Eduard Schnitzer Emin Pascha

Emin Pascha: Reisetagebücher aus Zentralafrika aus den 1870-80er Jahren


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Diese Leute hatten einmal eine Grube angelegt, um Büffel und ähnliches Wild zu fangen, doch war unglücklicherweise ein Löwe das erste Opfer derselben. Als die Sudanesen dies entdeckten, wollten sie das Tier töten, der Häuptling verbot dies jedoch und bat, man möge ihm den Löwen schenken, wozu die Sudanesen gern bereit waren. Während sie neugierig zusahen, was der Häuptling mit dem Tiere machen werde, schnitt dieser einen langen, kräftigen Pfahl ab und stellte ihn schräg auf den Boden der Grube, worauf der Löwe sofort an demselben emporklomm und ins Dickicht sprang, um sich der wiedergewonnenen Freiheit zu erfreuen. Zu erwähnen ist noch, dass das edle Tier keinen Versuch machte, jemand zu verletzen, und sich wahrscheinlich viel zu sehr davor fürchtete. Man könnte eine ebenso niedliche Geschichte, wie von Androkles und dem Löwen daraus machen, wenn wir nicht in einem so wahrhatten und prosaischen Zeitalter lebten.

      Das „Vogelstudium“, erklärte mir der grauhaarige Leutnant aus Kairo, sei das Entzücken des Paschas. In der Tat scheint er in allem, was Vögel oder vierfüßige Tiere angeht, ein ebenso großes Vergnügen zu finden, wie an seinen Militär- und Zivilpflichten, obwohl ich nicht bemerkt habe, dass er die letzteren vernachlässigt hätte, während das ehrfurchtsvolle, soldatische Benehmen seiner Leute in seiner Gegenwart zeigt, dass ihnen die Disziplin gut eingeprägt worden ist.

      Aus der vorstehenden Wiedergabe einiger von mir aufgezeichneten Unterredungen geht hervor, dass der Pascha ein wechselvolles Leben geführt hat, das ruhigen, in der Heimat bleibenden Leuten viel wertvollen und anregenden Lesestoff bieten würde. Hoffentlich wird er sich eines Tages bereitfinden, ihnen in Buchform einige der Überraschenden Ereignisse seines Lebens in Asien und Afrika vorzulegen und ihnen in seiner eigenen angenehmen Weise die interessantesten Beobachtungen zu wiederholen, die er während seines langen Aufenthalts in einer neuen und wilden Natur gemacht hat.

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      Die Tagebücher des Dr. Emin Pascha

       Die Tagebücher des Dr. Emin Pascha

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      Ursprünglich 1919 von Dr. Franz Stuhlmann mit Unterstützung

      des Hamburgischen Staates herausgegeben

      https://archive.org/details/bub_gb_QYhQAAAAYAAJ/mode/1up

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      Kapitel 1 – Aufenthalt in Ladó und kleinere Reisen von dort aus

       Kapitel 1 – Aufenthalt in Ladó und kleinere Reisen von dort aus

      8. August bis 13. November 1878

      (Die erste Zeit der Tätigkeit Emin's als Gouverneur wird kurz von Schweitzer S. 146 und S. 146 und Vita Hassan I. S. 39 erwähnt.

      8. August 1878, Donnerstag. Post und Briefe für Europa vorbreitet. Abends 9 Uhr kommt Dampfer „BORDÉN“ mit Gessi, der neuerdings einige siebzig Sklaven konfisziert und zwölf Mädchen aus Bór mitbringt.

      9. August 1878, Freitag. Anlegung einer Ackerbaukolonie in Redjaf wird beschlossen, (Zur Unterbringung der befreiten Sklaven nach Angabe von Gessi) ebenso Konstruktion von Booten in Dufillé. Viel Regen. Ärgerliche Szenen mit Ibrahim-Bey.

      10. August, Sonnabend. Regnerisch. Ganzer Tag mit Vorbereitungen für Gessi's Reise. Nachmittags sechzig Soldaten abgefahren. von Lazuka sind hundertfünf Stück Elfenbein gekommen.

      11. August, Sonntag. Trübe, viel Regen. Seriba rings von Wasser umgeben, Flut noch immer im Steigen begriffen; Pelikane dicht an Umzäunung.

      (Seriba ist die allgemeine Bezeichnung für eine Niederlassung Von Handelsleuten oder Sklavenjägern. Diese Ansiedlung ist felsengsartig angelegt, besteht aus Wohnhatten und Vorratshäusern und ist von einer dichten, stachligen Hecke umgeben. Seriba, Name der Handelsstationen im ehemaligen ägyptischen Sudan, so benannt nach der dichten Einzäunung von Dornenhecken, durch welche man sich gegen die nächtlichen Einbrüche wilder Tiere schützen wollte. Sie wurden anfänglich meist von europäischen Händlern aus Khartum gegründet als Stapelplätze für Elfenbein und waren mit angeworbenen Dengolanern besetzt, durch welche die Bevölkerung der Umgebung in Botmäßigkeit gebracht und zugleich Raubzuge in die Nachbarländer, namentlich zum Sklavenraub, gemacht wurden. Die Verwalter der Seriben, die Weitil, schickten das Elfenbein jährlich einmal nach Khartum, von wo beim Eintritt der Nordwinde die Schiffe mit Munition, Tauschwaren u. a. nach dem Süden abgingen.)

      Post: Marquet, Hausal, Lumbroso, Pascha, Petermann (2), De Vecchi, Kaufmann, Stone-Pascha; an Gessi Sachen für Campero in Mailand. Junker's Sachen vorbereitet. Um 8 Uhr vormittags sind Gessi und Zucchinetti im „BORDÉN“ abgereist, mit ihnen Ibrahim-Bey und Gefolge. Haus arrangiert.

      12. August, Montag. Früh sehr kühl, jedoch schön. „ISMAĬLIA“ nach Redjaf und Gondókoro, um Lazuka-Leute zu bringen.

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      Khartum

      13. August, Dienstag. Der Fluss ist so hoch, dass seine Wasser in die Seriba dringen, und immer noch steigt er: Ich fürchte für Khartum.

      14. August, Mittwoch. „ISMAĬLIA“ von Redjaf gekommen. Zitronenernte in Gondókoro. Die Leute von Latȗka sind noch unterwegs.

      15. August, Donnerstag. Das Wasser steigt noch immer, ich habe heute schon einige Häuser räumen lassen. Enorme Wassermassen Kommen vom Süden, da dauernd Regen, kaum eine Stunde frei. Die Leute fangen Fische in der Seriba.

      16. August, Freitag. Noch immer ansteigendes Wasser; zum Schutz der Magazine haben wir einen Damm gebaut und wieder Häuser geräumt. Das Wasser hat heute seinen höchsten Stand erreicht.

      17. August, Sonnabend. Bei bedecktem Himmel und starkem Süd-Wind rascher Abfall des Wassers.

      18. August, Sonntag. Ich habe Leute von Latȗka nach Kiri beordert. Besuch Altóron‘s, des von Baker bekannten Häuptlings von Gondókoro.

      Einige ethnologische Gegenstände erworben, die hoffentlich Dr. Junker‘s Sammlungen zieren sollen.

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      Dr. Wilhelm Junker

      19. August, Montag. Früh Dampfer „ISMAĬLIA“ mit Briefen an Perthes (Journal Kabrega Reise), Gordon, Marquet, (Marquet, Franzose, war Kaufmann in Khartum und dort Emin's Agent. Er monopolisierte den Handel im Sudan eine Zeitlang und starb später in Kairo (Junker’s Reisen II, 33)) Gessi, Giegler usw. sowie den Kuriositäten abgegangen. Es ist furchtbar langweilig und öde hier in der rings von Wasser umflossenen Seriba, wo man nicht einmal sammeln kann. Meine Hypsometer sind nicht in Ordnung zu bringen — so fällt auch diese Beschäftigung aus, und die Engländer (Die Missionare der Church Missionary Sociity, die nach Uganda sollten) lassen noch immer auf sich warten, sonst wäre ich längst unterwegs nach dem Süden. Das Wasser ist bei prachtvollem Wetter (29,3 C — 2 ½ Uhr nachmittags) andauernd fallend. Die großen Regenmengen haben hier endlich Carica Papaya, die bisher nur vegetierten, zur Entwicklung ihrer schönen Früchte gebracht.

      20. August, Dienstag. Taha-Effendi und Leute von Lazuka sind gekommen und nach Redjaf beordert worden. Wasser wieder gestiegen. Ich erlasse Order für Statistik der Todes- und Geburtsfälle.

      21. August, Mittwoch. Der Fluss ist neuerdings gestiegen, weil täglich Regen fällt. Meine Reispflanzungen gedeihen prächtig.

      22. August, Donnerstag. Seit zwei bis drei Tagen eine Menge von Lamprotornis porphyropterus Heugl in kleinen Gesellschaften von vier bis fünf Individuen, laut dohlenähnlich pfeifend, sich umherjagend, selbst in der Seriba. Große Mengen von Ceryle rudis.

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