Claudia Mathis

Geschichten des Windes


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unter großen Mühen hinaus auf das Meer, bis die Luft besser wurde. Ich blieb lange da draußen und trauerte um meine geliebte Familie, Sol, Urano, Diogo, um unser Häuschen, das zu nah am Berg gestanden hatte, um mein Glück. Mein Heimatort war zerstört und innerhalb von ein paar Stunden war aus der herrlichen Landschaft eine leblose Wüste geworden.

      Eine kleine Hoffnung keimte in mir auf, als ich an meine Eltern und Geschwister dachte. Vielleicht hatte doch jemand überlebt. Als ich mich nach unerträglichen einsamen und verzweifelten Stunden wieder ans Land wagte, hatte sich die Staubwolke größtenteils verzogen und die Asche war lauwarm. Ich konnte also endlich nach meinen Lieben suchen. Es stellte sich heraus, dass ein Schwager und zwei meiner Brüder als Einzige von meiner Familie überlebt hatten. Sie und die meisten der anderen Überlebenden wanderten kurz darauf nach Brasilien aus. Für mich kam das nicht in Frage, da ich meine Insel zu sehr liebte. Ich zog nach Horta und fing wieder ganz von vorne an.“

      Sean und Arthur schwiegen lange. Dies war die bewegendste Geschichte, die sie je gehört hatten.

      Schließlich brach Lino das bedrückende Schweigen. „Ich hatte trotzdem viel Glück in meinem Leben. Ich überlebte diese Katastrophe und traf bald darauf meine zweite Frau Thalita, mit der ich ein neues Leben anfing und meine zwei wunderbaren Töchter Gabriella und Laurinda bekam. Ich bin viel dankbarer geworden und erfreue mich auch immer mehr an den Kleinigkeiten des Lebens.“

      „Und was ist aus Tha…“

      „Thalita.“

      „Und was ist aus Thalita geworden?“, wollte Arthur wissen.

      „Sie ist leider bei der Geburt unserer zweiten Tochter gestorben.“

      „Oh, das tut mir leid.“

      Wieder schwiegen sie lange.

      Sean und Arthur bedankten sich bald für Linos Essen und seine Offenheit und gingen schlafen. Sie mussten das Gehörte erst verarbeiten. Sean empfand tiefstes Mitgefühl für Lino und bewunderte ihn für seine Zuversicht und sein Durchhaltevermögen. Er wollte sich an diesem Mann ein Beispiel nehmen.

      Die restlichen Tage auf der Insel waren von harter Arbeit am Tag und netten Gesprächen über erfreulichere Dinge mit Lino am Abend geprägt. Sean und Arthur kauften Verpflegung ein, füllten Trinkwasser in die unzähligen Fässer und verrichteten allerhand andere Dinge. Obwohl der Kapitän betont hatte, dass die Matrosen wieder Kräfte sammeln sollten, war eigentlich wenig Zeit zum Ausruhen.

      Immer wieder drückte sich dieser seltsame Mann hämisch lächelnd um das Schiff herum, stets darauf bedacht, dass er von niemandem wahrgenommen wurde.

      Die Mannschaft schaffte es gerade so, dass am siebenten Tag ihres Aufenthalts das Schiff startklar war. Der Bauch der Zeeland war zum Bersten voll mit Stockfisch, gepökeltem Rindfleisch (denn Kühe gab es zuhauf auf der Insel), Zwiebeln, Getreide, Kohl und anderen Lebensmitteln. Einen großen Teil nahmen die wertvollen Wasserfässer ein, aber auch Vorräte von Medikamenten und Verbandsmaterial waren zu finden. Einige Käfige mit Hühnern stapelten sich außerdem, so würde die Besatzung in der ersten Zeit Eier bekommen und später das Fleisch der wertvollen Vögel essen können.

      Am Morgen der Abreise verabschiedeten sich Sean und Arthur traurig von Lino, der lauthals über den Verlust seiner lieb gewonnenen Gäste klagte. Als Dank überreichten die Beiden ihrem neu gewonnenen Freund ein Säckchen mit mehr Münzen, als sie eigentlich für Kost und Logis der letzten Woche bezahlen müssten. Lino nahm es mit Tränen in den Augen entgegen.

      „Kommt mal wieder! Und gute Reise!“, schrie er ihnen noch winkend hinterher.

      Wie schon den ganzen Morgen war die Insel Faial in dichten Nebel gehüllt, als zwei Stunden später die Leinen der Zeeland vom Pier gelöst wurden und die Ankerkette hochgehievt war. Matrosen kamen die Wanten heruntergeklettert, nachdem sie die Segel ausgepackt hatten. Der Wind fuhr in das Segeltuch und die Segel wallten und wölbten sich, die Leinen surrten und spannten sich. Die Zeeland war auslaufbereit. Mit Ächzen und Knarren legte das Schiff vom Kai ab und bekam Wasser unter den Kiel.

      Sean stand am Heck und versuchte, einen letzten Blick auf die Insel zu erhaschen, die jetzt eine Woche sein Zuhause gewesen war. Er dachte auch noch einmal an Piet, der leider nicht mit ihnen weitersegeln würde, da er seinen Beruf im Moment nicht ausüben konnte. Piet würde mit dem nächsten Schiff wieder zum Festland zurücksegeln, er war nicht glücklich darüber. Der junge Seemann Vince, den Wilhelm von einer anderen Mannschaft abgeworben hatte, würde dafür seinen Platz in der Kombüse einnehmen. Sean hoffte, dass er halbwegs kochen konnte.

      Faial machte Sean den Abschied nicht leicht, zu dicht war ihr Nebelkostüm. Sean schickte einen letzten Gruß an Lino und drehte sich um, in Richtung eines neuen Abenteuers und einer weiteren Reise ohne die Gewissheit auf ein gutes Ende. Er machte sich innerlich wieder mit der Zeeland vertraut, die die nächsten Wochen sein Zuhause sein würde.

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