Michael Schenk

Star-Liner


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nickte lächelnd. „Ja. Die Paradeuniform. Für das Captain´s Dinner. Die einzige Gelegenheit, bei der ich im Urlaub ein wenig mit meinen Verdienst- und Kampfspangen angeben kann.“

      Er räusperte sich. „Waffen?“

      „Dann würde Dad mich kielholen.“ Ihr Lächeln vertiefte sich. „Nicht einmal eine kleine Nadelpistole. Aber es ist eine Urlaubsreise, Jerome, keine Kampfmission.“

      „Dennoch gefällt mir nicht, dass du alleine unterwegs bist.“

      „He, Captain Kelly, ich bin schon ein großes Mädchen, okay?“

      „Trotzdem mache ich mir Sorgen“, gab er verlegen zu. „Ich könnte ein paar gute Leute für dich abstellen. Galley, Riordan, Basari und Bear könnten ebenfalls etwas Urlaub gebrauchen.“

      „Und du sicher auch.“

      „Jetzt, wo du es sagst …“

      Joana schloss eine der Reisetaschen und musterte Kelly nachdenklich. Der „Texaner“ war nur mittelgroß, hatte tiefschwarzes Haar und braune Augen. Er trug einen sauber gestutzten Bart, der seinen Mund umrahmte. Er war nicht unbedingt eine Schönheit, aber durchaus attraktiv. Kelly hatte keine feste Beziehung, wenn man von seiner Leidenschaft zur Truppe absah. Für Joana war Jerome ein Freund und so etwas wie ihr Bruder. Manchmal spürte sie, dass er weitaus mehr für sie empfand. Die Statuten der Streitkräfte des Direktorats duldeten durchaus Beziehungen innerhalb der Truppe, auch wenn man sie nicht unbedingt begrüßte. Eine Liebesbeziehung konnte zu leicht Einfluss auf das Verhalten im Einsatz nehmen. Dies war vielleicht auch der Grund, warum Joana bislang kein Mehr an Gefühlen zu Jerome zugelassen hatte.

      „Tut mir leid, Jerome, aber Dad hat seine Trumpfkarte ausgespielt.“

      Er tippte auf eine seiner Schultern, auf der das Rangabzeichen zu sehen war. „Die da?“

      Sie zuckte lächelnd mit den Achseln. „Kein Kontakt mit Militärpersonal irgendwelcher Art auf meiner Reise.“

      Sein missbilligendes Schnauben verriet zu Genüge, was er davon hielt. „Es gibt Leute die dem Direktorat und seinen Streitkräften nicht unbedingt wohlgesonnen sind. Leute, denen du aus den Medien sehr gut bekannt bist.“

      „Keine Sorge, Commodore Faso hat dafür gesorgt, dass ich unter anderem Namen reise.“

      „Deinen Namen magst du ändern, aber nicht deine biometrischen Daten“, gab er zu bedenken. „Es braucht nur zufällig der Falsche dein hübsches Gesicht erkennen und dann kann niemand sagen, wie es noch um deine Sicherheit bestellt ist.“

      Sie trat zu ihm und strich ihm sanft über eine Wange. „Ich weiß, dass du dich sorgst, alter Freund, und dafür danke ich dir, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass ich diese Kreuzfahrt antreten werde.“

      Er erwiderte ihren Blick und legte seine Hand sanft über die ihre. „Ich könnte es schaffen, dass Bear heimlich an Bord geht. Du weißt, Bear ist ein lebender Kampfpanzer und …“

      „Jerome!“ Ihre Stimme nahm einen leicht verärgerten Klang an. „Fang nicht an zu fantasieren und mach uns den Abschied nicht so schwer. Verdammt, Captain Kelly, es ist doch nur für ein paar Wochen und ich erwarte, dass du mir bei meiner Rückkehr das Bataillon in erstklassiger Verfassung übergibst. Haben wir uns da verstanden, Mister Kelly?“

      „Gosh“, fluchte er leise, „ist es wirklich nötig, dass du jetzt den Major heraushängst?“

      „Natürlich nicht.“ Sie klang nun wieder versöhnlich und zog den Verschluss der zweiten Tasche zu. „Grundgütiger, Jerome, ich bliebe auch lieber bei der Truppe.“

      „Ich weiß“, lenkte er ein. „Verdammt, Lady, gib auf dich acht. Ich und unsere Trooper erwarten, dich gesund und munter wiederzusehen.“

      „So soll es sein.“

      Sie reichten sich die Hände, doch dann nahm Joana ihn kurz in die Arme, bevor sie sich wieder von ihm löste. „In ein paar Wochen sehen wir uns wieder.“

      „Sicher“, brummte er. „Äh, wenn es möglich ist, dann lass ab und an von dir hören, damit wir wissen, dass es dir gut geht.“

      Sie nickte ihm zu, nahm ihre Taschen auf und begab sich zur Tür. Jerome war ganz Kavalier, drückte den Öffner und nahm ihr das Gepäck ab. „Wenn ich schon nicht mitreisen kann, so bringe ich dich wenigstens zum Shuttle.“

      Eine knappe Stunde später legte das Langstrecken-FLV von der Sky-Base ab und beschleunigte auf Lichtgeschwindigkeit, um in den Nullzeit-Sturz zum Mars zu gehen.

      Kapitel 4 Die I.T.T. Star-Liner

       Central Star-Port, Mars, solares System

      Das Langstrecken-FLV gehörte zu jenen Fast Landing Vehicles, welche die Sky-Navy nach der Rettungsmission für die Hanari nicht mehr benötigt und an Privat zum Kauf angeboten hatte. Die ehemaligen Landungsboote waren eine willkommene Gelegenheit, um kostengünstig in die interstellare Raumfahrt einzusteigen. Man schnitt die fünfundfünfzig Meter langen Boote in der Mitte auseinander, fügte dort eine Verlängerung ein, die den Hiromata-Nullzeit-Antrieb und dessen Energieversorgung enthielt, und baute die im Heck befindliche Ladebucht nach eigenen Bedürfnissen um. So dienten nun Hunderte modifizierter FLVs dem interstellaren Personen- oder Frachttransport.

      Joana Redfeather war oft an Bord militärischer FLVs gewesen und der Flug in dem zivilen Langstrecken-Shuttle gab ihr einen Vorgeschmack, was sie in ihrem Urlaub erwartete. Hier gab es keine Hartschalensitze mit Ankerpunkten für die Kampfanzüge, sondern bequeme Polster mit Massagefunktion. Auf einem Holo-Vid-Schirm wurden Werbeclips für Kreuzfahrten gezeigt und zwei aufmerksame Flugbegleiter sorgten sich um das Wohl der Passagiere.

      Der für Joanas Empfinden luxuriöse Flug währte jedoch nur vierundzwanzig Stunden. Beschleunigen auf Lichtgeschwindigkeit, die Ausführung des Nullzeit-Sturzes ins solare System, dort abbremsen von Lichtgeschwindigkeit und Anpassung an die Umlaufbahn des Mars, wo sich das Ziel befand.

      Der Mars war nach der Evakuierung der Erde zum Hauptplaneten des Direktorats geworden. Noch immer zeigten sich die Narben des Großangriffs der Negaruyen der verborgenen Welt. Mars Central City und andere Städte hatten gelitten, Industrieanlagen und die Akademie der Sky-Navy waren zerstört und hastig wieder errichtet worden. Zwei der orbitalen Werften waren vernichtet worden und die verbliebenen drei Anlagen arbeiteten unter Hochdruck.

      Die anderen von Menschen besiedelten Welten hatten nur wenig vom Krieg erlebt. Sie waren fast alle von Angriffen verschont geblieben und kannten Not und Leid nur aus den Berichten der interstellaren Medien.

      Die Menschen versuchten die grausamen Erlebnisse zu vergessen und stürzten sich nicht nur in den Wiederaufbau, sondern auch alle Arten von verfügbaren Vergnügungen. Der Tourismus boomte. Im Orbit um den Mars schwebte einer der größten Star-Ports der Menschheit. Er hatte Ähnlichkeit mit der Sky-Base Arcturus, auch wenn die wenigen Verteidigungsanlagen hier besser verborgen waren und fast ausschließlich zivile Schiffe verkehrten. Hierzu gehörten die kleinen FLVs ebenso wie Modul-Frachter, verschiedenste Zivilschiffe oder die großen Kreuzfahrer.

      Allein das Unternehmen „My Starship“ verfügte über ein Dutzend Interstellarschiffe, von denen jedes Tausende von Menschen an Bord nehmen konnte. Joana war erleichtert, dass sie ihre Reise auf einem deutlich kleineren Schiff antreten würde.

      Während ihr Shuttle dem Andocken am Star-Port entgegenflog, bekam sie die I.T.T. Star-Liner erstmals zu Gesicht.

      Im Gegensatz zu den großen Kreuzfahrtschiffen, die nicht auf einem Planeten landen konnten und daher auf Beiboote angewiesen waren, war die Star-Liner für Landungen konstruiert worden. Ihr schlanker und aerodynamischer Rumpf schien relativ breit und flach und fungierte zugleich als Tragfläche. Stummelflügelartige Ausleger unterstützten die Flugeigenschaften und dienten zugleich der Steuerung. Ein starkes All-Atmosphären-Triebwerk, die überdimensionierte Ausgabe jener der FLVs, sorgte dafür, dass eine Lufthülle beim Flug