Fritz Rabensteiner

Die Hofnarren der Republik


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zu Beamten und Politikern aufgedeckt. Bedingung bei der Vergabe waren auch Gegengeschäfte im Ausmaß von 200 Prozent des Kaufpreises. Laut dem damaligen Kanzler Wolfgang Schüssel sollte ein Drittel davon budgetwirksam werden und damit an den Staat zurückfließen. Der Rechnungshof stellte dazu fest: Eine exakte Überprüfung der Gegengeschäfte sei jedoch aufgrund der „intransparenten und missverständlichen“ Anrechnungskriterien nicht möglich. Am 11. November 2020 teilte die Finanzprokuratur mit, dass das Ermittlungsverfahren wegen Verdacht des Betrugs bei der Beschaffung der Eurofighter 2003 und einem Vergleich 2007 endgültig eingestellt wurde. Das OLG Wien hat die Beschwerden der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Republik gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch das LG Wien zurückgewiesen. Pech für die neue ÖVP-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, die vor der Einstellung noch vollmundig, und von sich selbstüberzeugt, folgenden Satz an Airbus, einen der Produzenten der Eurofighter, gerichtet hatte: „Airbus wird mich noch kennenlernen.“ „Heute hat Airbus jahrelange und weltweite Korruption zugegeben.“ Staatsanwalt Jessie K. Liu vom District of Columbia verkündete das am 31. Jänner 2020 voller Stolz. Airbus ist damit Nummer 1 auf der Liste der Unternehmen, die für Verletzungen des “Foreign Corrupt Practices Act” (FCPA) Strafe zahlen mussten. Das amerikanische Justizministerium war für Airbus eine Nummer zu groß. Als das Management des deutsch-französischen Luftfahrtkonzerns merkte, dass die US-Korruptionsermittler ernst machten, ging Airbus im Jänner 2020 in die Knie, legte ein Geständnis und fast vier Milliarden Euro ab. 582 Millionen US-Dollar zahlte Airbus an die USA – 294,5 Millionen für die FCPA-Verletzungen und 232,7 Millionen für Verstöße gegen die “International Traffic in Arms Regulations” (ITAR). Dazu kamen noch weitere 55 Millionen aus einem zivilrechtlichen Vergleich im Zusammenhang mit ITAR. Den Löwenanteil bekam Frankreich. Airbus zahlte an die französische Antikorruptionsbehörde “Parquet National Financier” (PNF) 2,1 Milliarden Euro. Das britische “Serious Fraud Office” (SFO) kassiert weitere 991 Millionen Euro. Aber Airbus zahlte auch in Deutschland. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München im Eurofighter-Deal mit dem österreichischen Verteidigungsministerium überwies Eurofighter schon 2018 ein Bußgeld von 81,25 Millionen – an den Freistaat Bayern. „Mit dem Bußgeld wurden die Vorteile abgeschöpft, die das Unternehmen aus der Verwendung der Gelder mutmaßlich gezogen hat.“ Das erklärte die Staatsanwaltschaft München am 9. Februar 2018. Wien hat bis heute keinen Euro vom Bußgeld bekommen. Im Gegensatz zu den USA, Frankreich, Großbritannien und Bayern ist Österreich durch die betrügerischen Praktiken des Airbus-Konzerns geschädigt worden. Der Schaden wird vom Verteidigungsministerium mit rund einer Milliarde Euro beziffert. Aber niemand bei Airbus denkt daran, den österreichischen Schaden wiedergutzumachen. Kleinstaaten wie Österreich finanzieren aus Steuergeldern Kaufpreis, Schmiergeld und die Strafen, die Airbus dann an Große wie USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland zahlt. Vor den USA fällt das Airbus-Management auf die Knie. Österreich behandelt es wie eine Bananenrepublik. Sogar der Termin, den die Verteidigungsministerin wollte, wurde abgesagt.

      Airbus: „Airbus Defence and Space, guten Tag, was kann ich für sie tun?“

      Tanner: „Hier Tanner, verbinden sie mich sofort mit ihrem Geschäftsführer.“

      Airbus: „Wen darf ich melden und in welcher Angelegenheit rufen sie an?“

      Tanner: „Magistra Klaudia Tanner. Klaudia mit K. Ich habe in Scheibbs maturiert, bin studierte Juristin und die Verteidigungsministerin von Österreich. Vorher war ich Direktorin des niederösterreichischen Bauernbundes. Mein Mann ist Gemeinderat in Gresten. Und jetzt verbinden sie mich umgehend, sonst werden sie mich noch kennenlernen.“

      Airbus: „Wir verkaufen keine landwirtschaftlichen Geräte. Auf Wiederhören.“ tut tut tut

      Tanner: „Hier ist nochmal Tanner. Wir sind unterbrochen worden. Ich möchte jetzt sofort ihren Geschäftsführer sprechen in Sachen Eurofighter. Wir sind von ihnen über den Tisch gezogen worden, wenn ich das einmal so salopp formulieren darf. Als Verteidigungsministerin der Republik Gresten …“

      Airbus: tut tut tut

      Tanner: „Hier spricht nochmals Tanner, mit K….“

      Airbus: „Derzeit befinden sich alle Mitarbeiter im Gespräch. Ihr Anruf wurde vermerkt und ein Mitarbeiter wird sie zeitnah persönlich zurückrufen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis. Auf Wiederhören.“ tut tut tut

      Tanner: „Hier spricht Klaudia. Also Tanner. Mein Mann ist Direktor des niederösterreichischen Bauernbundes. Verbinden sie mich sofort mit ihrem Geschäftsführer. Wenn sie mich wieder in der Leitung hängen lassen, dann können sie was erleben.“

      Airbus: „Hier ist die Airbus Defence and Space GmbH. Wenn sie einen Eurofighter kaufen wollen, dann drücken sie die 1, für Raketenabwehrsysteme die 2, für Spionagesoftware die 3, und für Gegengeschäfte mit der Republik Österreich die 4.“ tut tut tut

      Tanner: „Die verarschen mich doch. Wenn mich die Tussi jetzt nicht sofort verbindet, dann…“

      Airbus: „„Airbus Defence and Space, guten Tag, was kann ich für sie tun?“

      Tanner: „Hier Tanner. Ohne K. Aus Gresten. Ich habe studiert.“

      Airbus: „Einen Moment bitte, ich verbinde sie.“

      Wurzinger: „Hallo, san se de Frau Tanner? Tanner: „Ja, Gott sei Dank erreiche ich sie endlich. Ich nehme an, sie wissen, worum es geht. Wir müssen nochmals über die Rechnung reden. Ernsthaft und ergebnisoffen.“

      Wurzinger: „Ollerdings. Se verrechnen uns fia oa Spülkastenventil 26,66 Euro, für oan Sitzschanierschrauben 4 Euro und fia oan WC-Sitz mit Absenkautomatik 39,98 Euro, den wo i woanders um 30 kriag. San se narrisch worn? I bin ja ka Woiperdinger net. Wia miassn net bei Sanitär Tanner kafa, es gibt no andere. Vastehst mi? Und iatzt schickans a neiche Rechnung, sonst kennans des Graffl hoin und arschlings aussi gehen.“

      Tanner: „Mit wem spreche ich?“

      Wurzinger: „Red i mit an Kadoffesock? Mit dem Haustechniker natürlich. Oda haums glabt, da G‘schäftsführer kümmert se bei uns um die Scheißhäusl?“

      Wer ist Klaudia Tanner?

      Klaudia Tanner ist eine waschechte Niederösterreicherin. Nach ihrer Schulzeit zog es sie allerdings nach Wien, um ein Jusstudium zu absolvieren. Die Gerichtspraxis absolvierte sie Mitte der 1990er am Bezirksgericht Liesing und am Landesgericht für Zivilrechtssachen. Offenbar war ihr die klassische Juristenkarriere aber zu spröde, denn nach ihren Gerichtsstationen zog es sie 1996 als Referentin zum tiefschwarzen Bauernbund. Hier begann ihre „Drehtür“-Karriere. 2001 startete sie beim ehemaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser, der nicht nur wegen seiner Verurteilung unter Beschuss stand. Der „Standard“ bezeichnete den Ex-ÖVP-Politiker sogar als „noch schlechteren“ Innenminister im Vergleich zu Herbert Kickl. Lange hielt sie es bei Strasser aber nicht aus, denn schon 2003 wechselte sie in die Wirtschaft. Für ein Unternehmen der Kapsch-Gruppe war sie Lobbyistin und sorgte dafür, dass Beziehungen in die höchsten Ebenen der Politik nicht abreißen. Danach ging es allerdings wieder zurück zum Bauernbund. Hier sollte sie bis Jänner 2020 Direktorin bleiben. Am Landesparteitag der ÖVP Niederösterreich wurde sie 2017 mit über 96 Prozent zur Stellvertreterin von Johanna Mikl-Leitner gewählt. Irgendwann wurde auch Sebastian Kurz auf sie aufmerksam. Schon 2017, bei den Regierungsverhandlungen zwischen Türkis und Blau, war sie Wunschkandidatin für das Verteidigungsministerium. Einige Jahre später wurde des Kanzlers Wunsch dann erfüllt: Tanner ist die erste Frau an der Spitze des Ministeriums – allerdings ohne großartige sicherheits- und verteidigungspolitische Vorerfahrung. Österreich ist ein neutrales Land. Zum Glück. Und ich sage ihnen auch gleich warum. Das Übel fängt schon bei der Musterung an, wenn dir der Stabsarzt tief in die Augen schaut und du seine kalte Hand in südlichen Regionen spürst. „Husten!“ Und dann als Draufgabe: „Umdrehen, bücken!“ Zack! Und wenn er dann festgestellt hat, dass du kein zweites Arschloch hast, bist du automatisch tauglich. Wie soll man da