Michael Schenk

Star-Liner


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Wirtschaftskonzerne stehen in erbitterter Konkurrenz zueinander. Zwar hört man in den Medien nichts davon, da sich die Beteiligten darin einig sind, solche unschönen Ereignisse unter den sprichwörtlichen Teppich zu kehren, aber man kämpft mit harten Bandagen. Wirtschaftsspionage, Bestechung, sogar Mord und Überfälle sind keine Seltenheit. Meint zumindest unser Freund Krueger, der Leiter vom Sky-Marshal-Service“, schränkte sie ein. „Doch Beweise gibt es nur selten, denn die halten alle, wie schon gesagt, dicht und hängen ihre Differenzen nicht an die große Glocke. Ein schöner Tummelplatz für Söldner, die es mit Recht und Gesetz nicht so genau nehmen.“ Sie sah ihren Vater ernst an. „Warum verbietet der hohe Rat des Direktorats diese Organisation nicht einfach?“

      „Keine ausreichenden Beweise“, erwiderte er trocken. „Übrigens ist Krueger gegen ein Verbot. Er meint, wenn diese Söldnertruppen in den Untergrund gehen, dann wird es noch schwieriger, sie im Auge zu behalten. Andererseits weiß CoBRA natürlich, dass der S.M.S und dessen Marshals sie auf der Liste haben.“

      „Nach außen ist CoBRA eine Art von gemeinnütziger Organisation“, seufzte Joana, „und sie genießt einige Unterstützung im hohen Rat.“

      „Bedauerlicherweise“, knurrte er und die Frustration in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Diese ‚koloniale Flotte‘ aus ehemaligen Piratenschiffen verfügt zum großen Teil über Besatzungen, die von CoBRA gestellt werden.“

      Sie erbleichte ein wenig. „Das wusste ich nicht. Grundgütiger, Dad, befürchtest du nicht, dass …“

      Er hob die Hand und würgte ihre Worte ab. „Spekulieren wir nicht über einen zweiten kolonialen Krieg, Liebes. Wir beobachten die Aktivitäten in den Kolonien, so gut es eben geht. Der Sky-Marshal-Service hat ein paar Agenten dort und wir haben die Routen unserer Raumpatrouillen umgestellt. Sollte es zu einer ungesetzlichen Aktion kommen, dann sind wir hoffentlich vorbereitet.“

      „Und ausgerechnet jetzt willst du mich in Urlaub schicken? Vergiss es!“, wiederholte sie entschlossen. „Außerdem gehöre ich ja wohl zu den Wenigen, die eine gewisse Erfahrung mit den Söldnertruppen der CoBRA haben. Du brauchst mich, Dad.“

      „Vor allem brauche ich dich frisch und ausgeruht und notfalls werde ich dir doch befehlen, ein paar Wochen auszuspannen.“ Sein Blick war eindringlich. „Muss ich zu diesem unschönen Mittel greifen oder begreifst du in deinem Dickkopf, dass ich Recht habe?“

      „Kann ich mir wenigstens aussuchen, wo ich Urlaub mache?“

      Er strich sich nachdenklich über einen seiner Zöpfe und schüttelte dann lächelnd den Kopf. „Ich kann mir schon denken, dass du unsere Basis wählen würdest, mit netten kleinen Ausflügen auf die Trafalgar … Nein, Liebes, ich möchte dich möglichst weit entfernt von allen dienstlichen Dingen wissen. Mein persönlicher Adjutant, Commodore Faso, hat etwas Passendes für dich gefunden.“

      Joana kannte und schätzte den Commodore sehr, doch sie mochte es absolut nicht, wenn man ihr, außerhalb des Dienstes, Vorschriften machte. „So, so, Faso hat etwas Passendes gefunden …“

      „Du wirst eine nette kleine Kreuzfahrt machen, Liebes. An Bord des Touristenschiffes Star-Liner für vier Wochen die Sehenswürdigkeiten im Gebiet des Direktorats bestaunen. Ich bin mir sicher, dass du dich prächtig erholen wirst.“

      „Ich könnte auch zur Erde fliegen“, wandte sie ein. „Wir Indianer haben ja die Erlaubnis des hohen Rates, unsere alten Traditionen zu pflegen und eine Büffeljagd im Gebiet der Black Hills …“

      Erneut wurde sie von ihm unterbrochen. „Die Kreuzfahrt ist bereits gebucht. Wenn du hinausgehst, dann hält Faso schon alle Broschüren und das Ticket in tetronischer Form für dich bereit.“

      Vier Wochen Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff. Im Grunde freute sich Joana darüber, wäre da nicht das schlechte Gefühl gewesen, ihre Truppe und, vor allem, ihren Vater im Stich zu lassen. Andererseits hatte er sicherlich nicht unrecht. Sie und viele andere fühlten sich erschöpft und ausgebrannt, nach den Monaten der gefährlichen Auseinandersetzungen im Krieg zwischen Norsun und Negaruyen.

      Die Anspannung aufgrund dieses Konfliktes fiel nun von ihnen allen ab, doch zugleich taten sich andere Unsicherheiten auf.

      Würden sich die Negaruyen der verborgenen Welt an die Übereinkunft halten? Würden die Norsun an deren Vernichtung glauben und ihre Präsenz im Direktoratsgebiet der Menschheit künftig auf Handelsbeziehungen beschränken? Gab es eine erneute Separatistenbewegung in den Kolonien und bedrohte diese das Direktorat? Wie ging es mit dem Wiederaufbau und Erstarken der Streitkräfte weiter? Welche noch unbekannten Gefahren lauerten im Weltraum auf die sich ausdehnende Menschheit?

      Joana stieß einen vernehmlichen Seufzer aus. Es war ihr nicht möglich, diese Fragen zu beantworten und, genau genommen, gab es wohl keinen Menschen, der dazu in der Lage wäre. Ihr Vater hatte recht. Es würde keinen großen Unterschied machen, ob sie in den kommenden Wochen ihren Dienst versah oder ihren Urlaub nahm. Vielleicht war die Entspannung im Urlaub auch nützlich, brachte sie auf andere und neue Gedanken. Manche Probleme ließen sich leichter lösen, wenn man sie mit einem gewissen Abstand sah.

      „Also gut, Dad, ich nehme den Urlaub und mache die Kreuzfahrt. Kann ich mir meine Begleitung selbst aussuchen?“

      Er lachte erleichtert. „Kein Personal der Streitkräfte, Joana. Du sollst dich erholen, Neues entdecken und nicht mit Offizierskameraden fachsimpeln. Keine Sorge, Liebes, die Reise wird dir gefallen. Und nun wünsche ich, dass du zu Faso gehst, deine Unterlagen holst und mit dem nächsten Langstrecken-Shuttle zum Mars fliegst. Übermorgen startet die Star-Liner zu deiner Kreuzfahrt.“

      Sie umarmten sich und waren dankbar für die tiefe Liebe, die Vater und Tochter füreinander empfanden.

      Dann verließ Joana den Raum und wandte sich lächelnd Commodore Faso zu, der sie bereits zu erwarten schien. „Hallo, Faso, Dad sagt, du hättest ein Ticket für mich.“

      Kapitel 3 Freunde und mehr

       Unterkunft von Joana Redfeather, Sky-Base Arcturus

      Captain Jerome Kelly trug den schlichten Einteiler der Borduniform, der sich mit wenigen Handgriffen und dank der im Kragen zusammengelegten Transparentfolie in einen leichten Raumanzug umwandeln ließ. Vor wenigen Minuten war er in die Unterkunft von Joana gekommen und sah ihr ein paar Momente schweigend zu, wie sie zwei kleine Koffer für ihren Urlaub packte.

      Jerome befehligte den „C“-Troop der fünften Raumkavallerie und fungierte zugleich als Joanas stellvertretender Bataillonsführer. Wegen seines gelegentlich breiten Slangs konnte er seine texanischen Vorfahren nicht leugnen und er war ein ebenso erstklassiger Kamerad und Offizier wie zugleich ein treuer Freund.

      Jerome lag so einiges auf der Zunge, doch er wusste nicht recht, wie er dies formulieren sollte. So brachten seine ersten Worte eher seine Verlegenheit zum Ausdruck. „Ich wusste gar nicht, dass du so viele zivile Klamotten zum Einpacken hast.“

      Sie faltete ein modisches Kleid, welches kaum mehr als aus einem Hauch von Stoff bestand. „Das meiste habe ich vorhin in unseren Boutiquen in der Einkaufspassage erworben. Angeblich der neueste Schrei auf dem Mars.“

      „Ich würde auch schreien, wenn du das Ding trägst“, murmelte er.

      „So hässlich?“

      „Gosh, nein. Du siehst sicher fabelhaft darin aus“, entgegnete er hastig. „Aber wenn man dich nur in Dienstkleidung kennt, dann ist dieser Hauch von Nichts einfach atemberaubend.“

      Joana lächelte ihn an. „Eine Mischung aus organischen Pflanzenfasern und so genanntem Trans-Flex-Stoff.“

      „Kenne ich nicht“, gab er zu.

      „Das Zeug wechselt, je nach Lichteinfall, die Farbe und unter bestimmten Voraussetzungen wird es sogar für ein paar Augenblicke vollkommen transparent.“

      „Nett“, meinte er leicht errötend. „Überall?“

      „Nun,