einstellten und der Luila, in dessen Nähe wir das Lager aufgeschlagen hatten, gefährlich reißend geworden war.
Am 20. April erreichten wir das Dorf Makoko's. Wir bemerkten, dass die Sansibariten rasch schwächer wurden. Sie hatten in der letzten Zeit von verkürzten Rationen leben müssen, und ihre Gewohnheit, den Maniok roh zu verzehren, erwies sich als von sehr verderblichen Folgen. Ein Pfund Reis täglich ist für Leute, welche arbeiten müssen, keine große Ration, allein wenn sie mit dieser knappen, aber gesunden Nahrung eine Zeit lang zufrieden gewesen wären, würden sie allerdings nicht in einem kräftigen Zustande geblieben sein, sicherlich aber weniger unter Krankheit zu leiden gehabt haben. Während des Marsches vom Unterkongo hatten wir bis zu diesem Tage 12.500 kg – nahezu 13 Tonnen – Reis verzehrt, sodass die Hilfsquellen der ganzen Gegend stark in Anspruch genommen waren, um für diesen Extravorrat Träger zu erhalten. Die Flucht der Eingeborenen aus der Nähe der öffentlichen Straßen und unsere Befürchtungen, dass die Sansibariten Räubereien begehen möchten, wenn wir sie in größerer Entfernung von dem Lager furagieren ließen, waren der Hauptgrund davon, dass sie die giftigen Maniokknollen herausrissen und sich Krankheit und Elend zuzogen. An diesem Tage waren etwa 100 Mann nicht als Soldaten oder Träger zu verwenden.
Bei unserer am 21. April zur größten Freude aller erfolgten Ankunft in Leopoldville war eine meiner ersten Entdeckungen, dass der „STANLEY“, ein kleiner Leichter, unser Stahlboot „ADVANCE“ und der Missionsdampfer „PEACE“ die einzigen Fahrzeuge waren, welche für den Transport der Expedition zur Verfügung standen.
Ich füge hier einige Aufzeichnungen aus meinem Tagebuche ein:
Leopoldville, 22. April. Wir befinden uns jetzt 555 km vom Meere angesichts des Stanley-Pool, und vor uns liegt der Fluss, der 1.800 km, bis hinauf nach Jambuja, von wo ich den Landmarsch nach dem Albert-See wieder aufzunehmen beabsichtige, frei von Stromschnellen ist.
Heute erhielt ich den Besuch der Herren Bentley und Whitley. Wir sprachen über den „PEACE“, und sie behaupteten, dass das Schiff vieler Reparaturen bedürfe. Ich bestand darauf, dass die Sache dringend sei, und nach langer Beratung kamen sie endlich zu der Überzeugung, dass die Reparaturen bis zum 30. April beendet werden könnten.
Nachmittags zog ich Major Barttelot und Herrn Mounteney Jephson ins Vertrauen, erzählte ihnen, in welchen Schwierigkeiten wir uns befänden, erklärte ihnen meine Ansprüche auf die Rücksicht der Missionare, sowie die Notwendigkeit einer baldigen Abfahrt aus diesem nahrungsarmen Distrikt, und sagte ihnen, dass der Proviant so knapp sei, dass der Staat nur 60 volle Rationen für 146 Mann zu beschaffen vermöge; um die übrigen zu versorgen, müssten die Beamten des Staates zur Jagd auf Flusspferde im Pool ihre Zuflucht nehmen, und wir wären gezwungen, dasselbe Verfahren einzuschlagen, um mit dem Reis etwas länger auszukommen. Und wenn die Staatsbehörden für 146 Mann nur 60 Rationen beschaffen können, wie sollen wir dann für 750 Leute sorgen? Ich beauftragte sie dann, sich zu Herrn Billington und Dr. Sims zu begeben; aber da letzterer sich vergeblich um eine Stellung bei unserer Expedition bemüht hatte, sich namentlich an ersteren zu wenden und ihm die Lage der Dinge offen auseinanderzusetzen.
Sie waren etwa anderthalb Stunden fort und kehrten dann niedergeschlagen zu mir zurück – sie hatten keinen Erfolg gehabt. Armer Major! Armer Jephson!
Herr Liebrechts, welcher früher in Bolobo unter meinem Befehle Dienste am Kongo getan hatte, war jetzt Gouverneur des Stanley-Pool-Distrikts. Er speiste abends bei mir und hörte den Bericht, den Major Barttelot und Herr Mounteney Jephson mir erstatteten. Wir verschwiegen ihm nichts, doch war ihm manches schon bekannt. Er war mit unseren Ansichten über die Lage vollständig einverstanden und gab zu, dass hier eine große Dringlichkeit vorliege. Jephson sagte: „Ich stimme dafür, dass wir den ‚HENRY REED‘ wegnehmen.“
„Nein, Freund Jephson; wir dürfen nicht vorschnell handeln. Wir müssen Herrn Billington Zeit lassen zur Überlegung; er wird sicherlich wissen, wie viel seine Mission mir verdankt, und keine Schwierigkeiten machen, sondern mir seinen Dampfer für das Doppelte des Preises, den der Kongostaat ihm bezahlt hat, vermieten. Diejenigen, welche von der Wohltätigkeit anderer leben, wissen natürlich nicht, wie man wohltätig sein muss. Wir wollen morgen nochmals einen Versuch machen, und ich werde dann eine noch formellere Anfrage stellen und liberale Bedingungen anbieten; überlässt man uns dann den Dampfer nicht, so müssen wir überlegen, was unter diesen Umständen weiter geschehen kann.“
23. April. Heute Morgen war ich mit verschiedenen wichtigen Angelegenheiten beschäftigt. Aus allen Teilen der Umgegend kamen die Eingeborenen herbei, um unsere alte Bekanntschaft zu erneuern, und es wurde 10 Uhr, bis ich frei war.
Ngaljema hielt mich mit einer ausführlichen Geschichte über Kummer, den er geduldig ertragen, und Beleidigungen, die er ohne zu klagen hingenommen habe, ziemlich lange auf. Er beschrieb mir die Veränderungen, welche mit den Weißen vorgegangen, dass ihr Wesen in letzter Zeit immer herrischer geworden sei, und dass er und andere Häuptlinge in der Besorgnis, dass diese Veränderung nichts Gutes für sie bedeute, sich furchtsam von den Stationen entfernt hielten; die Märkte seien verlassen und infolge dessen Nahrungsmittel knapp und sehr teuer geworden.
Nachdem ich den alten Freunden mein Mitgefühl ausgesprochen hatte, rief ich Barttelot und Jephson, und las ihnen eine Aufzählung der Gefälligkeiten vor, welche wir der Livingstone-Inland-Mission erwiesen hatten. „Wenn Sie gesprochen haben, dann bitten Sie Herrn Billington im Namen der Wohltätigkeit, der Humanität und Hochherzigkeit, dass er mir gestatten möge, ihm für die Vermietung des ‘HENRY REED’ für die Dauer von 60 Tagen liberale Bedingungen anzubieten.“
Barttelot schwelgte in dem Gedanken, dass es seiner Beredsamkeit gelingen werde, den Dampfer zu erhalten, und bat, ihn noch einen Versuch auf seine Weise machen zu lassen.
„Sehr gut, Major, gehen Sie hin, und ich wünsche, dass Sie Erfolg haben mögen!“
„Ich bin überzeugt, das wird mir sehr rasch gelingen“, erwiderte der Major vertrauensvoll.
Er begab sich nach dem Missionsgebäude, und Herr Jephson begleitete ihn, um Zeuge der Verhandlungen zu sein. Bald darauf erhielt ich einen charakteristischen Brief von dem Major, der mir schrieb, er habe mit den Missionaren vergeblich verhandelt, namentlich mit Herrn Billington, aber in Anwesenheit des Dr. Sims, der auf einem Stuhl saß und sich darauf beschränkte, gelegentlich einige Bemerkungen dazwischenzuwerfen.
Leutnant Liebrechts wurde von dem Vorfall unterrichtet, worauf er selbst zu mir kam und sagte, in dieser Angelegenheit handle es sich um eine Pflicht des Staates.
Herr Liebrechts, der ohne Zweifel einer der ausgezeichnetsten Offiziere des Kongostaates ist und den schon in einem meiner früheren Werke beschriebenen hohen Charakter sich bewährt hat, widmete sich mit Eifer der Aufgabe, Herrn Billington von der Unvernunft seines Benehmens zu überzeugen und seine Halsstarrigkeit in der Weigerung, uns aus Schwierigkeiten herauszuhelfen, in welche wir durch die Schuld der Verhältnisse gelangt waren, zu beseitigen. Den ganzen Tag ging er hin und her, sprach, erklärte und verhandelte, bis es ihm nach zwölf Stunden endlich gelang, Herrn Billington zur Zulassung der Vermietung des Schiffes zu den angebotenen liberalen Bedingungen zu veranlassen, nämlich 100 Pfd. St. monatlich.
24. April. Wir musterten die Expedition und fanden, dass uns 57 Mann und 38 Remington-Gewehre fehlten. Unsere wirkliche Zahl beträgt jetzt 737 Mann und 496 Gewehre. An Haumessern, Äxten, Schaufeln, Kochgeschirren, Speeren usw. haben wir mehr als 50 Prozent verloren – alles während eines 28tägigen Marsches.
Einige der Leute werden vielleicht zu ihrer Pflicht zurückkehren, aber wenn schon eine so große Zahl 5.000 km von ihrem Heimatlande davonläuft, was würden wir dann zu erwarten gehabt haben, wenn wir die Route von der Ostküste eingeschlagen hätten. Die Anführer der Sansibariten erklärten mir mit zynischer Bitterkeit, die Expedition würde sich aufgelöst haben; sie sagen: „Diese Leute von den Nelken- und Zimtpflanzungen in Sansibar sind nicht besser als Tiere – sie haben keine Spur von Gefühl. Sie verabscheuen die Arbeit, wissen nicht, was Silber ist, und haben weder Eltern noch Heimat. Diejenigen Männer, welche eine Heimat besitzen, desertieren niemals; täten sie es, so würden sie von den Nachbarn so lange verspottet werden, bis sie sich nicht mehr sehen lassen könnten.“ In diesen Bemerkungen liegt sehr viel Wahres, doch gibt