repariert war, doch vergingen noch zwei weitere Tage, bis der Dampfer seine Fahrt fortsetzen konnte.
Bereits am 10. Mai holte der „STANLEY“ den asthmatischen „PEACE“ ein und passierte zugleich mit dem „HENRY REED“ an uns vorüber. Einige Stunden später brach der „PEACE“ vollständig zusammen und wollte nicht mehr vorwärts. Wir konnten nur 30 Pfund Dampf halten und waren deshalb gezwungen, das Schiff am Lande festzulegen. Zu dieser Zeit hatte das Gesicht des Herrn Charters mehr Interesse für uns als sonst etwas in der Welt; wir horchten auf seine Worte, als ob sie ein Evangelium gewesen wären. Er war ein sanguinischer, fröhlicher kleiner Herr, der uns außerordentlichen Trost gab, da er überzeugt war, dass wir rechtzeitig in Bolobo eintreffen würden, obwohl wir nicht gerade sehr rasch vorwärts zu kommen schienen, solange wir am Ufer festlagen.
Am nächsten Tage machten wir nochmals einen Versuch; wir brachen um 4 Uhr morgens auf und waren entschlossen, uns auszuzeichnen. Eine Stunde machte der „PEACE“ sich sehr gut, endlich zeigte er aber wieder Symptome des bevorstehenden Zusammenbruchs. Der Dampf fiel immer tiefer, und da wir schließlich keine 5 Pfund mehr halten konnten, ließen wir die Anker fallen. Als unsere Lage gegen 10 Uhr vormittags hoffnungslos zu sein schien, sandte ich Herrn Ward mit dem Walfischfänger-Boot nach dem „HENRY REED“, um Beistand zu holen, und um 8 Uhr abends traf dieser ein und ging etwa 60 m von uns vor Anker, nachdem wir den ganzen Tag mitten im Strom, ungefähr 500 m von den beiden Ufern und jeder Insel entfernt stillgelegen, müßig den dunklen braunen Strom dahinfließen und nur Flusspferde, grasartige Massen, Tang und Holztrümmer hatten vorbeitreiben sahen.
Am 12. Mai trafen wir schmachvoll im Schlepptau des „HENRY REED“ in Bolobo ein.
Hat der Reisende Ujansi erreicht, dann ist etwas wie eine Hungersnot kaum möglich, denn Bolobo ist, was Mannigfaltigkeit und Überfluss an Lebensmitteln anlangt, einer der besten Häfen am Fluss. Hier, wo wir uns in einem Distrikt befanden, in welchem die Leute sich wieder erholen und das Elend der verkürzten Rationen seit der Abreise von Lukungu vergessen konnten, war also der Platz, wo unsere Expedition in zwei Kolonnen geteilt werden musste.
Da die Truppe nicht auf einmal nach dem Oberkongo befördert werden konnte, beschloss ich, die gesündesten Leute auszuwählen und nach Jambuja zu schicken, während die Schwächlichen als eine Abteilung der Kolonne des Majors Barttelot unter dem Befehl der Herren Herbert Ward und William Bonny in Bolobo zurückbleiben sollten, bis der Dampfer „STANLEY“ von Jambuja zurückkehren würde. Wir hatten noch den Ruf nach Eile, welcher uns bei der Abfahrt von England ins Ohr geklungen hatte, im Gedächtnis, und es geziemte uns daher, die Reise unter dem Gebot der Notwendigkeit so viel es die Verhältnisse gestatteten zu beschleunigen, in der Hoffnung, dass die Nachhut in 6 oder 7 Wochen unserer Route würde folgen können.
Wir suchten demgemäß 125 Mann aus, welche die geringste Körperkraft zu haben schienen, und ließen sie in Bolobo zurück, damit sie sich an den Bananen, dem ausgezeichneten Brote der Eingeborenen, und an Fischen, die dort leicht zu beschaffen waren, mästeten, während der „STANLEY“ in der Zwischenzeit mit Major Barttelot, Dr. Parke und 153 Mann nach Kwamouth hinabgefahren war.
Hier wurde auch die verwickelte Frage entschieden, wer den Befehl über die Nachhut übernehmen sollte. Da dieser Posten der nächstwichtigste nach dem meinigen war, richteten sich sämtliche Augen selbstverständlich auf den ältesten Offizier, Major Barttelot. Er soll eine Kolonne von 1.000 Mann von Kosseir am Roten Meer nach Kenneh am Nil geführt und sich auch in Afghanistan und im Sudan-Feldzuge ausgezeichnet haben. Wenn das auf Wahrheit beruhte, war er ohne Zweifel derjenige, welcher sich von den Offizieren am besten zum Befehlshaber der Nachhut eignete. Hätte ich noch eine Persönlichkeit von gleichem Range bei mir gehabt, so würde ich diese wahrscheinlich mit dem Posten betraut haben, nicht weil ich Barttelot für ungeeignet hielt, sondern weil dieser dringend wünschte, die Vorhut zu begleiten. Nachdem ich die Fähigkeiten und den Rang der übrigen Herren, deren Eifer mir wohlbekannt war, in Betracht gezogen hatte, teilte ich dem Major mit, ich könnte wirklich nicht die Verantwortung auf mich nehmen, jugendliche Leutnants zu einem Posten zu ernennen, der ihm seines Ranges, seiner Erfahrungen und seines Rufes wegen zukäme.
„Noch ein weiterer Dampfer wie der ‚STANLEY’ würde vollständig genügt haben, lieber Major“, sagte ich freundlich zu dem jungen Offizier, der ernstlich niedergeschlagen war. „Von der Expedition bleiben nur 125 Mann und eine Ladung Waren zurück, alles Übrige ist bequem an Bord untergebracht. Wenn Sie eine Persönlichkeit finden können, welche Ihren Platz zwischen hier und Jambuja besser ausfüllen würde als Sie, möchte ich sie gern kennen lernen. Hoffentlich werden Sie sich die Sache nicht allzu sehr zu Herzen nehmen. Und was kommt auch darauf an? Sie, der Sie die Nachhut heraufbringen, haben ebenso viel Recht auf Anerkennung, wie wir bei der Vorhut. Wenn Tippu-Tib mir treu ist, werden Sie kaum sechs Wochen hinter uns zurück sein; Sie können uns leicht einholen, weil wir bei der Aufsuchung der Route und dem Bahnen eines Weges durch allerlei Hindernisse selbstverständlich sehr viel Aufenthalt haben werden. Sie folgen uns auf einem Ihnen vorgezeichneten Wege und können oft in einem Tage zwei von unseren Märschen machen. Vereinigt Tippu-Tib sich nicht mit Ihnen, dann sind Sie Herr Ihrer Kolonne und werden mit Ihrer Aufgabe so beschäftigt sein, dass die Zeit Ihnen schnell genug verfliegen wird. Und zu Ihrem Troste will ich Ihnen noch mehr sagen, lieber Major; es liegt noch viel Arbeit vor uns, von der Sie den wichtigsten Teil haben sollen. Nun sagen Sie mir, wen Sie zum Nächstkommandierenden haben möchten.“
„O, das möchte ich Ihnen überlassen.“
„Nein, ich habe es lieber, wenn Sie sich selbst einen Freund zum Gefährten aussuchen, damit derselbe Ihre Hoffnungen und Gedanken teilt. Wir alle haben, wie Sie wissen, Vorliebe für diesen oder jenen.“
„Nun, dann wähle ich Jameson.“
„Gut, Herr Jameson soll zu dem Posten ernannt werden. Ich werde selbst mit ihm sprechen und dann auch Herrn Rose Troup, den ich für einen prächtigen Burschen zu halten Grund habe, sowie den jungen Ward und Bonny bei Ihnen zurücklassen. Sowohl Troup und Bonny sprechen Kisuaheli und sie werden Ihnen gute Dienste leisten.“
Nachdem die Angelegenheit in dieser Weise erledigt war, setzte die Flottille am 15. Mai mit 511 Personen von der Expedition, sowie Tippu-Tib und 90 seiner Leute die Fahrt flussaufwärts fort.
Am 16. Mai hatten wir eine gute Reise, da die an dem Dampfer „PEACE“ vorgenommenen Reparaturen seine Fahrgeschwindigkeit verbessert hatten, und am 19. machten wir in der Nähe der Baptisten-Missionsstation Lukolela das Boot am Lande fest, wo der „STANLEY“ sich erst spät am Abend einstellte.
Den nächsten Tag blieben wir bei Lukolela liegen, um Lebensmittel für die Fahrt nach der Äquator-Station einzukaufen, und wir waren den Missionaren dieser Station sehr dankbar für die uns bewiesene gütige Gastfreundschaft.
Am 24. Mai kamen wir an der Äquator-Station an, die jetzt Eigentum der Sanford-Company ist, als deren Vertreter Herr E. J. Glave, ein tüchtiger junger Mann aus Yorkshire, fungiert. Auch Kapitän Van Gèle befand sich hier, nachdem er kürzlich mit fünf Haussasoldaten von einem fruchtlosen Versuche, den Mobangi noch höher aufwärts zu fahren, als es dem Missionar Grenfell einige Monate vorher gelungen, zurückgekehrt war.
Die Station Bangala erreichten wir am 30. Mai. Der Platz war jetzt eine sehr große, gedeihende Niederlassung mit einer Garnison von 60 Mann und zwei Krupp'schen Geschützen zur Verteidigung. Es werden hier Ziegelsteine von vorzüglicher Qualität hergestellt, von denen bereits 40.000 Stück fertig waren. Die Niederlassung macht Zentralafrika in jeder Beziehung große Ehre. Der Chef, van Kerckhoven, war nicht anwesend und befand sich in Langa-Langa. Es war ihm kürzlich gelungen, 29 Haussasoldaten aus der Sklaverei zu befreien. Bei der Flucht Deane's von den Stanley-Fällen hatten die Haussa sich voreilig in ein Kanu geworfen und waren bis Upoto hinabgetrieben, wo die Eingeborenen sie als Deserteure gefangen genommen hatten.
Außer sonstigen guten Eigenschaften, die Bangala besitzt, fehlt es dort niemals an Lebensmitteln. Die Station hatte 130 Ziegen, sowie ein paar hundert Hühner, welche die Offiziere mit frischen Eiern versorgten. Zehn Acker Landes versprachen mit ihrem Grün eine schöne Reisernte. Die Offiziere erquickten sich an Palmen- und Bananenwein, sowie gegorenem Bier aus Zuckerrohr, das, wie ich fand, äußerst kräftig war.
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