Isabella Kniest

Right in your heart


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zu zerreißen.

      Das war es, was ihn von einer neuen Beziehung abhielt – nicht der Betrug, sondern die Angst, eine Frau zu verletzen!

      Mein Gott!

      Ich nahm ihn in eine feste Umarmung.

      Sein Leib antwortete mit einem heftigen Zittern, welches Theo schnellstmöglich unterdrückte.

      »Lass mich los, wenn du nicht willst, dass wir eine große Dummheit begehen.«

      »Und wie könnte diese Dummheit aussehen?«

      Eine Stille erhob sich.

      Theos Körper begann zu glühen – und mein Verstand zu rasen.

      »Wilder, hemmungsloser Sex hier auf dem Holzboden«, entgegnete er heiser und legte seine Arme auf meinen Rücken. »Glaub’s mir. Lange kann ich mich nicht beherrschen – und dann würde ich dich verletzen. Doch ich will dich nicht verletzen. Absolut nicht. Darum lass mich los.«

      »Wieso willst du keine Beziehung eingehen? Des Betrugs oder des Mädchens wegen?«

      Er blieb still.

      »Hat dich deine Ex-Frau jemals richtig geliebt? Hast du sie jemals richtig geliebt? Oder stellte es vielmehr eine Vernunftehe dar, aufgebaut auf Ängsten, eine Frau erneut zu verletzen?«

      Theo selbst verlor weiterhin kein Wort, dafür antwortete sein Leib mit einem zweiten heftigen Zittern.

      Das sagte genug.

      »Und dir geht es lediglich um einen einfachen One-Night-Stand? Sonst nichts?«

      »Ja.« Er klang alles, nur nicht überzeugend.

      »Gut, dann halten wir es anders: Bleiben wir gute Bekannte.«

      Möglicherweise würde er seine Meinung im Laufe der Zeit ändern. Oder wir würden tatsächlich bloß einfache Freunde werden.

      All meiner Unsicherheit zum Trotz tippte ich auf Ersteres.

      Sein emotionaler Zusammenbruch bewies, wie sehr er sich eine Partnerin wünschte, wie sehr er jemanden suchte und brauchte.

      Genau wie ich.

      Einziger Unterschied: Im Gegensatz zu mir verdrängte er diese Tatsache tausendmal heftiger.

      »Das kann nicht gut gehen«, murmelte er und drückte mich fester an sich. »Das wird ein weiterer Rohrkrepierer. Irgendetwas wird schieflaufen. Irgendetwas. Ich spüre es.«

      »Und ich spüre, dass du mehr von mir willst als reinen Sex. Gib es einfach zu.«

      »Nein … nein, das geht gar nicht. Das stimmt nicht. Ich kenne dich erst zwei Tage. Das liegt bestimmt am Stress und den vergangenen Aufträgen … das … das kann nicht sein …«

      Offensichtlicher ging es nun wirklich nicht!

      »Dann begehen wir eine Dummheit.«

      Theo wollte mehr – und ich wollte ihn.

      Weshalb sich länger zieren?

      Und sofern es unerwarteterweise doch bei einer einzigen Nacht bliebe, musste ich eben mit den Konsequenzen leben.

      Aber davon einmal abgesehen – ich litt an meiner Einsamkeit. Ich ertrug es nicht mehr, mich tagein tagaus alleine durchs Leben zu quälen. Selbst wenn es eine reine Sexbeziehung werden würde – Hauptsache ich durfte endlich wieder Körperwärme spüren. Theo war kein verlogenes Arschloch. Er besaß Einfühlungsvermögen. Weshalb sollte ich ein paar zärtliche Nächte in den Wind schlagen? Ich war mir sicher, solch einem liebevollen Liebhaber würde ich nie mehr begegnen. Erst recht nicht einen dermaßen gut aussehenden und alleinstehenden Mann wie Theo. Dachte ich genauer darüber nach, sah es in meinem Kaff für zwischenmenschliche Bindungen ohnehin gänzlich schwarz aus. Es gab keine Singles mehr. Die waren allesamt verheiratet. Da hätte ich nicht einmal jemanden gefunden, wenn ich es gewollt hätte – weder für eine einmalige Sache noch für etwas Fixes.

      Theo lehnte sich zurück. »Das geht nicht.«

      »Wieso?«

      »Weil ich mir unsicher bin, ganz einfach.«

      »Ich werde dir keine Szene machen«, versicherte ich. »Ich werde mich nicht umbringen.«

      »Darum geht es nicht.«

      »Worum geht es dann? Aber sag mir nicht, du bekommst jetzt keinen mehr hoch, weil du durch den Wind bist.«

      »Und wenn es so wäre?«

      »Dann sage ich: Du lügst.«

      Trotzig hob er das Kinn an. »Woher willst du das wissen?«

      »Weil dein Freund da unten hart wie Stein ist.«

      Seine Wangen zeigten einen Anflug von Pink. »Scheiße.«

      »Ich gebe es zu: Ich bin frustriert«, gestand ich. »Vier verdammte Jahre hatte ich keinen Sex mehr. Vier Jahre!« Mein Gesagtes unterstrich ich, indem ich meine rechte Hand in die Höhe hielt – vier Finger ausgestreckt. »Und dann kommst du angetanzt, mit deinem perfekten Körper und diesen verruchten Dingen, die du mir da andauernd zuhauchst – und dann! Dann zeigst du mir diese zerbrechliche Seite.« Ich hüstelte. »Wärst du ein gewöhnlicher bescheuerter Macho, hätte ich dich längst rausgeworfen! Dann hätte ich mich heute Morgen erst gar nicht zu dir gesetzt. Ich stehe nämlich wirklich nicht auf Machos. Überhaupt nicht.«

      »Wieso hast du dich zu mir gesetzt? Zu dem Zeitpunkt wusstest du nichts über mich.«

      Verunsicherung tat sich in mir auf.

      »Weil ich über unser morgendliches Zusammentreffen nachgedacht habe.«

      »Und welche Rückschlüsse hast du da bitte gezogen?«

      »Du wolltest einen Spaziergang machen, stimmt’s?«

      Theo wölbte eine Augenbraue. »Ja, schon. Warum? Ist das wichtig?«

      »Ja, denn das tut ein Macho bekanntlich nicht. Der schläft länger, wartet dann beim Buffet, um Weiber aufzureißen.«

      Seine Lippen deuteten ein Lächeln an. »Und was wäre, wenn ich auf diese gänzlich selbstlose-weicheimäßige Weise reagiert hätte, weil ich dich unbedingt flachlegen wollte?«

      »Das dachte ich zunächst auch. Allerdings hast du etwas komplett anderes ausgestrahlt. Ebenso während unserer ersten Begegnung auf der Insel.«

      »Diesen Arsch kenne ich doch«, rezitierte er schmunzelnd.

      »Genau. Zwar deutet eine solche Aussage auf einen Macho hin, dennoch kamst du anders rüber.« Ich überlegte. »Bei dir scheinen es stets zwei Seiten zu sein. In etwa: Du sagst Schwarz, meinst aber Weiß. Alleine deshalb habe ich Interesse gehegt. Alleine deshalb habe ich dem Dinner zugestimmt, alleine deshalb habe ich mich zu dir gesetzt.«

      »Und wie hättest du normalerweise reagiert?«

      »Normalerweise? … Da hätte ich dich heute Morgen richtig niedergeschlagen. Und dann wäre ich weitergegangen.«

      Er zog die Augenbrauen hoch. »Ernsthaft?«

      »Ernsthaft.«

      Er kicherte. »Du bist die verrückteste Frau, die mir jemals untergekommen ist.«

      »Nicht bloß verrückt – gefühlsmäßig komplett daneben«, korrigierte ich und trat einen Schritt zurück. »Aber jetzt ganz im Ernst. Ich hasse dieses verdammte Schauspiel dermaßen! Jeden Tag muss ich den glücklichen Single vorspielen. Jeden Tag muss ich meinen Kollegen vorlügen, wie sehr mich Beziehungen ankotzen. Jeden Tag wache ich auf und denke mir: ›Wieso muss ich alleine sein?‹, es kotzt mich unbeschreiblich an.«

      »Mich auch«, flüsterte er. »Mich auch.«

      Mir wurde es heiß.

      Dann wollte er tatsächlich eine Beziehung!

      Es war alles Show gewesen.

      Er spielte genauso wie