Cornelia Reiwald

Die Seidenstraße – gestern - heute - morgen


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und Offizier Zhang Qian, den er zu Handelsbeziehungen entsandt hatte, die Seidenstraße neu. Die Handelsroute war deutlich komplexer als erwartet und der Weg verschob sich je nach politischen Verhältnissen. Typische Umschlagplätze waren Herat, heute Afghanistan, Samarkand, heute Usbekistan, Isfahan, Iran. Zur See spielten die Griechen die wichtigste Rolle im Westen, Chinesen im Osten, über Land waren es jüdische, armenische und syrische Zwischenhändler. Die Karawanen wechselten an den dafür vorgesehenen Orten.

      Es entwickelten sich die römischen Glas-Manufakturen in Alexandrien und Syrien, die nach Asien exportierten. Insbesondere Han-China liebte Luxusartikel wie goldbestickte Teppiche, goldfarbige Textilien, Asbest-Stoffe und Byssusseide aus Muscheln. Für Chinas weltbeste Seide wurde jeder Preis bezahlt.

      Mit dem allmählichen Verlust von römischem Territorium in Asien und dem Aufstieg Arabiens in der Levante wurde die Seidenstraße zunehmend unsicher und weniger bereist. Die Mongolen belebten die Route im 13. und 14. Jahrhundert wieder, es begann eine neue Ära.

      Im Jahre 1500 unternahm Zhen He (oder Ho) vor Kolumbus oder Magellan erstaunliche sieben Schiffsexpeditionen, die ihn von Guangzhou über die Malakka-Straße nach Südindien, Mogadischu, Aden und Medina brachten. Jede Reise beinhaltete 300 Schiffe mit 27.000 Männern, wertvollen Gütern und Gold für die Könige und Sultane unterwegs, die auf je 700 Tonnen geschätzt wurden. Zahlreiche Historiker aus Ost und West, Marco Polo oder Ibn Battuta hinterließen Beschreibungen der Flotten und Schiffbauer. Von der Ming-Dynastie existieren Schriften zur Nanjing-Werft und deren Dimensionen.

      Die Seidenstraße ist die älteste und spannendste Handelsroute der Welt. Was einst Karawanen und Kamele waren, sind heute Highspeed-Züge, Beton und Stahl ersetzen Erde und Knochenbau. Aber zwischen den hohen Bergen, auf abgelegenen Steppen und Weiden, in Dörfern und vergessenen Stadtbezirken, bleibt das Leben noch lange unberührt.

      DARIUS, KÖNIGE DER KÖNIGE

      521 v. Chr.: Darius folgt Kyrus, dem Begründer des persischen Weltreiches und Eroberer Babylons. Über Darius gibt es viele Sagen. So soll er am Ende des 70-jährigen Exils der Juden in Babylon als Herrscher im Buch Daniel mehrmals auftreten. Im Buch Esther findet eine Verwechslung mit Xerxes statt, es handelt sich nämlich um Dareios der Meder und chaldäischer König, eingesetzt durch Kyros 539 v. Chr.

      Weitere Verwechslungen mit Darius I, Darius II und III, den Herrschern des persischen Reiches und Kyros sind oft nicht zuverlässig recherchiert oder mit anderen Daten beschrieben. Es ist über 2500 Jahre her, vieles wurde ohne die Möglichkeit der Verifizierung und viel später geschrieben. Forscher arbeiten und wir interpretieren. Geschichte entspricht oft einer mystischen Wahrheit, Daten und Namen ändern sich. Man weiß so wenig. Die wissenschaftliche Arbeit geht weiter. Dies ändert am fantastischen Seidenstraße-Abenteuer nichts.

      Und nun zu einer wahrscheinlich wahren Geschichte. Die drei Darius-Könige gehören zu den wichtigen Königen der Seidenstraße, sie führten in Persien, heute Iran, eine Verwaltung mit Beamten und einen Postdient ein. Die Ruinen des Palastes stehen noch heute in Persepolis. Und noch heute erinnert der Marathonlauf an die Schlacht von Marathon 490 v. Chr. gegen die Griechen.

      Es gab drei große Könige von Persien. Darius I ermordete den legitimen König, um an die Macht zu kommen: 550–486 v. Chr., Achämeniden-Dynastie. Darius, brutaler König der Könige. Persien war Westasien bis zum Kaukasus, Mazedonien, Ägypten, Griechenland, das er in einer ersten Schlacht verlor und vor der zweiten starb. Darius besaß Teile des Balkans bis zum Schwarzen Meer und dem Indus, Nordost-Afrika, Teile Libyens und Sudans. Die Dynastien der Darius waren Krieger, ständig involviert in Rebellionen um Macht. Darius I brachte das Achämeniden-Reich zusammen. Susa, Persepolis, Babylon und Ägypten verdankten ihm großartige Infrastruktur und Kultur. Er respektierte die Religionen seiner Untertanen, Darius I war Zoroastrier und glaubte, seine Expeditionen wären eine Aufgabe seines Gottes Ahura Mazda. Er restaurierte den israelischen Tempel und baute einen Tempel für Amon, den ägyptischen Gott. Er baute Kirchen und Paläste für alle Religionen, ließ Menschen aus dem ganzen Reich arbeiten, um interkulturelle Beziehungen zu pflegen.

      Darius III versuchte Alexander den Großen zu schlagen, es gelang ihm nicht, er flüchtete und wurde dabei umgebracht.

      Über Darius II weiß man wenig. Mord und uneheliche Geburt in ebensolchen Verwandtschaften spielten eine Rolle, seine Frau hatte das Sagen, er unterhielt einen Harem, hatte einen schlechten Ruf und war nachweisbar kein Nachfolger der Darius, den Namen hatte er sich zugelegt. Beim Empfang von einem griechischen olympischen Champion musste dieser einen Unsterblichen vor ihm umbringen. Die Skulptur des Mordes kann man im Olympischen Museum in Athen besichtigen.

      So viel über den Beginn eines Weltreiches, das 550–330 v. Chr. dauerte und ein Beispiel vom Kampf um Macht war. Gleichzeitig gab es gutes Regieren, Kultur und Wissenschaften.

      Die griechischen Städte in Asien fielen unter Darius persische Kontrolle. Perikles, der griechische Staatsmann holte sein Land 454 v. Chr. zurück und machte es zu einer Hochburg der Künste und Philosophie und zur Schule Hellas. 450 v. Chr. kam es zum endgültigen Frieden zwischen Persien und den Griechen.

      Darius hatte gegen Alexander den Großen 330 v. Chr. keine Chance. Dieser regierte über ganz Persien und weit darüber hinaus. Nach dem Tod von Darius führt Xerxes die Arbeiten fort, aber das Persische Reich verlor an Größe. Xerxes verlor die Schlacht um Salamis in Griechenland, gewann in Babylon und Ägypten und wurde 465 v. Chr. ermordet.

      Noch heute sind viele Griechen Stolz auf ihre Siege gegen das mächtige Perserreich.

      UNTERWEGS 1

      Menschen auf der Seidenstraße, von Schanghai bis Äthiopien, sind vielschichtig. Elegant und reich in Schanghai-City, die älteren in den vielen Parks mit gerollten oder Brillantine-schwarzen Haaren, pummelig, die Mode von gestern, die echten Chinesen. Mittelklasse mit Geld. Sie singen, machen Qi Gong, plappern fröhlich und winken zum Mitmachen. Sitzend die Männer, Trompete blasend, Jazz, klassisch chinesisch oder Mozart. Manche sind berühmt, üben in Parks ist erlaubt und beliebt.

      Schon in Xian, 1500 km weiter westlich, ist alles anders. Die bunte Welt der Ethnien beginnt. Uiguren, Chinesen und alle anderen Stämme leben miteinander und stellen sich nicht die Fragen des Westens oder dessen Antworten, die politisch motiviert sind. In China macht man Business und handelt, wir sind schließlich auf der Handelsstraße. Lanzhou, Dunhuang, Turpan, Ürümqi, wo man China fast vergisst und sich in die interkulturelle Welt von über 100 Ethnien, die hier leben und ihre bunte Kultur pflegen, verliebt. China sorgt für Ordnung und wer sich daran hält, hat keine Probleme. Ist das nicht überall so?

      Ob Han oder nicht: freundlich und hilfsbereit, einladend und kurios sind alle. Englisch und meist auch Chinesisch hilft nicht viel, sie sprechen ihren eigenen Dialekt. Anders die Jugend, die schon im Kindergarten Sprachen lernt und sich unterhalten kann und stolz will. Die muslimische Jugend will keine Scharia, aber an der Zukunft teilhaben. Sie trägt Jeans und Lederjacke. Nur das Kopftuch bleibt. Sie will studieren. Wissen. China macht es möglich.

      Im Zug trifft man den Onkel aus Amerika, die Familie in Deutschland, alle auf dem Smartphone. Amerika? fragen sie mich oder Schon gegessen? den Onkel. Fotos gehen hin und her und wir lachen. Sie zeigen mir ihr Haus in den uighurischen Bergen. Das Baby wird auf meinem Schoss versorgt, viele Kinder rennen und klettern über die Doppelbetten. Was auf den Boden fällt, bleibt dort, Jobs erhalten, Putzfrau; die kommt jede Stunde. Nüsse und getrocknete Früchte werden verteilt; Eigenproduktion. Ständig holen die Männer Heißwasser für den Tee. Schweiz wo? Kopftuch wo? Mann, Kinder wo? Schanghai weit weg, teuer, sagen sie. Der Sohn spricht Chinesisch und Englisch, er will Pilot werden, die Mädchen wollen nicht heiraten, aber schön sein und in einem Hochhaus arbeiten.

      Mann und Frau leben vor der Heirat separat, so ist es. Die islamische Welt hält an gewissen Traditionen fest. Mit der Seidenstraße und neuen Reisemöglichkeiten werden Menschen offener, hören zu und selbst der Imam vermittelt. Genau wie in anderen Ländern sieht man den Menschen die Religion nicht mehr an – oder macht Mode daraus, wie es manche Start-ups tun. Scharia Fashion. Geld verdienen.

      Es