Lucia Bolsani

Vico - Il Conte


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landet direkt vor meinen Augen auf dem Tisch.

      »Timo«, nörgelt ER. »Also wirklich. Dein Benehmen lässt zu wünschen übrig. Schau nur, sie weint, weil du es ihr nicht ordentlich besorgt hast!«

      Timo faucht verärgert, dann packt er mich am Nacken, reißt meinen Kopf hoch und schmettert mein Gesicht auf den Tisch. Ein unschönes Knacken, als die Nase bricht. Mir wird erneut schwarz vor Augen, ehe der Schmerz in meinem Gesicht mich wieder in die scheußliche Realität zurückholt. Ich schmecke Blut.

      »Timo! Was bist du nur für ein ungezogener Junge. Blutflecken gehen so schlecht raus. Was mache ich nur mit dir? Aber du wirst es später wiedergutmachen, eh?«

      »Si signore«, sagt Timo mit dünner Stimme, die ersten Worte, die ich von ihm höre.

      »Ach, Timo, schau nicht so missmutig drein. Du weißt doch, dass ich niemand sonst bemühen kann«, sagt ER heuchlerisch. »Und du tust es doch gern, eh? Aber genug davon! Ich will, dass sie unser neues Schmuckstück kennenlernt. Avanati!«

      Timo zerrt mich hoch, schleift mich noch weiter nach hinten. Ich hänge willenlos in seinen Armen, lasse mich einfach mitziehen. Jeder Schritt ist eine Qual, facht die Pein in meinem Inneren immer neu an. Dann stehen wir mit einem Mal vor einer protzigen Wasserwand. Das Plätschern gehört gar nicht zur Musik. Es kommt von diesem Wasserfall, sicher zwei oder drei Meter lang, der am Boden von einem breiten, dunklen Becken aufgefangen wird. Er ist schön. Aber was soll ich hier?

      Das wird mir klar, als Timo meinen Nacken packt und mein Gesicht in Richtung Wasserbecken drückt. Panik erfasst mich, mein Körper scheint die letzten Kraftreserven zu mobilisieren. Ich schlage um mich, doch Timos starken Armen habe ich nichts entgegenzusetzen. Ich schreie, dann tunkt er meinen Kopf auch schon in das eiskalte Nass. Wasser dringt in meine Lunge. Ich ersticke! Mein Herz wummert nur noch hilflos in der Brust. Fieberhaft rudere ich mit den Armen, doch ich merke, wie mich die Kraft verlässt.

      Dann packt mich jemand an den Haaren, reißt mich zurück und lässt mich achtlos neben das Becken fallen. Ich japse, huste, würge, versuche krampfhaft Luft in meine schmerzende Lunge zu bekommen. Meine Brust droht zu zerreißen, bis es mir endlich gelingt, einen Atemzug zu tun.

      Ich werfe den Kopf zur Seite, als ich sehe, dass Timo erneut nach mir greift. Ich will irgendetwas tun, aber ich bin zu schwach. Nicht einmal meine Arme kann ich zur Verteidigung heben. Erbarmungslos packt er mich schon wieder. Die schwache Gegenwehr scheint er nicht mal zu bemerken. Drückt mein Gesicht aufs Neue unter Wasser. Nein!

      Noch unbarmherziger ist er, als er mich abermals herausholt. Timo schüttelt mich nur kurz, ich kotze einen Schwall Wasser auf die Fliesen vor dem Becken, dann wird mein Kopf schon wieder unter die Wasseroberfläche gepresst.

      Ich wehre mich nicht mehr. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Es ist aus. Ich will sterben. Ich kann nicht mehr kämpfen.

      Doch ein weiteres Mal werde ich aus dem Wasser gezogen, lande rücklings auf dem nassen Boden. ER ist nun auch da, zusammen mit Timo starrt er auf mich herunter, als sei ich ein seltenes Insekt unter einem Mikroskop.

      Lasst mich doch! Was wollen sie denn noch? Tot oder lebendig. Macht das überhaupt einen Unterschied? Ich will nicht sterben. Und doch wünschte ich, es wäre endlich so weit. Ich halte diese Folter nicht mehr aus. Warum tun sie es nicht einfach?

      Jäh fällt es mir ein. Gnade. Ich muss um Gnade betteln! Wie bei meinem Meister. Dann werden sie von mir ab-lassen. Nur, wie ging das? Ich muss etwas machen … Füße. Nein. Schuhe! Ich muss IHM die Schuhe sauber lecken. Der Meister liebt das. ER wird es auch wollen.

      Verzweifelt versuche ich, mich aufzurichten, doch Arme und Beine wollen mir einfach nicht gehorchen. Quälend langsam rolle ich mich auf die Seite, höre, wie ER gehässig über meine Mühe lacht. Aber ER ist nicht weit weg, ich kann es schaffen. Schon geraten seine glänzenden Lederslipper in mein Blickfeld, aber dann bewegt er sich ein Stück von mir weg. Will es mir nicht zu leicht machen. Ich schiebe mich weiter über den nassen Boden.

      »Sieh nur, Timo, du hast dein Spielzeug schon kaputt gemacht.«

      Nicht rausbringen lassen. Gleich bin ich da. Was wollte ich mit den Schuhen? Küssen. Nein. Lecken!

      »Aber etwas könntest du doch noch für mich tun, troietta

      Ich halte inne. Was? Irgendwie schaffe ich es, meinen Kopf zu heben.

      »Gnade!«, krächze ich.

      »Du könntest D’Vergy eine Botschaft überbringen«, sagt ER ungerührt.

      Ja, ja, ja! Was immer ER will. Ich kann auch noch etwas über den Fremden erzählen. Wenn sie mich dann nur in Ruhe lassen. Nur … was war es? »Ja«, wimmere ich, und dann schaffe ich es endlich, lecke über die Sohlen seiner Schuhe. »Danke, danke, danke.«

      »Timo.« Ganz kalt klingt ER jetzt. Aber wie lautet denn die Botschaft? Ich muss doch wissen, welche Nachricht ich überbringen soll.

      Doch da hat Timo mich schon wieder gepackt, zerrt mich zurück zu dem dunklen Wasserbecken. Aber …?

      Mein Körper bockt herum, ahnt, worauf das hinausläuft, versucht ein letztes Mal zu verhindern, was nun passiert, doch gnadenlos wird mein Kopf wieder unter Wasser gepresst. Hilfe! Doch es ist sinnlos. Timo ist viel zu stark. Meine Beine zucken. Meine Arme rudern haltlos durch die Luft.

      Vergeblich.

      Alles wird schwarz.

      Dunkel.

      Still.

      Totenstill.

      Und kalt.

      Eiskalt.

      Oder?

      Da ist ein Licht. Ein heller, warmer Stern. Jemand ruft.

       Nina.

      Glockenhelle Stimmen sind das. Ein ganzer Chor.

       Komm, Nina!

      Ich drehe mich ein letztes Mal um. Ich schwebe! Ganz hoch oben schwebe ich schon. Unter mir steht ein Mann, eine Hand auf seine Hüfte gestützt, eine Faust reckt er triumphierend in die Luft. Da ist noch ein Mann. Kniet vor dem Siegertyp, presst das verunstaltete Gesicht an seinen Schoß. Neben den beiden eine Frau, von der Hüfte ab nackt und blutverschmiert, ihr Kopf liegt in einem dunklen Becken, das blonde Haar treibt weit aufgefächert auf dem Wasser. Ein scheußliches Bild. Irgendetwas ist auch falsch an dem Bild, doch ich komme nicht darauf, was es ist. Eine Hand der Frau zuckt noch. Ich schüttle bedauernd den Kopf. Ich kann ihr nicht helfen. Will ihr nicht helfen. Ich kann nicht mehr. Ich wende mich ab.

      Nina!, ruft der Chor und langsam gehe ich auf den hellen Stern zu.

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