Thomas Manderley

Flammender Schnee


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      Thomas Manderley

      Flammender Schnee

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1. Kapitel

       2. Kapitel

       3. Kapitel

       4. Kapitel

       5. Kapitel

       6. Kapitel

       7. Kapitel

       8. Kapitel

       9. Kapitel

       10. Kapitel

       11. Kapitel

       Impressum neobooks

      1. Kapitel

      Es ist Nacht, eine sehr dunkle und kalte Neumondnacht. Wirre Träume quälen mich, hetzen mich splitternackt durch dunkle Wälder, einen mir unbekannten Verfolger im Nacken, verletzen meine Haut am Gestrüpp, an dem ich vorbeistreife. Ich laufe, renne, fliehe, stolpere. Die Bäume ringsherum beobachten mich und setzen alles daran, mich irgendwie aufzuhalten, versuchen mich zu Fall zu bringen, aber ich laufe weiter, immer weiter, so schnell ich kann. Ich stürze über eine Baumwurzel und falle in eine lehmige Pfütze, die sich plötzlich in einen tiefen See verwandelt und in dem ich zu ertrinken drohe. Ich sehe mich um, doch das Ufer ist unerreichbar weit weg. Langsam versinke ich im eiskalten Wasser, aber ich strample mich wieder und wieder nach oben an die Luft. Doch irgendetwas packt mein Bein und zieht mich erneut in die Tiefe. Ich wehre mich, ringe nach Atem, während ich mit wildem Paddeln und Schlagen versuche, mich an der Oberfläche zu halten. Mein Bein beginnt zu schmerzen, immer stärker und stärker, bis es nicht mehr kalt ist, sondern wie Feuer brennt.

      Ich öffne die Augen. Um mich herum erkenne ich verschwommen einige Dinge, wie einen Stuhl und ein Waschbecken, das an der Wand hängt. Jedoch ist mir alles hier fremd. Ein schwaches Licht fällt durch ein Fenster herein, aber die Lamellen einer Jalousie zerhacken den wenigen Schein in unzählige Streifen, deren Licht- und Schattenspiele mir Kopfschmerzen bereiten.

      Mein Alptraum ist Gott sei Dank vorbei, mein Bein schmerzt indes aber immer noch. Ich versuche es zu bewegen, aber es funktioniert nicht. Das andere Bein reagiert auf meine Befehle, allerdings nur widerwillig und nach ein paar Zentimetern streikt es. Meine Arme funktionieren ebenso träge und mein Kopf dröhnt wie ein Flugzeugpropeller, so dass sich meine Augen von ganz allein wieder schließen. Erst nach einigen Minuten kann ich mich gegen die Kopfschmerzen zur Wehr setzen und meine Augenlider wieder öffnen.

      Jemand kommt zur Tür herein. Den Umrissen nach zu urteilen, ist es eine Frau. Sie kommt auf mein Bett zu, hält kurz inne und geht zurück zur Tür. „Herr Doktor, er ist aufgewacht!“ ruft sie nach draußen. Dann kommt sie zurück, nimmt meine linke Hand und misst meinen Puls. „Hallo Herr Gruber!“ sagt sie mit ruhiger Stimme. „Haben Sie Schmerzen?“

      Ich will ihr antworten, aber es gelingt mir nicht. Doch ich sammele all meine spärlichen Kräfte zusammen und jetzt schaffe ich es doch irgendwie: „Ja, mein Bein brennt. Wo bin ich? Was ist los?“

      „Der Doktor kommt gleich. Ich erhöhe Ihre Dosis etwas, gegen die Schmerzen.“ Die Frau geht zu einer hohen Metallstange, die neben mir steht und tut dort etwas. Jetzt begreife ich: Ich hänge am Tropf. In mir macht sich ein leichtes Unwohlsein breit, aber in diesem Moment öffnet sich die Tür erneut und ein Mann und eine weitere Frau treten herein.

      „Hallo Herr Gruber, ich bin Doktor Jobst. Wissen Sie, wo sie sind?“

      „Nein!“

      „Erinnern Sie sich, was passiert ist?“ Der Doktor spricht laut, fast unangenehm laut.

      „Nein!“

      Der Doktor schreibt etwas auf einen Block, oder ein Stück Papier, was auf einer Art Brett festgeklemmt ist.

      „Was ist mit mir? Ich bin doch hier im Krankenhaus, oder?“

      „Ja. Ihre Beine sind verletzt, aber wir kriegen Sie wieder hin. Wenn Ihnen das Atmen schwer fällt, machen Sie sich keine Gedanken. Das wird bald wieder besser. Ich komme später noch einmal zu Ihnen. Jetzt ruhen Sie sich aus und versuchen sich zu entspannen!“ Der Doktor wartete meine Antwort gar nicht erst ab und verschwindet aus dem Zimmer, kurze Zeit später auch die beiden Frauen.

      Die erhöhte Schmerzmitteldosis beginnt zu wirken. Es wird alles auch etwas klarer. Jetzt bemerke ich, dass mir das Atmen tatsächlich schwer fällt. Aber warum nur? Ich versuche mich zu erinnern, aber das Letzte, was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich in den Skiurlaub fahren wollte. Hatte ich etwa einen Autounfall oder so etwas? Stimmt, den hatte ich tatsächlich. Aber der Unfall war halb so wild. Was ist nur mit mir geschehen?

      Verkrampft versuche ich mich zu erinnern, aber vergebens: Nach meinem Unfall ist nichts mehr da. Ich hatte mich im Schneetreiben verirrt, bin irgendwie von der Fahrbahn gerutscht und im Straßengraben liegen geblieben. Und dann? Ein schwarzes Erinnerungsloch. Ich weiß nicht mal, wo ich genau bin: In der Schweiz, oder noch in Deutschland.

      Ich starre an die weiße Zimmerdecke, betrachte die Linien der Putzrisse, die sich kreuz und quer durch den schon in die Jahre gekommenen Farbanstrich ziehen. Minutenlang verfolge ich den Zick-Zack-Kurs jeder Linie von einem Ende zum anderen, doch das sinnlose Grübeln ermüdet mich. Ich möchte schlafen, aber meine unzähligen Gedankenspiele lassen es nicht zu.

      Dann schwirren doch ein paar verschwommene Bildfetzen durch meinen Kopf. Da war eine tote Ziege und eine verletzte Frau und starke Hitze oder Feuer oder so etwas ähnliches. Ich versuche mich an irgendeinem Bild gedanklich festzukrallen und mich zu konzentrieren.

      Feuer, ja genau: Es hatte gebrannt. Da waren viele Menschen, Schreie und … Oh Gott! Jetzt fällt mir alles schlagartig ein. Das Dorf, die brennende Scheune, Anna! Oh Gott Anna, ist sie am Leben?

      Mein Körper krampft sich unwillkürlich zusammen, mein Herz beginnt zu rasen und ich zittere immer stärker, so sehr, dass das Bett anfängt zu klappern. Ich rufe nach Anna. Nein: Ich schreie in Panik immer wieder ihren Namen, während mein Bett durch den Schüttelkrampf meines Körpers beginnt, sich langsam Stück für Stück vorwärts durch den Raum zu bewegen.

      Die beiden Schwestern und auch der Arzt stürzen in mein Zimmer hinein und halten mich fest, während eine der Schwestern mir etwas über den Zugang in meinem Handgelenk injiziert. Das Mittel wirkt, mein Krampf lässt nach, aber ich atme immer noch sehr schwer. Nach ein paar Minuten hat sich mein Zustand dann wieder stabilisiert.

      „Herr Gruber? Geht es Ihnen besser?“ fragt, oder besser schreit der Arzt.

      Ich nicke nur kurz.

      „Können Sie mir sagen, was passiert ist?“ Der Doktor kontrolliert die Dosis am Tropf.

      „Ich kann mich wieder