Eduard Schnitzer Emin Pascha

Emin Pascha: Reisetagebücher aus Zentralafrika aus den 1870-80er Jahren


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der Rückkehr von meiner Mission nach Uganda überraschte er mich mit der Erhöhung meines Gehalts auf 40 Pfd. St., doch wurde dasselbe, als ich Gouverneur dieser Provinz wurde, wie bei allen Provinzgouverneuren, 50 Pfd. St. monatlich.

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      Charles George Gordon – 1833 – 1885

      Generalgouverneur der ägyptischen Provinz Sudan

      Wie hoch das Gehalt eines Generals ist, weiß ich nicht. Indessen war ich damals nur ein ‚Miraman‘, eine Art Zivil-Pascha, der sein Gehalt nur so lange bekommt, wie er beschäftigt wird, dasselbe aber verliert, sobald man seiner Dienste nicht mehr bedarf. Ich hoffte zum Militär-Pascha, d. h. Divisionsgeneral, ernannt zu werden.“

      „Nunmehr ernannte Gordon den deutschen Vizekonsul in Khartum, ohne jegliche Befugnis von mir, zu meinem Agenten, um mein Gehalt entgegenzunehmen. Ich glaube, dasselbe ist diesem mehrere Monate ausbezahlt worden; doch ernannte Gordon schließlich diesen selben Vizekonsul zum Gouverneur von Dafur, als welcher er bald darauf gestorben ist. Bei der Ordnung seines Nachlasses fand sich nach Bezahlung einiger kleiner Schulden noch eine genügende Summe vor, sodass seiner Frau 500 Pfd. St. nach Kairo geschickt und mir als Hauptgläubiger der Betrag Von 50 Pfd. St. gutgeschrieben werden konnte. Einige Monate später fiel Khartum, und das Geld, das dort etwa nach dem Tode des Vizekonsuls deponiert worden war, ging natürlich verloren, sodass ich seit acht Jahren gar kein Gehalt bekommen habe.“

       „Meine letzte Unterredung mit Gordon Pascha hatte ich im Jahre 1877. Es war eine Expedition unter Führung von Oberst Prout nach Dafur und eine zweite unter Oberst Purdy zu Vermessungszwecken ausgesandt worden. Als Gordon Generalgouverneur wurde, bat er Stone Pascha in Kairo, ihm einen dieser Offiziere zu Vermessungsarbeiten in der Äquatorialprovinz zu schicken. Gessi Pascha hatte bereits den Albert-See umschifft, seine Messungen aber nur mit dem Kompass vorgenommen. Prout Bey und Mason Bey waren beide vorzügliche Beobachter. Prout Bey traf zuerst ein; er reiste von Ladó nach Fatiko, von dort nach Mruli am Victoria-Nil, ging dann nach Magungo am Albert-Njansa und stellte durch eine Reihe von Übernachtungen die Lage dieses Punktes für alle Zeiten fest. Krankheit zwang ihn, nach meiner Station in Ladó zurückzukehren. Zur selben Zeit war Mason Bey gerade mit einem Dampfer angekommen, um den Albert-See zu vermessen, und mit demselben Schiffe erhielt ich den Befehl, nach Khartum hinabzufahren, um den Gouverneurspost in Massaus am Roten Meer zu übernehmen. Der französische Konsul daselbst hatte sich mit dem dortigen Zivilgouverneur veruneinigt und gebeten, wenn ein anderer Gouverneur ernannt werde, dazu eine Persönlichkeit zu wählen, welche französisch verstände. Deshalb hatte Gordon, welcher wusste, dass ich mit der Sprache vertraut war, vermutlich mich ausersehen. Bei der Ankunft in Khartum wurde ich sehr herzlich von Gordon aufgenommen, der darauf bestand, dass ich die Mahlzeiten mit ihm einnehmen müsse, was eine große Gunst war, weil er sonst selten jemand einlud, mit ihm zu speisen. Ich lehnte die Wohnung im Palast jedoch ab und nahm mein Frühstück bei mir zu Hause ein, doch bestand Gordon darauf, dass ich zum zweiten Frühstück und Mittagessen zu ihm käme. Er hatte Überfluss an Arbeit für mich, Schreiben an die ägyptischen Paschas und Beys in den verschiedenen Provinzen, Briefe an die katholische Mission in Gondokoro, sowie an den Papst, den Khedize usw. in italienischer, deutscher und arabischer Sprache. Das dauerte eine Zeit lang, bis er mich eines Tages in einer Mission nach Unjoro sandte. Etwas später fuhr ich stromaufwärts und habe seitdem Gordon nicht mehr gesehen.“

      „Im Juni 1882 schrieb mir Abdul Kader Pascha, dass er in einigen Monaten einen Dampfer mit Lebensmitteln und Munition an mich absenden werde. Nachdem ich neun Monate gewartet hatte, erhielt ich im März 1883 nur 15 Kisten Munition. Das ist tatsächlich die letzte Zufuhr von irgendetwas gewesen, was ich bis zu Ihrer jüngsten Ankunft im April 1888 von der Außenwelt bekommen habe. Genau fünf Jahre!“

       „Während fünf Jahren bin ich in dieser Region vereinsamt geblieben. Hoffentlich aber nicht müßig. Ich wurde von den Angelegenheiten meiner Provinz in Tätigkeit gehalten, und es ist mir gelungen, an manchen Dingen Vergnügen zu finden. Dennoch hat die Isolierung von der zivilisierten Welt mir das Leben ziemlich schwer gemacht. Ich würde mich des Lebens hier bis zu meinem Ende freuen, wenn ich nur regelmäßig Nachrichten erhalten könnte und eine sichere Verbindung mit der Außenwelt hätte, um alle Monate oder alle zwei oder selbst drei Monate Bücher und Zeitungen zu erhalten. Ich beneide die Missionare in Uganda, die monatlich ihr Packet Briefe, Zeitungen und Bücher bekommen. Herr Mackay hat in Uganda eine vollständige Bibliothek. Das Päckchen ‚Honeydew‘-Tabak, welches ich Ihnen neulich gab, erhielt ich von ihm. Ich bekam auch einige Flaschen Spirtuosen, Kleidungsstücke, Schreibpapier von ihm und ebenso die wenigen Nachrichten, welche ich aus den mir hin und wieder gesandten Nummern des ‚Spectator‘ und der ‚Times‘ ersah. Bücher über gewisse Gegenstände, welche mich interessieren, habe ich aber nie von ihm erhalten können, ohne ihm und seinen Freunden viel zu große Mühe zu machen. Ich möchte daher gern meinen eigenen Postdienst haben, dann wäre mein Leben von dem Unbefriedigtsein befreit. Ach, diese Jahre des Schweigens! Ich vermag meine Gefühle nicht in Worte zu kleiden, könnte die Zeit aber nicht nochmals aushalten.“

       Ich habe bereits Emins Alter und Person beschrieben; gewisse Eigenschaften seines Charakters werden durch die vorstehende Unterredung gekennzeichnet, jedoch würde man den Mann kaum im vollen Umfange seiner Natur verstehen, wenn ich hier aufhörte. Seine Fähigkeiten, Tüchtigkeit und Brauchbarkeit für die eigentümliche Stellung, in welche er versetzt war, ergeben sich aus der Art und Weise, wie er es möglich machte, seine Truppen zu bekleiden. Unter den uns aufgenötigten Geschenken befanden sich Stücke von Baumwollstoff, den seine Leute selbst gewebt hatten, grob, aber fest, sowie Pantoffeln und Schuhe von seinen eigenen Schuhmachern. Das Aussehen seiner Dampfer und Boote nach der langen Dienstzeit, die Herstellung des für die Maschinen geeigneten Öls, einer Mischung aus Sesamöl und Talg, die ausgezeichneten sanitären Einrichtungen, die Sauberkeit und Ordnung der unter seinem Befehl stehenden Stationen, die regelmäßig ohne Widerspruch erfolgende Zahlung des Getreidetributs seitens seiner Negeruntertanen zweimal im Jahre, alles das dient dazu, um seinen eigenartigen Charakter zu kennzeichnen und zu beweisen, dass er Talente besitzt, wie man sie bei denen, die Afrika zu ihrem Arbeitsfelde erwählen, nur selten findet. Bei dem Bemühen, ihn zu beurteilen, lasse ich im Geiste Hunderte von Offizieren vorüberziehen, welche am Nil und Kongo gedient haben, aber ich kenne nur wenige, welche ihm in einer seiner wertvollen Eigenschaften gleichkommen würden. Abgesehen von seinen sprachlichen Kenntnissen ist er Naturforscher, etwas Botaniker, und was ihn als Arzt anbetrifft, so glaube ich wohl, dass 20-30 Jahre eines abenteuerlichen Lebens, wie er es geführt hat, ihm seltene Gelegenheiten geboten haben, um in diesem Beruf klug und geschickt zu werden. Die von ihm gebrauchten Worte gehen, wie man aus dem Vorstehenden ersieht, über das hinaus, was zu einem allgemeinen Gespräch erforderlich ist, und ließen mich auch seine Gewandtheit im Englischen erkennen, das bei seiner sonoren Stimme und gemessenen Sprechweise ungeachtet des fremden Akzents sehr angenehm klang. Ich fand ihn über die Fragen der in Zeitungen und Zeitschriften behandelten Politik sehr gut unterrichtet, gleichviel von welchem Lande wir sprachen. Sein Benehmen ist sehr höflich und entgegenkommend, vielleicht etwas zu zeremoniös für Zentralafrika, aber höchst geziemend für einen Gouverneur und gerade so, wie man es von einem Beamten in solcher Stellung, der sich seiner schweren Verantwortlichkeit bewusst ist, erwarten kann.

      Fleißige Arbeit scheint für ihn ein wichtiges Lebensbedürfnis zu sein. Er ist ein Muster anstrengender, geduldiger Arbeit. Kaum war das Lager aufgeschlagen, so machte er sich schon daran, nach methodischer Weise in der Einrichtung Ordnung herzustellen. Sein Tisch und Stuhl haben ihren bestimmten Platz, auf dem Tische befinden sich die Tagebücher, auf einem passenden Postament die Aneroidbarometer, im Schatten sind die Thermometer und Psychrometer in gehöriger