy nicht. Nur Luke und Derek!«, kommt es vorwurfsvoll von Luke. So ist das immer: Die zwei streiten sich, aber sobald sich ein dritter einmischt, halten sie zusammen. Abwehrend hebe ich meine Hände.

      Diane, die Freundin von Grandpa, grinst und nickt in Richtung Wohnzimmer. »Möchtest du Grace und Liz vielleicht beim Baum schmücken helfen?«

      Dankend streiche ich ihr kurz über den Oberarm und verlasse anschließend die Küche.

      Lautes Lachen empfängt mich, doch als ich das Wohnzimmer betrete, verstummen Grace und Liz sofort.

      »Muss ich mir Sorgen um ihn machen?«, stelle ich die Frage, die mich schon beschäftigt, seit die drei Männer meinen Freund entführt haben.

      Die zwei Frauen wechseln einen vielsagenden Blick, bevor Grace die Christbaumkugel zurück in die Schachtel legt und mich an sich zieht. Mit einem Kuss auf die Stirn beruhigt sie mich etwas.

      »Nein, musst du nicht.«

      »Denkst du, die erwischen einen Truthahn, so lange, wie die schon weg sind?«

      Meine Aussage bringt Liz zum Lachen, weshalb ich mich zu ihr umdrehe. Sie steht mit Miley auf dem Arm vor mir und wiegt sie hin und her. Die Kleine war schon kurz vorm Einschlafen, doch sie zuckt durch das laute Geräusch ihrer Mutter kurz zusammen, bevor sie nun doch wieder ihre Augen schließt.

      »Sind sie jemals ohne Truthahn nach Hause gekommen?«, stellt Grace nun eine Gegenfrage.

      »Ähm … könnte mich nicht erinnern.«

      »Siehst du. Könnte daran liegen, dass sie den Nachmittag mit Trinken, Männergesprächen und Unsinn im Kopf verbringen. Den Vogel kaufen sie anschließend bei Mister Clearwater.«

      »Ihr wisst davon und klopft ihnen trotzdem auf die Schulter, wenn sie nach Hause kommen?«

      »Natürlich wissen wir das!«, stellt Grace klar und lässt mich los. Dann schnappt sie sich wieder die Christbaumkugel und schmückt den Baum weiter. »Doch wir werden einen Teufel tun und es ihnen verraten. Wir lassen sie im Glauben, dass wir sie für die größten Jäger der Welt halten, schließlich hat es auch seine Vorteile für uns.«

      »Und