das macht ihn legendär?«
»Nein … es ist nur … ich meine … die Umstände machen ihn besonders.«
»Ihr meint wegen Turesk?«
Isa schaute kurz auf den blauen Teppichboden, als würde sie dort etwas suchen. Dann schaute sie wieder zu ihm auf. »Ja, wegen Turesk unter anderem«
»Und wegen was noch?«
»Na, es waren schon lange nicht mehr so viele Legionen auf einmal im Einsatz. Und das auch noch alle im selben Gebiet. Es ist ein Krieg von geschichtlichem Ausmaß.«
»Das ist jeder Krieg«
»Aber nicht jeder ist wie dieser, Lechent«
Laer fuhr ein flüchtiges Schmunzeln über die Lippen. Er drehte sich zu der Reporterin um und verschränkte die Arme.
»Zurückschicken können wir Euch dann tatsächlich nicht mehr.« Der Lechent trat einige Schritte zu einem Bild hinüber, das an der Wand hing. Isa hatte es eben beim reinkommen gar nicht bemerkt. Kein Wunder, sie war auch viel zu aufgeregt gewesen, um irgendetwas außer den Offizier der Stiarvalorer in einem Tunnelblick zu behalten.
Das in einem goldenen Rahmen gehüllte Bild zeigte ein weites Tal, durch das ein brausender Fluss zog. Isa musste drei Mal hinsehen, um zu erkennen, dass es sich dabei um kein Foto, sondern um eine tatsächliche Malerei handelte. Wer auch immer es geschaffen hatte – er besaß ganz sicher einen enormen Faible für Detail und Genauigkeit.
Laer winkte sie heran »Kommt her, ich möchte Euch etwas zeigen«
Isa schluckte nervös und trat an seine Seite. Der Offizier überragte sie um einen Kopf.
»Wisst Ihr, was das hier ist?«, fragte Laer und schaute sie aus dem Augenwinkel an.
»Das ist …« Isa überlegte kurz, »Eine Welt, oder?«
Laer kicherte amüsiert. »Natürlich ist das eine Welt« Er schaute sie jetzt an, »Aber wisst ihr auch, welche?«
Isa schüttelte den Kopf.
»Das ist die Heimatwelt meiner Legion. Welendia. Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, dass ich das 'Feuer' der Grundausbildung durchschritten habe. Es ist eine schöne Welt. Voll von Leben und Hoffnung. Unsere Hauptstadt ist Dinas Welendia. Sie liegt zwischen zwei Gebirgsketten in einem Tal. Ich bin dort aufgewachsen und viele meiner Kameraden der Silvirengla Legion auch.« Er hielt kurz inne und begutachtete wieder das Bild vor ihm mit kritischem Blick.
»Wisst ihr, warum ich Euch davon erzähle?«, fragte er.
Isa schüttelte nur wieder den Kopf. Ihre Stimme hätte gerade sowieso zu sehr gezittert, als dass sie eine vernünftige Antwort hätte herausbringen können.
»Ich erzähle es Euch, damit Ihr seht, wofür wir kämpfen. Ich zeuge es Euch, damit ihr seht, dass es genau diese Welt und Dutzende andere Welten des Sternenreiches sind, die wir mit unserem Leben, unserem Blut, unserem Stahl beschützen. Das ganze hier ist kein Spiel. Es ist keine Reise, die man leichtfertig antritt und vor allem ist ein kein Ort, kein Weg, den man leicht hinnehmen sollte. Ich finde nur, Ihr solltet das wissen, Reporterin Callari.«
»Das verstehe ich«, platzte es aus Isa heraus. »Und ich bin hier, um diesen großartigen Kampf und vor allem seine Helden für die Nachwelt festzuhalten. Ihr seid Helden im Sternenreich. Für jeden von uns. Ich werde die Erinnerungen schaffen, von denen Historiker noch in Jahrtausenden ihre Quellen beziehen werden.«
Laer war vielleicht ein Soldat. Nicht nur ein Soldat, nein. Er gehörte zu einer der mächtigsten Eliteeinheiten überhaupt, die die Galaxis je gesehen hatte. Er wusste sich gegen einhundert verschiedene Arten von Angriffen von verschiedensten Waffen und Techniken zur Wehr zu setzen. Nur gegen eine Attacke war er nicht gefeit, nein, war er gerade zu anfällig – für Schmeicheleien.
»Ihr schmeichelt mir«, sagte er und ein Grinsen legte sich auf seine Züge. Ein Gefühl des Sieges durchfuhr Isa, als sie dies sah. Sie trat noch einen Schritt näher an ihn heran. »Das Volk von Eria wird sich auf ewig an Eure Taten erinnern.« Sie senkte verführerisch ihre Stimme »Lasst mich Eure Memoratorin sein, und ich mache Euch zu einer Legende, an die man sich noch in tausend Jahren erinnern wird.«
Laer wandte kurz seinen Blick ab »Und wenn ich nicht berühmt werden will?« An seinem Gesichtsausdruck erkannte Isa, dass er unmissverständlich bluffte. Dennoch ging sie darauf ein »Ihr seid ein Mann des Ruhms. Verarscht mich nicht«
Laer seufzte laut auf. »Na schön. Wenn Ihr unbedingt in die Scheiße mit reingezogen werden wollt, dann könnt Ihr es gerne.«
Isa musste den Drang unterdrücken, jetzt einen Freudensprung in die Luft zu machen.
»Ich danke Euch, Lechent« Sie verneigte sich kurz. Laer schmunzelte darüber bloß. Er ging zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich.
»Ihr werdet die Legion auf diesem Feldzug begleiten, die Besprechungen dokumentieren, den Alltag der Soldaten, wenn Ihr wollt. Aber vom Schlachtfeld bleibt Ihr fern. Jedenfalls so fern, dass Euch nichts geschehen kann. Das könnte ich nicht verantworten. Verstanden?«
Isa nickte hastig. Sie zog eine Computertafel aus der Tasche ihrer Jeans, öffnete eine Datei und begann die ersten Notizen auf dem blau leuchtenden Feld zu machen.
»Ihr könnt ein Quartier auf den Offiziersdecks haben. Ich bin mir sowieso sicher, dass in den nächsten Wochen einige davon frei werden.«
Isas Freude wurde bei diesen Worten wie im Keim erstickt. Natürlich würden die Quartiere frei werden. Wahrscheinlich sogar viele von ihnen. Soweit sie wusste, war dieser Krieg nie mit wenigen Verlusten geplant worden.
»Ich äh …« Sie stotterte kurz und suchte nach Worten. Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie denn diese Frage jetzt genau formulieren sollte »Wie viele … also, ich meine … die Verluste in Eurer …«
»Einhundertsiebzehn meiner Kompanie. In der ganzen Legion um die neunzehntausend bis jetzt«, beantwortete Laer die Frage mit der stumpfen Sächlichkeit, die er stets beim Beantworten dieser Frage an den Tag zu legen pflegte.
Isa hielt inne und ließ die Computertafel sinken »Oh … verstehe. Danke … danke, dass Ihr mir diese Auskunft gebt, ich hätte nicht gedacht, dass …«
»Ich wüsste nicht warum, Frau Callari. Die Zahlen sind im gesamten Sternenreich einsehbar«
Isa presste die Lippen zusammen, hob die Computertafel wieder und tippte ein wenig für neue Notizen darauf herum.
»Ach … ähm, nennt mich doch einfach Isa. Ich mag die Förmlichkeiten nicht«
Laer zog eine Augenbraue hoch und lächelte für einen verschwindend kleinen Moment »Okay, Isa« Laer räusperte sich »Ihr müsst erschöpft sein nach Tagen im Laderaum eines Kriegsschiffes. Tesari Aglair wird Euch zu Eurem Quartier begleiten, wenn es Euch recht ist«, sagte er. Er drückte auf einen kleinen Knopf am Rande seines Schreibtisches »Tesari Aglair, in mein Büro. Begleiten Sie die junge Dame die hier ist, auf eines der freien Offiziersquartiere. Nur das beste für ungebetene Passagiere.« Er grinste breit.
Isa nickte kurz dankend und verstaute die Computertafel wieder in der Tasche, die sie an der Hüfte trug.
»Danke nochmal«, sagte sie knapp.
»Baut hier einfach keinen Mist. Dann wird die ganze Sache schon klar gehen. Ich habe Euch eben meine Bedingungen diktiert. Beherzigt sie.«
»Natürlich, werde ich«
Die Tür des Büros öffnete sich und herein trat ein Mann in Stiarvalorerrüstungen. Er hatte sich den Helm vom Kopf genommen und wuschelte sich durch das dunkle Haar. Isa fühlte sich vor ihm noch kleiner als vor Laer. Nicht, dass sie das irgendwie beunruhigt hätte, doch sie fand es irgendwie amüsant herauszufinden, wie groß die Stiarvalorer alle waren. Sie fand aber Laer auch ganz hübsch mit seinen kupferblonden Haaren und diesen wachsamen Augen, die wie Smaragde hervorstachen.
»Lechent Laer«, sagte der Mann, der aussah,