Harald Heinz

DER HAUSFRAUENMANN


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was Florian mit einem bedauernden "Ooh" quittierte, er wollte heute die Korken knallen lassen, und schenkte ein. Sie stießen auf ihn an, zuletzt Charlotte und er: "Auf uns und unsere Abmachung," er blickte sie zärtlich an, "auf das alles so kommt, wie wir es uns wünschen."

      Das Essen war hervorragend gewesen und der Wein hatte die Zustimmung und den heftigen Zuspruch selbst des Kritikers gefunden, kein Wunder, er musste ihn nicht bezahlen. Zwei Flaschen Montepulciano und eine Flasche Pinot Grigio für die Weißweintrinker hatte Florian der Gesellschaft spendiert, und inzwischen tranken sie in ausgezeichneter und unterschiedlich alkoholisierter Stimmung Grappa und Sambuca.

      Frank hatte den Tisch mit Anekdoten aus dem Theater unterhalten, keine Pointe konnte ihm bösartig genug sein, und er wandte sich nun an Florian: "Was sagt denn eigentlich Milram dazu, dass sie jetzt von einem Hausmann durchs Leben geführt wird?"

      "Miriam, sie heißt Miriam, langsam könntest Du es kapiert haben," Charlotte konnte den ewig gleichen Kalauer nicht mehr hören.

      "Pardon, mon cher, aber immer kommt mir der verdammte Frühlingsquark dazwischen," außer den Eltern hatte er die Lacher auf seiner Seite.

      "Vielleicht die ersten Anzeichen von Alzheimer?" Florian versuchte zu kontern.

      "Aber er hat doch recht," völlig unerwartet meldete sich Bernd zu Wort, der bis jetzt noch nicht viel zur Unterhaltung des Abends beigetragen hatte, "Miriam is wirklich ein blöder Name, das wird sie Euch später bestimmt übel nehmen. Konntet ihr nix vernünftiges finden?" Er lachte als einziger über seine Bemerkung und griff zu seinem Grappa Glas.

      "So wie Du mit Peter und Paul, wirklich sehr originell," Florian verspürte plötzlich eine Wut auf Bernd, ausgerechnet den Kritiker musste er unterstützen. Aber zugleich ärgerte er sich über sich selbst, er hatte sich damals mit "Sandra" nicht gegen Charlotte durchsetzen können.

      Er sah seinen Freund böse lächelnd an: "Wenn es nach Dir gegangen wäre, würde sie bestimmt Melanie heißen, oder?"

      Bernd versprühte den Grappa, den er gerade genüsslich die Kehle herunter rinnen lassen wollte, über den Tisch und verschluckte sich, bekam einen Hustenanfall, und sein Gesicht verfärbte sich puterrot, nicht nur wegen des drohenden Erstickungstodes.

      "Wieso denn Melanie," Monikas Augen wurden zu kleinen Sehschlitzen, und trotz Bernds Sprechunfähigkeit wiederholte sie die Frage, jetzt schon etwas schriller, "ich hab Dich was gefragt, wieso Melanie?" Bernd flüchtete sich in weiteres Husten, Florian blickte arglos in die Runde, die beiden Frauen sahen erstaunt und der Kritiker amüsiert auf Bernd und Monika.

      "Was ist mit Melanie," sie fixierte Florian, "was hast Du damit gemeint?"

      "Aber Moni, er ist doch ein großer Fan von Melanie Griffith, dass weiß doch jeder, nur Du anscheinend nicht," Florian glaubte eine Lösung gefunden zu haben und strahlte sie an.

      "Klar, und ich liebe Antonio Banderas, verscheissern kann ich mich selber," ihre Stimme reichte nun weit über die Runde hinaus, einige Köpfe drehten sich zu ihnen um, "los, raus damit," ihre Augen bohrten sich wieder in ihren hilflos ins Nichts stierenden Gatten.

      "Wer-ist-diese-Melanie??" Sie betonte jedes Wort.

      Außer Bernds Husten blieb es stumm am Tisch.

      "Wahrscheinlich vögelt er eine Melanie in seiner Mansarde," sie boxte ihrem Mann in die Rippen, "stimmt das, oder nicht."

      "In der Mansarde hab ich nur die dicke Berta," mühsam brachte Bernd mit hoher Stimme diesen sinnlosen Scherz zwischen seinem Röcheln hervor.

      "Ich sag Dir eins," und jetzt füllte Monikas Stimme bereits das ganze Lokal, "wenn es da eine Melanie gibt, ich beiss Dir die Eier ab," ihr reichlicher, von den übrigen nicht wahrgenommener Weinkonsum, hinderte sie, ihren leicht ordinären Charakter zu zügeln, "und da kannste Gift drauf nehmen, erst das linke und dann das rechte."

      Um die Ernsthaftigkeit ihrer Drohung zu untermauern, wollte sie mit der Faust auf den Tisch hauen, traf aber die noch nicht leere Rotweinflasche, die im Kippen erst den Kerzenständer umriss und anschließend die Vase mit den roten Rosen ins Wanken brachte. Florian griff blitzschnell zu und rettete die Blumen, stieß dabei aber Charlottes Rotweinglas um, das auf dem Aschenbecher zersprang. Zwei Rotweinbäche bewegten sich langsam aber stetig auf Frank zu und brachten damit die Hose des Kritikers in Gefahr, der dem Ganzen aber fasziniert und immer noch amüsiert zusah, während Dorothea und Charlotte vor Schreck aufgesprungen waren.

      Ihr Tisch war zum Mittelpunkt des ganzen Lokals geworden.

      Zwei Kellner eilten mit Servietten herbei, um ein noch größeres Unglück zu verhindern.

      Monika, selber erschrocken über ihre Tat, saß zurückgelehnt auf ihrem Stuhl und blickte mit einem leicht blöden Grinsen von einem zum anderen.

      Nachdem man das Chaos beseitigt und sich wieder alle beruhigt hatten, nur Bernd hüstelte immer noch leicht in seine Serviette, jeden Blickkontakt mit seiner Gattin meidend, ergriff Frank, den der ganze Vorfall scheinbar köstlich unterhalten hatte, wieder das Wort: "Ich bin ja von lauter Berühmtheiten umgeben, dem Geliebten von Melanie Griffith, der Liebhaberin von dem Tonio Banderas und dem herausragenden Kollegen von Francisco Goya, Florian Schmidtlein. Ähh, Herr Maler," seine Aussprache war etwas schwer geworden, "dürfte ich Sie um eine kleine Skizze bitten, vielleicht ein Strichmännchen." Damit schob er Florian seinen Notizblock hinüber, den er aus seinem Anzug gezogen hatte, "jetzt kann ich mir Sie ja noch leisten, hoffe ich."

      Florian nahm die Herausforderung an, skizzierte kurz Franks große Nase mit der Nickelbrille, übertrieb sein fliehendes Kinn, karikierte seine Lockenpracht.

      "Geschenkt," mit einer lässigen Geste schob er den Block zurück, "davon kannst Du Dir bald Dein Haus auf Bali kaufen, Dein Roman wartet ja da auf Dich."

      "Na, ich bin vielleicht ein Glückspilz. Branco, noch eine Runde, auf meine Rechnung," das hatte noch keiner hier am Tisch je erlebt, Frank musste ziemlich betrunken sein. Außer Monika, die seit ihrem Ausbruch nur noch debil vor sich hin grinste, aber einem weiteren Schnaps nicht abgeneigt war, lehnten die Frauen ab, "na, noch vviieer Grapppaa, Branco!"

       Szene 3

      Aische schlief auf der Couch vor dem Fernseher, während Miriam sich gerade den Sexfilm auf Sport I neugierig anschaute. Sie hatte die Fernbedienung in der Hand und den Mund voller Chips. Charlotte war entsetzt. Aische wachte auf, wusste nicht genau, wo sie war, schaute die beiden an, als wollte sie sagen, was macht ihr denn hier, kam dann langsam zu sich und wurde verlegen.

      „Isch musch eingeschlafe sein, Miriam wollt unbedingt noch fernsehe, isch hab nich gewuscht, was isch mache sollt, aber kaum waren Sie ausem Haus, da hat sisch de Miriam unmöglisch benomme.“ Florian beruhigte sie, händigte ihr das Geld für die Heimfahrt und ihren Sitterlohn aus und bestellte ein Minicar für sie.

      Nachdem Charlotte Miriam ins Bett gebracht hatte, verschwand sie im Bad. Florian hatte sich noch ein Pils zum Abschluss eingeschenkt und ließ sich auf der Couch von dem Sexfilm in eine angeregte Stimmung versetzen. Er zog sich aus und wollte ihr folgen, aber ein Blick auf „Flo“, seinem besten Stück, ließ ihn davon absehen, er hatte zu viel getrunken.

      Anfangs hatte sie ihn zärtlich und belustigt Florinchen getauft, aber ihm hatte die Verkleinerung seines nicht unwichtigen Teils missfallen, und sie war zu Flori übergegangen, um ihn dann auf Flo zu reduzieren, was sie zu einigen Wortspielen in Gegenwart von Freunden aber auch von Unbekannten inspirierte, wie zum Beispiel, „mich juckt der Flo,“ “ich könnte Dir einen Flo in den Pelz setzen,“ oder „ich glaub, mich könnt ein Flo beißen,“ und dergleichen mehr, ihre Phantasie war da sehr ergiebig. Oft hatten sie sich mit einem dieser unverfänglichen Sätze auf Party´s oder Gesellschaften ganz öffentlich verständigt, um dann kurz hintereinander in Badezimmern oder auch auf engen Toiletten zu verschwinden und sich rasch zu vergnügen. Aber das war vor Miriams Geburt.

      Er ließ das Badezimmer links liegen, fiel ins Bett mit dem beruhigenden und berauschenden Gedanken, dass er noch viele solcher Abende und Vergnüglichkeiten mit Charlotte vor sich habe.

      Ein Trugschluss, wie sich herausstellen