Kerstin Wandtke

Kind des Lichtes


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schrak wegen dem Getöse aus seinem Schlaf auf und bemerkte Alinas Abwesenheit sofort.

      Er setze sich auf und sah sie auf dem Alkoven. Erschrak aber zutiefst, als er des großen Drachen gewahr wurde, dessen Kopf sie grade berührte. Sie redeten, aber er konnte nicht verstehen, was sie sich sagten. Wieder hüpfte sein Herz vor Freude, das seine kleine Fee endlich sprechen konnte, und wieder schmerzte es ihn zu wissen, wie es dazu gekommen war. Doch jetzt verdrängte er die düsteren Gedanken an Karak und blickte, nicht ohne Unbehagen zum Alkoven. Er erhob sich und ging langsam näher zur Tür, wo er still der Worte lauschte.

      „Mein Freund, werden es viele sein?“ Fragte Alina den Drachen grade.

      Der Drache blickte kurz zu Raven und dann, mitfühlend, wieder zu ihr.

      „Ja, kleines Mädchen, sehr viele....... alle sind deinem Ruf gefolgt....... und alle wissen um das, was dir hier wiederfahren ist. Wir bedauern dies sehr, waren aber noch zu weit entfernt, um dir hätten helfen können. Wie geht es deinen Wunden?“

      Er blies ihr sanft seinen warmen Atem ins Gesicht und Alina lächelte ihn an.

      „Sie verheilen langsam, und die Schmerzen gehen, aber, bitte, nehmt es den Leuten hier nicht übel. Eine verwirrte Seele macht noch kein Volk.“ Der alte Drache lachte rau und tief auf.

      „Du weißt so wenig von uns, aber wir empfinden wie du, kleines Mädchen, und all das, was du fühlst, spüren auch wir, darum sei unbesorgt....... und schau, da kommt mein Volk.“

      Der Drache hob seinen Kopf wieder und schaute erneut zum Horizont.

      Auf dem Schlosshof herrschte jetzt ein wildes Durcheinander, und einige deuteten zu Alina und dem großen Drachen, die hoch über ihnen den Zug erwarteten. Der Dragon begab sich unverzüglich zu den neuen Gemächern der Beiden, stolz um dessen, dass sein Wappentier hier verweilte. Und nicht wenige folgten ihm. Der alte Schlossherr stellte sich zu Raven, der Tross blieb hinter beiden stehen und schaute neugierig durch die Tür.

      „Hat es begonnen?“ Wollte der Ältere jetzt leise wissen, doch Raven ließ keinen Blick von Alina.

      „Schau selbst, mein Freund.“ Hinter dem Horizont erhob sich ein Trompeten wie von tausend Fanfaren, und dann kamen langsam weitere Drachen in Sicht, flogen näher, und ließen sich schließlich lärmend auf den Zinnen hoch über dem Schlosshof nieder. Immer mehr kamen und es dauerte sehr lange, bis die Zinnen dicht an dicht mit Drachen jeden Alters und jeder Größe besetzt waren. Ihre Schuppen schimmerten in der frühen Sonne und die Menschen des Schlosses schauten ehrfürchtig auf ihre Clantiere, sich deren Stärke und Weisheit wieder bewusstwerdend.

      Als dann Ruhe eingekehrt war, blickte der Alte wieder liebevoll auf Alina herab.

      „Mein Volk, kleine Herrin, wir grüßen dich und werden dir folgen, wohin dein Weg uns auch immer bringt.“ Alina blickte ihn dankbar an, trat langsam an das Geländer des Alkovens und sagte mit lauter aber ruhiger Stimme,

      „Seid gegrüßt meine Freunde, ihr geflügelten Herren der Lüfte, und habt Dank für den Glauben, den ihr in mich setzt. Ich weiß um das Ziel unserer Reise, und auch wenn der Weg dorthin noch weit und voller Gefahren ist, wird für jeden von euch dort ein Platz zum Leben warten.“ Die Drachen hörten ihren Worten aufmerksam zu und antworteten danach auf ihre Weise. Ihr langes Rufen war noch weithin zu vernehmen und jeder wusste jetzt, es hatte begonnen.

      Fremde Völker

      Und sie kamen. Alle der alten Völker folgten einander auf dem Fuß, einige freudig erregt, einige zweifelnd und wieder andere mürrisch und übellaunig.

      Die Elfen kamen nach den Drachen, die sich bis zum Tag der Abreise in den Wäldern oberhalb des Schlosses zurückgezogen hatten. Mit ihren schlanken, zarten Booten kam dieses Volk aus beiden Uferrichtungen zum Schloss gesegelt und auch hier fand eine gegenseitige Begrüßung statt.

      Als Alina die große Halle betrat bot sich ihr ein ungewöhnliches Bild. Einerseits die geflügelten Riesen, das große stattliche Volk und ihnen gegenüber das Waldvolk, ebenso klein und zart wie sie. Nur deren spitze Ohren zeigten ihr, das sie nicht zu ihnen gehörte.

      Der König der Elfen war schon sehr alt, leicht gebeugt stand er in der Halle und seine prächtigen Gewänder funkelten im Schein der Fackeln. Er besaß ebenfalls das glatte, lange und weiße Haar seines Volkes, trug aber im Gegensatz der meisten noch einen langen weißen Bart. Alina trat demütig vor ihn und sank still auf ein Knie.

      „Sei gegrüßt meine Tochter,“ sagte dieser liebevoll und berührte kurz ihre Stirn, wie um sie zu segnen, „auch wir folgen dir gern zur Neuen Welt. Ist in dieser doch kein Platz mehr für uns.“

      Gütig schaute der Alte sie an, half ihr hoch und deutete dann auf den jungen Elf neben sich.

      „Dies ist mein Sohn Raziell und ich möchte euch bitten, euch bei allen fragen unseres Volkes betreffend, an ihn zu wenden. Mein Leben ist nicht mehr lange und meine Zeit ist kostbar.“

      „Auch ich grüße euch, mein König,“ sagte Alina, „und niemand wird euch eure Zeit stehlen. Wir respektieren euren Wunsch und werden uns mit allem Wichtigen gern an euren Sohn wenden.“

      „Habt Dank Herrin, und verzeiht mir, aber meine alten Knochen schmerzen noch von der langen Reise, ich lasse euch meinen Sohn hier, würde mich jetzt aber gern zur Ruhe begeben.“

      Alina nickte dem alten König nur still zu, und dieser wandte sich langsam um und verließ mit seinen Männern schweren Schrittes die Halle. Sie betrachtete den zurück gebliebenen Prinzen jetzt aufmerksam und dieser Erwiderte ihren Blick mit kühle und Verschlossenheit. Er war sehr gutaussehend, wie sie mit Erstaunen feststellen musste. Sein Gesicht strahlte eine kühle Arroganz aus und seine grünen Augen funkelten wach und aufmerksam. Nur etwas größer als sie trug er edle, helle Lederkleidung und war mit Langbogen und einem Köcher voller ebenfalls langer, doch dabei kunstvoll gearbeiteter Pfeile bewaffnet.

      „Mein Prinz, seid auch ihr mir gegrüßt,“ sagte Alina zu ihm und verneigte sich kurz.

      „Herrin,“ erwiderte dieser kalt und nickte ihr bloß kurz zu, „ich werde dem Wunsch meines Vaters entsprechen und mich hier um die Belange meines Volkes kümmern.“

      Wieder nickte er nur kurz, drehte sich herum und ließ sie einfach stehen. Alina schaute ihm, verdutzt über diese Unhöflichkeit, stumm nach und wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte.

      Der Dragon trat hinter sie.

      „Arrogantes kleines Volk, diese Elfen,“ sagte dieser über ihre Schulter, ihm ebenfalls nachblickend, „glaubten schon immer, etwas Besseres zu sein als der Rest der Welt. Na ja, aber irgendwie wird unsere Reise uns schon einen, obwohl ich die Drachen von jeher lieber mochte.“ Dann stupste er sie freundlich in den Rücken.

      „Komm Alina, sehen wir mal, wen es sonst noch hierhergetrieben hat,“ und beide verließen danach die große Halle. Raziell bat die Geflügelten später, ob sein Volk am Stand bis zum Aufbruch warten und lagern dürfte, und keiner sprach ihm diesen Wunsch ab.

      Bei den Zwergen und Trollen war die Begrüßung schon anders. Viel hier eher deftig aus und diese freundlichen Gesellen hatten auch kein Problem damit, im Schloss untergebracht zu werden. Der Zwergenkönig, auch klein von Wuchs und mit Namen Korgard, bestach durch seine Freundlichkeit und seine Heiterkeit. Auch dies stand wieder gegen sein Äußeres. Wie alle Zwerge war auch er grobschlächtig, für seine Statur eher zu kräftig und mit derber Kleindung ausgestattet. Mit seiner starken Axt bewaffnet sprach dennoch viel Freude und Übermut aus seinem Blick. Mit braunem, langen Haar und einem dichten Bart gesegnet erschien sein Gesicht eher finster, doch glitzerte bei ihnen allen der Schalk im Blick und sie verbreiteten viel Heiterkeit und Vergnügen mit ihren Streichen. Gingen aber auch mit Rat und Tat jedem zur Hand. Ein Gesetz ihrer Gastfreundschaft, wie sie immer wieder lachend betonten.

      Die Trolle waren auch sehr freundlich, und trotz ihrer grünen Hässlichkeit waren auch sie fröhliche und herzliche Geschöpfe, die einfach gestrickt, aber durch