Margrit Lange

Mails von Marge


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      Mails von Marge

      Da läuft ganz schön was zusammen

      Margrit Lange

       Auch wir, also mein Mann und ich, machten uns auf den Weg. Schon klar – über den Jakobsweg. Beginnend ab 2011 trotteten wir im Paarlauf des Weges. Dabei wollte ich immer alleine gehen. Wieder im Alltagstrott gelandet, war mein Kopf gefüllt mit den Erinnerungen. Die Bilder im Kopf ließen mich nicht los. So schrieb ich fast jeden Tag eine Mail an unsere Kinder und Freunde über unsere Camino-Erfahrungen. Als wenn sich um meinen nackigen Körper eine Schnur geschlungen hatte, die mit jedem Satz, jeder Seite, von meinem Leib abgerollt wurde, mich in einen Brummkreisel verwandelte, bis ich völlig entblättert war.

       Sobald man sich die Stiefel schnürt und sich über den recht steinigen Jakobsweg macht, verändert sich das Leben. Wo gibt es etwas zu trinken und zu essen. Wo kann ich mein Pusteblumenköpfchen für die Nacht auf das Kissen schmeißen. Das Span-nendste sind aber die unterschiedlichen Menschen die einem begegnen.

       Sicher erzähle ich die Eindrücke, die ich hatte ein bisschen sarkastisch, quengelnd, lauffaul, wartend auf die mit kulinarischen Köstlichkeiten ausgestattete Sänfte. Die mich über den steinigen Camino »trägt». Woraus man mich am Ende der Etappe vorsichtig hebt und mich in die duftige Dammastbettwäsche zum Ruhen legt.

       Ich bin kein liebes Mädchen, will ich auch nicht mehr werden. Punkt. Zu spät. Wen ich mag, den mag ich von Herzen. Wenn ich aber jemanden »gefressen« habe, dann schäumt die grüne Seife ganz schön über. Und unter den Pilgern gibt es nicht nur die mit dem strahlend gelben Ring um den Kopp – nö. Alle wurden so verarbeitet, wie ich sie beobachtet hatte. Wobei ich mit mir auch nicht immer nett umgegangen bin. Mit meinem persönlichen Schnarchgesellen auch nicht.

      Mails von Marge

      Da läuft ganz schön was zusammen

      Margrit Lange

      Impressum

      Texte: © Copyright by Margrit Lange

      Umschlaggestaltung: © Copyright by Margrit Lange

      Foto: © Copyright by Wolfgang Lange

      2011

      Vorlauf

      Es geht los. Meine ersten Schritte auf dem Laptop.

      Ach ja, laufen äh oder ausgelaufen? Bin gar nicht mehr wech – sondern wieder hier. Blödes Revier. Die Kinder hatten uns mit ihrem neuen Auto vom Flughafen abgeholt. Wir überlegten noch, können wir mit unseren verdreckten Wanderstiefeln in dieses schnieke strahlend weiße Auto einsteigen. Gibt es vielleicht schon Filzpuschen dafür? Gutes Geburtstagsgeschenk, unbedingt merken.

      Wollten wir nicht sechs Wochen laufen? Den Jakobsweg von Pamplona nach Santiago de Compostela? Sind wir gerast oder Kenianer. Nein, wir waren gelaufen - bis – bis Wolfgangs Sehnenentzündung keine Besserung erwarten ließ.

      Hatte ich gerade begonnen auf meinem Laptop zu hacken, beginnt bei uns das Reihenhausleben. Fröhlich wird der Rasenmäher linksseitig über den gut gedüngten Rasen gelenkt. Rechtsseitig kämpft man mit zwei Kleinkindern und dem Handrasenmäher. Meine Lust zum Schreiben wurde abrupt beendet. Nachdem ich alles zusammengepackt hatte, war der Rasen auch gemäht.

      Vielleicht sollte ich auch anstandshalber eine Runde im Garten werkeln, kommt immer gut an. Punkt. Gesagt getan.

      Gestern mühsam den Laptop eingerichtet. Ich besitze ihn schon seit August vorigen Jahres. Nur leider war meine Lizenz für das Virenprogramm unter einem Monat gültig. Also warten. Über das Warten und der zwischenzeitigen Verlängerung hatte ich ihn schlicht missachtet. Vielleicht auch irritiert durch den Hinweis: eingeschränkte Garantie, lebensgefährliche Stromschläge wenn die Anschlüsse in falscher Reihenfolge angebracht werden. Toll!!

      Nun gestern endlich dabei gegangen. Virenprogramm installieren, übliche rauf- und herunterfahren. Einmal – zweimal – dreimal. Dabei wurden die Updates von Windows installiert, erst waren es 43, dann waren es 50 Updates. Warten – warten. Ich bin ja so geduldig beim Warten. Was machen die eigentlich bei Microsoft? Wieso so viel Updates in einem Zeitraum von 9 Monaten. Gebären sie Fehlerentdeckungen?

      Nun aber mal los, nicht so viel jammern.

      Unsere Vorbereitungen liefen über Monate. Stiefel kaufen, einlaufen, umtauschen, die Nächsten einlaufen. Odlo Unterwäsche, Schlafsäcke, Inletts, Fleecejacken, Funktionsshirts, Wolfgang Suppa-Funktionsjacke – ich hatte ja schon meine Extremsportjacke – hallo! In Weiß!! – wie blöd kann man eigentlich sein? In Weiß! Gut das ich sie nicht gebraucht hatte – sie ist noch weiß. Bei Regen hätte ich bestimmt immer nur meine Fleecejacke getragen, nur um die Extremsportjacke zu schonen. Weiter in der “Vorbereitungs- und Einkaufsliste“: Taschenmesser, Rucksäcke, für viele albern – Schutzhüllen für Rucksäcke, Merinowolle Schlafshirt, Wandersocken, Funktionshosen, Regenbilligponcho, Regenhüllen für Rucksäcke, Notverpflegung, Sandalen, Plastikflaschen für Shampoo, Duschzeug, Sonnencreme, Sonnenhüte, Sicherheitsnadeln, Wäscheleine, extra leichte Badehandtücher, Pacsafe-Bauchtaschen, Pilgerausweise, Outdoor-Reiseführer, Moleskine Notizbücher (fast leer zurück – meins jedenfalls), Nähzeug (auch fürs Blasen aufstechen), Ohrstöpsel und das ganze Sortiment an Blasenpflaster, Hirschtalg, Magnesium, Globuli, Handdesinfektionsmittel, Pipi-Rinne für Mädels (auch alte Mädels) und eine Kackschaufel, viel was wir für den Weg geschenkt bekommen hatten. Man, was waren wir ausgerüstet.

      Anreise

      Am 14.05.2011 ging es endlich los. Ab zum Flughafen. Guten Mutes liefen wir zum Bahnhof. Ich hatte im Laufe der Woche ja schon Probepackungen vorgenommen. Alles klar 8.630 g mein Rucksack, Wolfgangs 9.400 g. Abflugtag meiner 9.800 g? Zum Fliegen hatten wir uns alte Sachen angezogen, die wir in Pamplona wegwerfen wollten. Na, kommt denn wohl so hin – dachte ich noch. Leicht war der Rucksack aber nicht wirklich.

      Schleppt man nicht sein ganzes Leben Dinge mit sich, die man nie braucht? Aber immer dabei hat – es könnte ja sein, dass man sie doch benötigt?

      Eine geniale Idee ist ja die E-Bordcard (für wen?? Ach ja, für Willi-Unwichtig) – man braucht ja nicht mehr einchecken! Doch musst du, wenn du Gepäck hast.

      Lufthansaschlangen haben nichts mit Luftschlangen gemein. Denn sie sind wirklich sehr – sehr lang. Alle Lufthansafluggäste (für sämtliche Flüge) bitte in einer Schlange anstellen. Klasse Idee – Begeisterung – denn die Zeit auf der Uhr zeigt an, das könnte knapp werden. Trotz E-Bordcard – ha!

      In der Schlange präparierten wir unsere Rucksäcke mit den Plastikhüllen, damit wir in Pamplona mit heilen, sauberen Rucksäcken landen können. Beim Verpacken rann mir schon mal ein büsschen Schweiß von der Stirn. Natürlich mussten wir mit unseren etwas seltsam verpackten Rucksäcken zum Schwerlastschalter. Aber dann hatten wir alles erledigt, ab durch die Personenkontrolle. Wir hatten ja kein Handgepäck, das Puckelgepäck war endlich weg. Pacsafe ab, Gürtel ab, alles aus den Taschen raus und? Na und? Ich war längst durch. Na wo ist denn der Wolfgang? Es piehipte. Er musste in eine Kammer und seine Schuhe ausziehen. Es dauert und dauert. Puh! Endlich hatten wir es bis in die Wartehalle des Gates geschafft. Puh!

      Im Warteraum von Lufthansa, früher gab es hier mal Zeitungen, taxierte ich die Fluggäste der Maschine Hamburg-Düsseldorf. Was fällt mir auf? Zwei Frauen, eine in Khakibraungelb die andere in Türkis, Dreckigtürkis. Irgendwie glaubte ich, dass die Beiden die gleiche Reiseroute haben. Khaki isst erst mal ein Käsebrot.

      In Düsseldorf angekommen, benötigen wir nur ein paar Schritte, um zum Abfluggate zu kommen.

      Hallo, was ist denn hier los. Erschien eben ein Icon Windows-Update? Hallo, bin doch gar nicht am Netz. Fährt der Laptop doch einfach herunter. Wenn er so weiter macht, werden wir nicht wirklich dicke Freunde. Darf ich weiterschreiben? Danke.

      Gate A 20 Düsseldorf – Bilbao. Ich hielt Umschau. Sah mehrere Wanderstiefel an den Füßen. Aha, es ist das richtige Gate. Na, wer ist auch da? Na klar, Khaki und Türkis. Ich mag diese Frauen nicht. Khaki isst erst mal das nächste mitgebrachte Käsebrot. Türkis muss die Arme ganz weit ausbreiten, um ihre herabfallenden Mundwinkel aufzufangen. Der