Rainer Homburger

Der Nagel


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Dienstag, 13. Februar 1945, 22:26 Uhr

       Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945, 22:27 Uhr

       Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945, 22:41 Uhr

       Über Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945, 22:46 Uhr

       Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945, 22:53 Uhr

       Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945, 23:01 Uhr

       Dresden, Mittwoch, 14. Februar 1945, 12:03 Uhr

       EPILOG

       Danke

       Anmerkung

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       Impressum neobooks

      Führerhauptquartier Wolfsschanze bei Rastenburg, Donnerstag, 8. Juli 1943

       PROLOG

      »Unmöglich! Das ist nicht zu machen!«

      Von Braun fuhr sich durch die Haare und als suche er eine Bestätigung für das, was allen klar war, sah er Walter Dornberger an. »Was hat der nur für Vorstellungen?«

      Während weitere Offiziere aus der Besprechung mit dem Führer in den Raum kamen, machte auch Generalmajor Dornberger seinem Unverständnis Luft. »Jetzt haben wir endlich erreicht, was wir schon lange fordern. Die höchste Dringlichkeitsstufe. Aber das bringt uns nichts, wenn wir unser ganzes Augenmerk auf die neue Waffe richten sollen. Neun Monate. Was kann man schon in neun Monaten erreichen? Wie lange haben wir gebraucht, um das Aggregat 4 auf den jetzigen Stand zu bringen? Und jetzt das. In neun Monaten.«

      »Die Zeit brauchen wir allein schon dafür, die vielen noch vorhandenen Probleme zu beheben. Mindestens!«, warf Gerhard Degenkolb, Leiter des Sonderausschusses A4, ein. »An die Entwicklung einer A10-Rakete ist überhaupt nicht zu denken.«

      Kopfschüttelnd ging Dornberger durch den Raum. Er konnte es noch immer nicht begreifen.

      »Meine Herren.« Dr. Hans Kammler mischte sich in das Gespräch ein. »Nun mal nicht so pessimistisch. Sie sehen doch, was sie erreicht haben. Der Film über den erfolgreichen Start hat es doch bewiesen. Sie können es schaffen. Schauen Sie sich Herrn von Braun an. So ein junger Mann und schon solche genialen Ideen. Nicht umsonst hat der Führer ihm vorhin den Professorentitel verliehen. Für seine herausragenden Leistungen.«

      Reichsführer-SS Heinrich Himmler kam herein. »Herr von Braun.« Er ging auf den Wissenschaftler zu und nahm seine Hand. »Darf ich Ihnen nun noch persönlich gratulieren. Das war das Mindeste, was der Führer tun konnte. Sie haben es sich redlich verdient. Nochmals meinen herzlichen Glückwunsch. Das ist doch sicher Ansporn genug für die neuen Aufgaben.« Dabei schüttelte er kräftig von Brauns Hand.

      Ihr habt es alle nicht begriffen, ging es von Braun durch den Kopf. »Vielen Dank, Reichsführer.«

      Dornberger versuchte, Himmler auf ihre Seite zu ziehen. »Herr Reichsführer. Wir haben doch schon unzählige Gespräche geführt. Wir haben Ihnen einen Überblick gegeben über die zurückliegenden Entwicklungen, ebenso über die noch vor uns liegenden Probleme. Es muss Ihnen doch klar sein, dass wir unsere ganze Konzentration erst einmal darauf richten müssen, bevor wir an eine weit größere Aufgabe denken können. Sonst erreichen wir am Ende keins von beiden.«

      »Generalmajor Dornberger«, wischte Himmler die Bedenken beiseite. »Die Rakete fliegt, die Waffe ist fertig. Und die paar Kleinigkeiten machen Sie doch nebenher. Amerika, das ist jetzt unser Ziel. Sie haben den Führer gehört, wir brauchen die A10-Rakete. Das hat jetzt die höchste Dringlichkeitsstufe. Das bedeutet, Sie bekommen mehr Geld, mehr Material und mehr Ressourcen. Und zudem noch neun Monate.« Er unterstrich seine letzten Worte mit einem Augenzwinkern. »Der Führer glaubt an Sie und wir auch. Ich bin mir sicher, dass Sie in ihrem Team die richtigen Männer für diese Aufgabe finden.« Damit klopfte er Dornberger auf die Schulter und sah Kammler an, der seinem Chef mit einem Grinsen zustimmte.

      »Und jetzt folgen sie mir ins Kasino, meine Herren.« Himmler deutete mit der Hand nach draußen. »Stoßen wir auf unseren neuen Professor an.«

      Zehn Monate später bei Lorient, Frankreich, Donnerstag, 25. Mai 1944

      »Stimmt es, dass die Invasion bald bevorsteht und die Deutschen dann wieder aus unserem Land vertrieben werden?«

      »Ich weiß auch nur, was die anderen sagen.« Bertrand sah seinen neunjährigen Sohn an. »Aber wir hoffen natürlich, dass das nicht mehr allzu lange dauern wird.«

      »Weißt du etwas darüber?«

      »Nein.« Bertrand zwinkerte seinem Sohn zu. »Aber darüber dürft ihr mit niemandem reden. Habt ihr das verstanden?« Er sah Daniel in die Augen, wandte sich dann Marie zu und legte den Zeigefinger auf die Lippen. »Es ist am besten, wenn ihr nichts davon wisst. Und jetzt gute Nacht.«

      Er beugte sich zu Marie hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Schlaf gut, meine Kleine.« Dann ging er zu Daniel ans Bett. »Solange die Deutschen da sind, müssen wir aufpassen, was wir sagen. Gute Nacht, mein Sohn.«

      Er fuhr Daniel über die Haare und ging dann zum Tisch. Die Kerze war heruntergebrannt und das Wachs über den Ständer gelaufen. Bertrand nahm den Kerzenhalter in die Hand und ging damit langsam durch den Raum. Die Türen und Fenster waren nicht mehr dicht. Das Haus war in die Jahre gekommen und es zog überall durch die sich öffnenden Ritzen und Spalten. Bertrand hatte kein Geld für Reparaturen. Er war froh, wenn er seine Familie durchbringen konnte.

      Als er sich der Tür näherte, flackerte die Flamme wild und legte sich fast waagerecht neben den schwarzen Docht. Bertrand schloss die Tür und ging über den Flur zum anderen Ende des Gangs. Die Dielenböden knarrten unter seinem Gewicht und die Kerze beleuchtete schwach die tiefe Decke, an der sich einige Holzbretter lösten. Die muss ich dringend befestigen, sonst kommen sie bald runter, dachte er. Vom Gang ging es rechts in das kleine Badezimmer und nach links in einen Raum, der immer verschlossen war.

      »Schlafen sie?«, fragte Monique, als Bertrand die Schlafzimmertür hinter sich schloss. Sie lag bereits im Bett. Auf ihrem Nachttisch brannte eine Kerze, daneben lagen zwei alte Bücher. Monique las gerne und verbrachte einen großen Teil ihrer spärlichen Freizeit damit. Sie besaß sogar eins in deutscher Sprache, und da sie früher etwas Deutsch gelernt hatte, war sie es gewesen, die in der ersten Zeit der Besetzung den Verkauf ihrer angebauten Lebensmittel mit den Besatzern abgewickelt hatte.

      »Sie sind beide müde. Ich denke, sie schlafen heute schnell ein.« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort. »Wir müssen aufpassen, dass Daniel nicht zu oft über die Invasion spricht. Er ist unheimlich neugierig und fühlt sich manchmal schon sehr erwachsen. Dann will er den großen Mann spielen.«

      Er zog seine Kleider aus und legte sie auf den Stuhl neben dem Fenster. Monique beobachtete ihn dabei. Bertrand hatte einen muskulösen Körper, wenngleich er jetzt schmaler war als früher. Man sah ihm an, dass die täglichen Rationen auf dem Tisch kleiner wurden. Die Feldarbeit, die weitgehend von Hand ausgeführt werden musste, war reine Knochenarbeit und sehr anstrengend.