Margrit Lange

Mails von Marge


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in der Stadt. Die Stadt ist größer als erwartet. Wir suchten den Jakobsweg, über einige Brücken gelangten wir auf die alte Pilgerstraße, nach längerem Suchen natürlich. Neben der letzten Brücke stand, an ein Auto gelehnt, eine junge Frau und warb für eine Appartement-Anlage. Gab uns ein Prospektblatt und wollte uns auch gleich den Schlüssel mitgeben. Wir Doofi´s hatten ihn nicht genommen. Wir irrten durch die romanische Altstadt, kein Hostal, kein Hotel. Wieder über die Brücken zurück. Dort gesucht, nur komplette (volle) gefunden. Dem Hinweisschild Informatión del peregrino nachgegangen. Zurück über die Brücken, Stadtplan geholt und schon wieder ging es über die Brücken zurück.

      Auf dem Stadtplan war auch die Appartement-Anlage gekennzeichnet. Hin, geklingelt, nix – aber auch gar nix tat sich. Tja, wenn man einen Schlüssel gehabt hätte!! Das nächste Hostal angesteuert. Davor zwei Deutsche, sie hatten hässlich blaue T-Shirts mit einer gelben Jakobsmuschel an. Meinten nur, wir sollten dort klingeln. Es war ein Mehrfamilienhaus. Unser Klingeln wurde nicht beachtet. Ein Paar schloss die Tür auf. Wir huschten einfach mit hinein. In der zweiten Etage endlich ein Schild Hostal Christina. Diesmal Reaktion auf die Klingel. Eine freundliche Frau öffnete, nickte zum Glück auf die Frage nach einem Doppelzimmer mit dem Kopf.

      Yippie, wir hatten endlich eine Unterkunft. Wer glaubt, dass wir durch unsere Kurzbusfahrt weniger gelaufen waren, der irrt sich gewaltig. Schön geduscht, was kann ein am Körper klebender Duschvorhang doch so was von egal sein. Die Laufsachen ausgewaschen, den Minibalkon mit der Wäsche verziert, Pilgermenu und Eis gegessen, ab in Bett. Eis ist in Spanien sehr teuer 2,00 € eine Kugel, geschmeckt hatte es auch nicht.

      Schlafen – nur schlafen. Köstlich!! Äh – bis sich das Paar (Ehepaar?) im Nebenzimmer in die Wolle kriegte. Gut, dass wir nicht versucht hatten mit dem Finger durch die Wände zu bohren, es wäre uns bestimmt gelungen. Papier? Er regte sich barsch über das Zimmer, den Preis und was einen überhaupt nicht interessierte auf, lange und immer wieder. Als er fertig war, konnte auch ich endlich schlafen.

      Estella – Torres del Rio

      Wolfgang hatte den Outdoor Reiseführer intensiv studiert. Die Strecke nach Villamayor de Monjardín ging 9 km immer bergauf und weiter nach Los Arcos 12,9 km ohne Wasserstelle, auf dieser Strecke würden die ersten fetten Blasen entstehen. Hieß natürlich auch ohne Bar - Käffchen für mich. Am Vortag hatten wir eine Bushaltestelle entdeckt und beschlossen einen Faul–, Bus-, Relax-, Fußschontag einzulegen. Pause – erst mal Pause – die ersten fetten Blasen wollten wir mal nicht.

      Frühstückten in einer Bar. Leider gab es nur besonders süße Croissant, Wolfgang schüttelte sich, Jamòn (Schinken) schmeckte eben anders. Kauften Bustickets für unglaubliche 1,81 € pro Person. Der Bus fuhr erst um 10.45 Uhr. Gegenüber der Bushaltestelle gab es einen Park, wo wir uns auf eine Bank setzten und unsere Notizbücher (ich mit den ersten und letzten Zeilen) bearbeiteten. Die Sonne schien, eine gute Gelegenheit unsere noch nassen Bekleidungsstücke(außer den Höschen, die waren zum Glück trocken) auf der Bank auszubreiten, um sie vielleicht doch noch trocken zu bekommen. Der Weg kann ja so entspannend sein!

      Zwei Bänke neben uns las eine ältere Frau ein Buch, durch Drehen in alle Richtungen bot sie Ihren Körper den Sonnenstrahlen zum Wärmen an. Man spürte den Genuss, den sie dabei empfand. Ihr Mann dachte bestimmt, sie ist nur einkaufen gegangen.

      Es ist kaum möglich, hier in den falschen Bus einzusteigen. Jedes Ticket wird beim Einsteigen kontrolliert. Auf dem Ticket stehen der Zielort, die Busnummer, die Abfahrtszeit und auch eine Platznummer. Das hatten wir nach einer halben Stunde im Bus von Bilbao – Pamplona entdeckt. Wir wunderten uns, wieso schauten alle beim Einsteigen so intensiv erst auf ihr Ticket, betrachteten das Fenster und setzten sich erst dann? Na suppa, auf dem Ticket waren die Platznummern, die auch am Fenster angeschlagen waren. Ganz leise nahmen wir dann unsere richtigen Plätze ein.

      In Los Arcos angekommen, klar, rein in die erste Bar. Wolfgang und ich aßen ein Bocadillo con jamón und tranken Café. Kauften uns noch Bananen und eine Orange auf dem kleinen Markt vor der Bar und mit frischem Mineralwasser naturell füllten wir unsere Getränkeflaschen. Wollten doch noch die 8 km nach Torres del Rio laufen. Es war ca. 12.00 Uhr, als zwei Pilger stöckelnd um die Ecke der Bar kamen. Holland. Sie hätten in der Albergue in Lorca geschlafen, seien am Morgen um 6.00 Uhr losgezogen und bereits 28 km gelaufen. Alles ganz – ganz toll. Sie waren überhaupt nicht verschwitzt und rechnen kann ich auch. Ich beschloss, kein Wort zu glauben, der Bus fuhr wohl stündlich.

      Wir laufen gelassen bergauf an Sansol vorbei, beim Anblick des Dorfes war ich schon der irrigen Meinung, wir hätten unser Ziel erreicht. Nein, der Weg knickte ab und hatte noch einige kleine Wegspäßchen für uns in Petto. Extrem abschüssige Wege, wo ich noch dachte – für die nächsten Fahrradfahrer war´s das wohl – aber dann tauchten sie schon vor uns bei der nächsten Steigung wieder auf. Respekt.

      Am Ortseingang prangt ein Werbeschild der Albergue Casa Mariela – es wurde auch Massage angeboten. Wir stiegen die Straßen des Dorfes Torres del Rio hinauf.

      Unsere übliche Frage nach einem Doppelzimmer wurde verneint. Aber zwei Betten á 7,00 € wären noch frei. Mit ”Desayuno“ Frühstück? ja, 3,00 € pro Person, mit Menu? ja, 10,00 €. Also unsere Ernährung war schon mal abgesichert. Wanderschuhe ausziehen, ab nach oben. Uns wurden zwei Betten in einem 10-Bettzimmer (5 x 2 Etagenbetten)zugewiesen. In unserem Raum, er hatte eine Größe von ca. 18 qm, waren außer mir nur Männer, Spanier. Neben unserem Zimmer gab es noch einen 10-Bettraum. Das Stockwerk darüber war wohl identisch. Es gab eine Dusche, ein WC, davor zwei Waschbecken. Ich knotete zuerst unsere Wandersocken an die Wäscheleine vorm Fenster. Geduscht und Wäsche ausgewaschen. Upps, wo waren denn die Socken, die hingen vor dem anderen Raum, die Wäscheleine konnte man ziehen und war jetzt vollgehängt.

      Wir sind durch den Ort gelaufen, denn es dauerte noch, bis es endlich 19.00 Uhr war und wir zum Essen gehen konnten. Fanden noch eine andere Albergue, sah viel netter aus. Mit Mini Pool, Terrasse und einer aus groben Steinen gebauten Bar. In der Bar, hinter der Theke stehend, erzählte uns eine junge Frau (Polin?) ihre Camino-Geschichte. Sie sei Studentin, wollte für ein Filmprojekt Material sammeln und hätte hier ihre Liebe gefunden. An der Wand über einer Tür hingen Wappen, ein Wappen wäre mit ihrem Ketten-Anhänger identisch, so war sie mit dem Besitzer der Bar ins Gespräch gekommen und wäre nicht weitergelaufen. Ich schaute ihn mir an, stellte fest, ich wäre weitergelaufen.

      Auf dem Rückweg begegnet uns Paula, ooh, my name is Paula. Sie käme aus San Francisco. Paula ist sehr groß und schlank, hat blondes, gelocktes, halblanges Haar.

      Ich schätzte sie auf ca. 45 Jahre. Sie hinterließ einen fröhlichen Eindruck bei uns, sie zog mit wehendem langen Rock weiter. Vor unserer Albergue kamen wir mit einer jungen Französin ins Gespräch. Nein, sie wohne nicht in der Albergue, sie würde hier nur ihre Wäsche waschen. Sie hätte kein Geld, würde nur draußen schlafen. Die ganze Wäsche auf dem Wäscheständer gehörte ihr. An Betracht der Masse, Schlafsack etc. kommen ja noch dazu, muss sie mit einem Handkarren durchs Land ziehen.

      Oben im Raum pflegten die Spanier ihre von Blasen betroffenen Füße, es wurden Tape aufgeklebt, Blasen durchstochen, gecremt und natürlich gegenseitig massiert. Was die angebotene Massage auf dem Werbeplakat am Ortseingang betraf, war ernüchternd. Es handelte sich um einen ”Elektrischen Stuhl“ dabei wurden die Füße, nur die Füße, 10 Minuten in einer wabbelnden Plastik-Manschette hin und her bewegt. Paula tauchte auf, angelockt vom Massageangebot, das Wabbelgerät war bereits besetzt. Sie konnte in unser Zimmer sehen, schaute den Männern beim Durchwalken der Füße zu. Ooh yeah, das wolle sie auch. Zack, lag Paula auch schon auf einem der unteren Betten und hatte für jeden Fuß einen Spanier. Man sah, es war der pure Genuss.

      Ab zum Restaurant Marie, setzten uns zu dem Schweizer aus unserer Albergue. Im März war er in der Schweiz losgegangen, laufe täglich 30 km und hatte so schon eine Strecke von 1.700 km hinter sich. Diese flachen Strecken mag er nicht so gerne. Suchte in meinem Gedächtnis, überlegte, welche flachen Wege meinte er eigentlich?

      Na gut, ein Schweizer!! Seine Frau wollte auch etwas unternehmen und wäre für drei Monate zum Spanisch Kurs in Sevilla. Er meinte gegen Schlafstörungen helfe nur genügend