Eduard Schnitzer Emin Pascha

Emin Pascha: Reisetagebücher aus Zentralafrika aus den 1870-80er Jahren


Скачать книгу

Oktober, Montag. Früh 7 Uhr Abreise nach Bór. Im westlichen Bach ist ein Mann ertrunken. Empörende Gleichgültigkeit der Ägypter. Nach öder Fahrt um 9 Uhr nachmittags Ankunft in Holzstation Bór, etwas oberhalb eigentliche Station; hier zu Nacht geblieben. Mückenplage. Wenig Regen.

      8. Oktober, Dienstag. Sehr drohendes Wetter, leichter Regen. Holz genommen, dann nach St. Bór und von dort nach krzem Aufenthalt um 11 Uhr vormittags abgefahren. Abends 8 Uhr etwa 6 Stunden von Schambé sind wir Dampfer „SÁFICH“ begegnet, der trotz der Verstopfung des Flusses durch Seitenkanäle heraufgekommen war, freilich in 59 Tagen von Khartum. An Bord waren die nach Uganda bestimmten Engländer Mr. Litchfield, Mr. Pearson und Mr. Felkin sowie der Photograph und Maler Herr Buchta aus Wien. Auch Marco (Marco war ein griechischer Händler, der schließlich mit der Stanley’schen Expedition die Küste erreichte.) und mit ihm ein kleiner Elefant. Eine Menge Lebensmittel und Sachen für mich sowie viele freundliche Briefe voll der Anerkennung für meine bescheidenen Leistungen. Auch meine an Petermann gesandten Briefe sind abgedruckt; als Revers zu allen diesen Freuden kam ein sehr eigentümlicher Brief Gordon‘s, der wohl zu meiner Abberufung von hier führen dürfte. Um 1 Uhr vormittags nach Bór zurückgekehrt.

      9. Oktober, Mittwoch. Gegen Mittag nach Bór zurückgekehrt und am Holzplatz geankert.

      10. und 11. Oktober, Donnerstag und Freitag. Aufenthalt für Holz. Absendung der Post zu Lande durch Taha und Nasr über Ssobat. Kleine grüne Schlange. Varanus.

      12. Oktober, Sonntag. Früh von Bór ab, wo Holz rar, und eine Stunde flussaufwärts gehalten. Während ich mich bemühe, den Sklavenhandel zu unterdrücken, kaufen meine eigenen Diener Sklaven für sich! Mit „SCHIBBIN“ früher gesandte Post wurde gestern zu Lande befördert.

      13. Oktober, Sonntag. Bis 4 Uhr machmittags Holz genommen, dann ab durch den Bach Kirschanbé. Seit einigen Tagen ist es sehr warm.

      14. Oktober, Montag. Früh 6 Uhr: „SǍFICH“ ist an uns vorübergedampft im Bach, dann liegengeblieben, während wir aufsitzen und nicht loskommen können.

      15. Oktober, Dienstag. Festgesessen trotz Hilfe der „SǍFICH“.

      16. Oktober, Mittwoch. Noch immer fast auf selbem Platz.

      17. Oktober, Donnerstag. Nach unerhörter Arbeit, und erst nachdem ich selbst das Kommando übernommen, wird der Dampfer um Mittag flott: da wir aber kein Holz mehr haben und die Leute todmüde sind, bleiben wir bis morgen. Um Mittag leichter Gewitterregen.

      18. Oktober, Freitag. Frühmorgens starker Gewitterregen. Ich habe eine Karte der Verstopfung des Flusses von Mr. Pearson zur freien Verwendung bekommen. Ganzen Tag Holz genommen und gefischt. Eine Silurus-Art mit Beuteln hinter den Kiemen, die eine stark und unangenehm riechende Flüssigkeit enthalten.

      19. Oktober, Sonnabend. Früh 6 Uhr abgereist, im Bach sitzengeblieben, dann endlich wirklich gefahren und den famosen Bach passiert. Nach glücklicher Fahrt um 4 Uhr nachmittags In Ladó angekommen. Es gab viel Beschäftigung, alle Leute und Sachen unterzubringen. Mein ganzes Haus ist okkupiert, mir selbst kein Platz zur Arbeit geblieben. Nur-Bey ist noch immer abwesend.

      20. Oktober, Sonntag. Meinen schlimmsten Gegner Mohammed- Bey Ibrahim hat man zum Mudir von Bór ernannt. Ich habe mit den Engländern die Reise besprochen.

      21. Oktober, Montag. Stets reife und gute Ernte. Heute Fest für Alt-England!

      22. Oktober, Dienstag. Neue Sämereien verteilt und gesät. Abends Komödie und Besuch bei Mohamed Efendi en-Ncheli. Prüderie der Engländer.

      23. Oktober, Mittwoch. Früh kühl. Seit gestern wiederholt Regen.

      24. Oktober, Donnerstag. Früh starker Südweststurm mit Gewitter.

      25. und 26. Oktober, Freitag und Sonnabend. Ankunft Nur-Rey's, des abgesetzten Kommandeurs, Pourparlers der sehr unentschlossenen Engländer, die gar vor Mtesa zu Kabrega gehen und sich so selbst den Weg sperren wollen.

      27. und 28. Oktober, Sonntag und Montag. Seit einigen Tagen regnerisch und trübe mit Sonne wechselnd. Täglich neue Skandalgeschichten, selbst vor Morden entblöden sich die hiesigen Herren nicht.

      29. und 30. Oktober, Dienstag und Mittwoch. Immer noch vorbereitet und — nicht fertig geworden. Heute ist ganz plötzlich Bachit-Bey mit acht Soldaten hier angekommen, obgleich ich ihm zweimal schriftlich befohlen, nach Rohl zu gehen — also Deserteur! Ich weiß absolut nicht, was ich mit den Leuten beginnen soll! Nicht weniger als zweiundvierzig Sklaven und Sklavinnen sind mit ihnen gekommen.

      31. Oktober, Donnerstag. Was aus dieser Uganda-Mission werden soll, begreife ich nicht recht, zweifle auch, ob die Herren selbst wissen, was sie wollen. Jedenfalls ist es wieder eine englische Denquichottichde mehr!

      1. November, Freitag. Morgen endlich soll es fortgehen. Herr Buchta bleibt zurück.

      2. November, Sonnabend. 7 Uhr vormittags ab von Ladó, nach guter Fahrt um 1 Uhr nachmittags Gondókoro erreicht, wo wir zur Nacht bleiben, weil Holz genommen werden soll. Die Saaten stehen prächtig. Meine Gäste haben promeniert. Ein kleiner Elefant erregt viel Aufsehen bei den Negern, ebenso die großen Khartum-Schafe.

      3. November, Sonntag. 5:40 vormittags ab von Gondókoro, und um 3 Uhr nachmittags Redjáf erreicht, weil die Strömung furchtbar stark ist und kaum das Dampfboot vorwärts lässt. Noch immer überschwemmt, das Wasser sehr trübe und voll Gras und Schilf, ein Zeichen, dass es weiter oben noch stark regnet. Auch die Stauung bei Schambé mag das ihre ein. Nachmittags zwei Stunden lang sehr starker Gewitterregen.

      4. November, Montag. Redjáf. Meine Gäste einquartiert; erste Gepäcksendung, Wageinda, Elefant usw. geordnet und expediert. Meine Position für Rubóga (Mtesa‘s Residenz). 0° 22' 10" und 32° 45' 35" östl. L.:

      Linant‘s: 0° 21‘ 19" und 32° 44' 30'' östl. L.

      Spekers: 0° 24' 00" und 32° 49‘ 00" östl. L.

      Stanley's: 0° 45" 00" und 32° 57‘00" östl. L.

      (Die englische Generalstabskarte von 1905 hat etwa 0° 18‘ nördl. Br. und 35‘ östl. Länge für Kampala, das nahe dem einstigen Ruboga liegt.)

      5. November, Dienstag. Redjáf. Zweite Expedition vorwärtsgesandt. Getreide für Ladó eingeschifft.

      6. November, Mittwoch. Redjáf. Holz genommen, Post nach Süden beendet und zur Abreise vorbereitet.

      7. November, Donnerstag. 6 ¾ h Uhr vormittags Abreise von Redjáf, wo die Herren noch bis zum Montag bleiben werden. Pearson ist von seinen Kenntnissen zu eingenommen. Felkin sehr lieb, aber sehr jung, und Lichtfield mir nicht nähergetreten. Buchta hat seine Eigenheiten — dafür ist er Deutscher, aber herzensgut. Nur einmal aufgesessen und um 10 ½ Uhr vormittags in Gondókoro angekommen, wo ich einige Leute einzuschiffen habe. Noch immer sind die Zitronenbäume voll behangen! Nach halbstündigem Aufenthalt Abreise nach Ladó, wo wir um 1 Uhr nachmittags anlangen. Dampfer „SCHIBBIN“ ist vorgestern abgereist. Eine Menge Geschäfte.

      8. November, Freitag. So sind denn all meine Mühen unnütz gewesen! Von Station Kissúga aus hat man Kabrega's Leute angegriffen, viele von ihnen getötet, und auch von unseren Soldaten sollen mehrere getötet und gefangen sein. Meine an ihn gesandten Briefe sind zurückgewiesen, und jede Verbindung mit uns ist abgebrochen sowie das Bestehen unserer Stationen im Sudan neuerdings in Frage gestellt! Und das alles meinen Ordern zum Trotz! Meine Hände sind gebunden durch Gordon's unsinnige Order (Gordon hatte Befehl gegeben — wahrscheinlich schon bei Emin's Ernennung oder in einem der erwähnten späteren Briefe —, alle Stationen südlich von Dufild aufzugeben, also auch Lazuka. Emin demonstrierte gegen diesen Befehl, so dass Gordon (Nach Vita Hassan I, 42) Gessi beauftragte, die Räumung zu bewerkstelligen. Sobald Gordon den Dienst verlassen hatte, sollen nach Vita Hassan die Stationen wieder besetzt worden sein.) für mich, nicht weiter als bis nach Dufilé südwärts zu gehen. Übrigens hat auch hier wieder Kabrega seine bona fides bewährt, weil er die Soldaten, die doch in seiner Hand waren, ungehärmt nach Magúngo zurückgesandt, statt sie, wie Mtesa wahrscheinlich getan hätte, zu töten. Ich bin hier recht überflüssig...

      9. November, Sonnabend.