oder richtig schlechte Kritiken sind positiv. Denn nur diese wecken die Neugier der Menschen. Belanglose Kritiken sind viel schlimmer, da sich wirklich niemand dafür interessieren wird, wenn etwas nur Durchschnitt ist. Aber ist das nicht überall so?
Das „Event“, der 24. November 1998
Zu diesem Datum war eine volle Vorstellung verkauft, oder vielleicht auch nicht. Das konnte man zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr genau sagen, denn es war eine Aussage des Managements, das ja bekanntlich sehr locker mit der Wahrheit umging. Auf jeden Fall waren Reise- und Busunternehmen aus ganz Deutschland eingeladen worden, eine Voraufführung zu begutachten, um dann eventuell Verträge abzuschließen.
Eine Panik brach aus. In diesem unfertigen Zustand eine ganze Vorstellung zu zeigen. Wir hatten ja noch nicht einmal die ganze Show im Zelt durchgestellt. Wir wurden beschwichtigt, man könne die ganzen Leute leider nicht wieder ausladen, da man gar nicht wisse, wer genau käme.
Der Regisseur beschloss dann, es gäbe nur eine offene Probe. Es gäbe vorher eine Ansage und dann würden Szenen Stop-and-Go durchlaufen und man könne den Zuschauern „mal so richtig“ zeigen, wie man im Theater arbeitet. Sie dürften so einmal hinter die Kulissen schauen. Eine halbe Stunde lang und würden dann wieder hinausgeschickt. Ein so genanntes Event, keine Vorstellung. Versprochen!
Daraus wurde dann ein Durchlauf von drei noch nicht gearbeiteten Szenen in Kostümen, die noch nicht richtig ange-passt waren, bei denen das Staging auch noch nicht klar war, es keine Mikrofone und auch keine Monitore gab, auf denen wir das Orchester hören konnten. Geschweige denn, dass wir mit dem Orchester je auf der Bühne geprobt hatten. Eine furchtbar peinliche Aktion. Wir dachten, es würde zumindest einmal gestoppt und vor dem Publikum an einer Szene gearbeitet. Nichts dergleichen. Man ließ es einfach laufen und wir wollten vor Scham nur noch im Boden versinken. Das Publikum war, wie zu erwarten, außer sich vor Wut. Und das auch völlig zu Recht. Es hagelte Pfiffe, Buhs und Beschwerden. Nur unsere blieben ungehört. Es war das Peinlichste, das jeder von uns Darstellern je hinter sich bringen musste. Wir waren gezwungen worden uns „zum Affen“ zu machen. Und niemand würde erkennen, dass das nicht unsere Schuld war. Als einzelner Darsteller kann man sich manchmal durch so etwas durch schummeln. Aber dafür muss alles andere darum herum stimmen. Wenn allerdings so viele unberechenbare Faktoren aufeinander treffen, hat man einfach keine Chance.
Ein Blick in's Auditorium
Einen Tag nach dem "Event" schrieb ein Kollege:
25.11.1998
To the Company,
This morning when I woke up, I was very, very angry. After what I was forced to do last night, I felt I could no longer call myself „Professional“. But above all I was angry with myself for having gone through with this.
My dignity was stripped away from me and I was exposed to the most appalling work environment I have ever encountered. There are many, many years of experience within this Company. But for every single one of us, last night was the most degrading „Event“ to take place in all our careers.
This morning, I did not care if we had to rehearse or not. I did not care if we had Make-up, Costumes, Wigs, Sets, Props, Sound, Lights, Heat, Toilets, Coffee, Food, Space TO GET CHANGED, etc. etc. etc. … or not.
I just didn’t care.
I had already decided for myself that I was not going to be ready tomorrow to perform for that audience, and had started writing a letter explaining why I was not going to be on stage on thursday night, but was only prepared to rehearse when the Public were not there.
And I am prepared to rehearse around the clock if necessary, for as many days as ist takes to get this show ready. But I will not allow myself to be embarressed in the same way again. Not for the sake of The Deutschmark.
I have pride in my work. I have Integrity, and I have my Dignity. And sometimes these things are all I have.
I am thrilled to be having a sound check this evening.
Now we begin.
THE WIZ
ÜBERSETZUNG:
An das Ensemble,
als ich heute Morgen aufwachte, war ich sehr, sehr verärgert. Nach alledem was ich gestern abend gezwungen war zu tun, dachte ich, ich kann mich nicht länger „Profi“ nennen. Aber vor allem war ich sauer auf mich selbst, dass ich es durchgezogen habe.
Meine Würde wurde mir genommen und ich war der furchtbarsten Arbeitsumgebung ausgesetzt, die ich jemals erlebt habe. Wir haben viele, viele Jahre Berufserfahrung in diesem Ensemble. Aber für jeden einzelnen von uns war gestern Abend das erniedrigendste „Event“ all unserer Karrieren.
Heute morgen war mir egal ob wir proben müssen oder nicht. Mir war egal, ob wir Make-Up, Kostüme, Perücken, Bühnenbild, Requisiten, Ton, Licht, Heizung, Toiletten, Kaffee, Essen, einen Platz um sich umzuziehen, etc. etc. etc. … haben oder nicht.
Mir war es einfach egal.
Ich hatte für mich allein entschieden, dass ich nicht bereit sein werde, morgen vor Publikum aufzutreten und schon begonnen einen Brief zu schreiben, in dem ich erkläre warum ich Donnerstag Abend nicht auf der Bühne stehen werde, sondern höchstens bereit bin ohne Publikum zu proben.
Und ich bin bereit, falls nötig, rund um die Uhr zu proben, soviele Tage wie nötig, um diese Show fertig zu bekommen. Aber ich werde nicht mehr erlauben, mich noch einmal in dieser Art lächerlich machen zu lassen. Nicht um der D-Mark Willen.
Ich bin stolz auf meine Arbeit. Ich habe Integrität. Und ich habe meine Würde. Und manchmal sind diese drei Dinge alles was ich habe.
Ich bin begeistert heute abend einen Soundcheck zu haben.
Nun fangen wir an.
THE WIZ
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