Henry Morton Stanley

Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika


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      Dr. Parke hat mit der Impfung der sämtlichen am Bord befindlichen Leute sehr viel zu tun gehabt. Glücklicherweise hatte ich nach den früher gemachten bösen Erfahrungen zu diesem Zwecke einen großen Vorrat von Lymphe besorgt.

      Wir teilten unterwegs die Leute in 7 Kompanien von je etwa 90 Mann ein.

      Ich habe meinen Agenten beauftragt, 200 Lasten verschiedener Waren der Expedition nach Msalala am Südende des Victoria-Sees entgegenzuschicken; dieselben werden ungefähr im Oktober oder November 1887 abgehen und im Februar oder März 1888 in Msalala eintreffen, da wir, wenn alles nach meinen Wünschen geht, nicht allzulange nach dem genannten Tage in der Nähe dieses Ortes eintreffen werden.

      Seitdem ich von Aden abgereist bin, habe ich mich in Gesellschaft meiner Offiziere befunden und sie in der Stille beobachtet. Ich werde Ihnen skizzieren, wie dieselben mir bis jetzt vorgekommen sind.

      Major Barttelot ist etwas zu eifrig und muss gezügelt werden. Es steckt Überfluss von Arbeit in ihm, was eine höchst schätzenswerte Eigenschaft sein würde, wenn sie stets auf die erteilten Befehle Rücksicht nähme. Am wertvollsten würde für mich ein Mann sein, welcher Barttelot's Mut und Trieb in sich hätte, aber mich kennen und fragen würde, ob diese oder jene Arbeit nicht getan werden müsste. Ein solches Verhalten erfordert Nachdenken und Bereitwilligkeit nebst dem gehörigen Respekt.

      In Mounteney Jephson steckt sehr viel, obwohl er für weibisch gehalten wurde. Er wird tatsächlich wild, wenn er gereizt wird, und seine Züge werden gefährlich fest und bestimmt. Ich beobachtete ihn während des jüngsten Kampfes an Bord und war nahe daran ihm „Bravo, Jephson!“ zuzurufen, obwohl ich selbst meinen Knittel schwingen musste, der, wie die Sansibariten sagen, so groß wie ein Mast ist. Sein Verhalten war höchst wacker und mutig. Wenn er lange genug bei dieser Expedition bleibt, wird er entweder ganz tüchtig sein oder Schaden nehmen.

      Kapitän Nelson ist ein guter Junge und ohne das Gespenst eines Steckenpferdes; er bleibt sich überall und zu jeder Stunde gleich.

       Stairs, vom königlichen Ingenieurcorps, ist ein prächtiger Mensch; er gibt sich Mühe, ist bereitwillig, aufmerksam und fleißig, ein unschätzbares Mitglied unsere Stabes.

      Jameson ist noch immer der nette Bursche, der er früher war. In ihm hat sich keine Spur verändert; er ist verträglich und gut.

      Bonny ist Soldat. Er ist kein Neuling und scheint sich unter der Fuchtel eines strengen Kriegsmanns befunden zu haben.

      16. März 1887.

      In Kapstadt sagte Tippu-Tib, nachdem er die Prosperität und das geschäftige Leben in der Stadt bemerkt und die Geschichte derselben von mir gehört hatte, er hätte früher geglaubt, dass alle Weißen Narren seien.

      „Wirklich“, erwiderte ich, „weshalb denn?“

      „Das war meine Ansicht.“

      „In der Tat! Und was halten Sie jetzt von ihnen?“ fragte ich.

      „Ich glaube, es steckt etwas in ihnen und sie sind noch unternehmender als die Araber.“

      „Was veranlasst Sie, dies zu glauben, und namentlich jetzt?“

      „Nun, ich und meine Freunde haben uns diese Stadt, die großen Schiffe und Hafendämme angesehen und gefunden, um wie viel besser diese Dinge sind im Vergleich zu denen in Sansibar, das vor der Erbauung dieser Stadt von den Portugiesen erobert worden ist, und ich habe mich gewundert, weshalb wir es nicht ebenso gut hätten machen können, wie die Weißen. Ich fange an zu glauben, dass sie sehr gescheit sein müssen.“

      „Wenn Sie das erst entdeckt haben, Tippu-Tib, dann sind Sie auf dem besten Wege, noch mehr zu entdecken. Die Weißen müssen erst sehr viel studiert werden, ehe man dieselben vollständig zu begreifen vermag. Schade, dass Sie niemals zum Besuch nach England gekommen sind.“

      „Ich hoffe, vor meinem Tode noch hinzugehen.“

      „Seien Sie uns auf dieser langen Reise treu, dann werde ich Sie hinbringen und Sie sollen mehr sehen, als Sie sich jetzt träumen lassen.“

      „Inschallah! Wenn es Allahs Wille ist, werden wir zusammen hingehen.“

       Am 18. März lief der Dampfer „MADURA“ in die Kongomündung ein und ließ etwa 200 m gegenüber der sandigen Landspitze, Banana genannt, den Anker fallen.

Grafik 4

      Wenige Minuten später befand ich mich bei Herrn Lafontaine Ferney, dem Hauptagenten der Holländischen Gesellschaft, an den unser Dampfer konsigniert war. Infolge einer Verzögerung hatte Herr Lafontaine Ferney noch nicht erfahren, dass wir schon so früh einzutreffen beabsichtigten. Jeder schien überrascht zu sein, da man uns nicht vor dem 25. erwartet hatte, allein dieser glückliche Zufall war einzig und allein dem Kapitän und unserm guten Dampfer zu verdanken. Indessen gelang es mir, ein Abkommen zu treffen, nach welchem der der Holländischen Gesellschaft gehörende Dampfer „K. A. NIEMAN“, der nach einem netten, vor kurzem in S. Paolo de Loanda verstorbenen, jungen Manne benannt war, mir zur Beförderung von 230 Mann nach Matadi am nächsten Tage zur Verfügung gestellt wurde.

      Bei der Rückkehr zum Schiffe sah ich meine Offiziere zwei englische Händler umstehen, welche zur Britischen Kongo-Gesellschaft in Banana gehören. Dieselben erzählten unangenehme Dinge über den Zustand der Dampfer des Kongostaates. „Dort am Lande liegt jetzt ein Stück von dem „STANLEY“, das Ihnen einen Begriff von dem Dampfer geben wird. Der „STANLEY“ ist, wie wir hören, vollständig Wrack. Aber wie wollen Sie vom Pool weiter kommen? Der Staat hat keinen einzigen Dampfer in Betrieb. Dieselben sind sämtlich ans Ufer gezogen zur Reparatur, die Monate dauern wird. Wir begreifen nicht, wie Sie in weniger als sechs Wochen von hier fortkommen wollen! Sehen Sie dort den großen Dampfer auf der Sandbank! Derselbe ist soeben von Europa gekommen, der Narr von einem Kapitän ließ ihn auf den Strand laufen, anstatt auf den Lotsen zu warten. Das Schiff hat die einzelnen Teile eines Dampfers im Raum. Die beiden Staatsdampfer „HERON“ und „BELGIQUE“ müssen natürlich jenes Schiff erst wieder abschleppen. Sie sind wirklich in einer netten Lage, das können wir Ihnen versichern.“

       Selbstverständlich waren diese Nachrichten für unsere Offiziere höchst entmutigend, und zwei von ihnen beeilten sich, auch mir den Trost dieser Unglücksbotschaften zu bringen. Sie waren mit den Manieren der „Eingeborenen“ am Unterkongo nicht so wohlvertraut wie ich, und ich wunderte mich nur, dass ihre neuen Bekanntschaften sie nicht höflich zur Begleitung nach dem Friedhofe aufgefordert hatten, um die ausgezeichnete Genugtuung zu haben, ihnen die gemalten hölzernen „Denksteine“ zu zeigen, welche den Tod so vieler prächtigen jungen Leute melden, die einst ebenso viel versprachen wie sie.

      Ich wandte mich an den Agenten der Britischen Kongo-Gesellschaft und bat ihn um die Erlaubnis, seinen Dampfer „ALBUQUERQUE“ chartern zu dürfen. Der Herr gab freundlichst seine Zustimmung, sodass uns Transportgelegenheit für 140 Mann und 60 Tonnen Ladung gesichert war. Dann bat ich ihn und seine Freunde um ihre Vermittlung betreffs Charterung des großen Raddampfers „SERPA PINTO“, und da ihre Bemühungen vollständig erfolgreich waren, wusste ich noch vor Abendwerden, dass wir Banana Point am nächsten Tage mit 680 Mann und 160 Tonnen Ladung verlassen würden. Der dem Staate gehörende Dampfer „HERON“ würde, wie man mir sagte, nicht vor dem 20. abfahren können.

      Am 19. März verließen die Dampfer „K. A. NIEMAN“, „ALBUQUERQUE“ und „SERPA PINTO“ Banana Point, und vor Abend waren dieselben bei Ponta da Lenha verankert. Am nächsten Tage fuhren die ersteren beiden Dampfer direkt hinauf nach Matadi, während der „SERPA PINTO“ an dem Hafendamm in Boma anlegte, damit ich eine offizielle Ankündigung der Tatsache, dass der neue Gouverneur der Stanley-Fälle sich am Bord befinde, ans Land schicken und einen kurzen Besuch von zwei Mitgliedern des mit