Kerstin Wandtke

Kind des Lichtes


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irgendwie Vermeiden.

      Raven teilte Alinas Schmerz. War doch auch seine Familie im fernen Reich und wartete dort auf ihn. Doch sie war sehr verzweifelt, fühlte sich sehr einsam und kam nur langsam aus des Schmerzes Umfesselung heraus. Er blieb wieder dicht in ihrer Nähe, zog sie bei jeder passenden Gelegenheit auf seinen Schoß, streichelte und liebkoste sie. Des Nachts, wenn sie unter ihren Fellen weinte, zog er sie an sich und versuchte, ihr so etwas von seiner Wärme zu geben. Doch Alina bleib traurig und in sich gekehrt, und das Treiben, die Aufbruchsstimmung, nahm sie nur am Rande wahr....... sie vermisste ihre Mutter schrecklich.

      „Kleine Fee, kleine Alina, wie gern würde ich dir durch den Schmerz helfen.“ Er hielt sie im Arm und durch die offene Tür drangen die Geräusche und Gerüche vom Schlosshof herein. Der Abend war mild und der Tag des Aufbruches rückte beständig näher. Sie blickte ihn voller Liebe an.

      „Raven....... mein geflügelter Riese.... mein Prinz …. ich weiß, und darum Liebe ich dich auch so sehr.“ Sie streichelte über sein schönes Gesicht und blickte ihm in seine dunklen Augen.

      „Ich wünschte, ihr hättet euch gekannt…. sie hätte Gefallen an dir gefunden.“ Damit wandte sie sich ab und kuschelte sich noch tiefer in seine Arme.

      „Erzähl mir von ihr,“ bat er. Sie schaute lange in den dunkler werdenden Himmel hinaus.

      „Sie war wunderschön…. noch schöner als das Bild des Dragons auf dem Speicher. Sie war fast von silberner Färbung, so wie eure Beschläge, oder die Klingen eurer Schwerter. Und ihr Haar war weiß, so wie meines. Ihre Augen hatten auch fast die Farbe von meinen, nur etwas heller. Sie war so sanft... so leuchtend....... so rein. Und sie konnte so werden wie ich…“ flüsterte sie jetzt, „weißt du, einige von ihnen können ihre Gestalt verändern........ nur für kurze Zeit, und nicht alle besitzen diese Gabe. Vater konnte oder wollte es nie....... aber Mutter hat es immer Freude bereitet so zu sein wie ich, und wir hatten dann auch immer sehr viel Spaß zusammen.“ Sie wischte sich langsam eine Träne aus dem Gesicht.

      „Hatten deine Eltern eigene Kinder?“ Fragte Raven sanft und begann ihren Arm zu streicheln.

      „Nein, Mutter hatte mir immer erzählt, dass ein Einhorn aus einer reinen, versteckt liegenden Quelle geboren wird und die Alten sich dann seiner annehmen. Es erziehen würden, bis es sich einen eigenen Wald sucht, diesen dann mit seinem eigenen Zauber schmückt und eine neue Quellen findet...... bis der Kreis sich wieder schließt.“

      „Aber lieben können sie?“

      „Ja, aber mehr sich selbst........ ich meine, mehr ihre Rasse. Sie bleiben da lieber unter sich. Mutter war eine Ausnahme, und in der Herde gab es meinetwegen auch immer wieder Probleme. Darum war Vater auch immer so, so kühl und zurückhaltend zu mir.“ Alina weinte jetzt und Raven verfluchte sich seiner Fragen wegen.

      „Meine kleine Fee…“ er drehte ihr Gesicht sanft zu sich herum und küsste sie ganz zärtlich, „es tut mir leid, ich wollte dich nicht traurig machen.“ Sie blickte ihn traurig an.

      „Wir werden bald aufbrechen,“ flüsterte sie, „und vor uns liegt ein ganzes Meer. Ein ganzes Meer der Stille und der Tränen.........“

      So lagen beide, jeder in seinen Gedanken, dicht beieinander als der Mond sich langsam über den Horizont schob um auch diese Nacht wieder in sein kühles Licht zu tauchen.

      Der nächste Morgen war warm und ruhig.

      Die Vögel sangen und auf Avalla herrschte wieder geschäftiges Treiben.

      Die Zwerge und Trolle hatten die letzten Wochen damit zugebracht, Schiffe für sich, das geflügelte Volk und die Trolle zu entwerfen und zu bauen. Die kühlen Elfen sorgten sich wenig um die anderen. Hatte sie doch schon ihre Schiffe zum Herkommen genutzt und außer einigen Einhörnern würde nichts mit kurzen Haaren ihre Schiffe je betreten, da waren sie sich einig. Belustigt schauten sie dem Treiben der anderen zu und mit Amüsement blickten sie auf die, doch recht groben Schiffe, dieser auch recht groben Schiffbauer. Waren die Schiffe der Elfen doch leicht, schnell und dabei noch elegant, während die Schiffe, die gerade gebaut wurden, diesen in nichts ähnelten. Dies hielt die Elfen ausreichend bei Laune, denn diese konnten bei Langeweile doch recht viel Unsinn machen. So waren die restlichen Völker doch recht beruhigt und die Arbeit ging unbehindert von statten. Soweit halfen auch alle Tatkräftig mit, und selbst Raven war mit Freude dabei. Tat ihm die körperliche Arbeit doch recht wohl nach der ganzen Zeit der Muße und er arbeitete unverdrossen und mit viel Einsatz. Dabei hielt ihn die Arbeit auch etwas von seinen Gedanken und Gefühlen für Alina ab. Diese eine Nacht der Gespräche hatte ihm fast die Beherrschung gekostet, und er war jetzt um jede Form der Ablenkung sehr dankbar. Der Dragon ging ihm grade zur Hand, und gemeinsam versuchten sie den Mastbaum zum letzten Schiff zu bewegen.

      „Na, mein Sohn, bist du schon weiter?“ Stöhnte der Dragon etwas abgehackt von der Last und nickte zu Alina, die weiter weg am Strand saß und zum Meer hinausschaute.

      „Wie meinst du das?“ Stöhnte Raven nicht minder Angestrengt zurück.

      „Na, du Dummkopf, ich mein die Wonnen,“ grinste der Alte schnaufend zurück, „euch kann man ja bald nicht mehr zusehen, tanzt wie zwei Halbwüchsige zur Mittsommer um einander herum, aber weiter geht ihr nicht.“ Der Stamm bewegte sich etwas unerwartet, und Raven kam ins Taumeln und setzte sich etwas unsanft auf seine Hosen.

      „Gott, habt ihr auch noch etwas Anderes im Schädel?“ Schnauzte Raven, doch er musste auch lachen „nur der Flügel und das Gemächt beschäftigt mein Volk....... ich armer Mann, habt ihr es überhaupt verdient, gerettet zu werden?“ Jetzt war es auch am Dragon laut los zu Lachen, was eher einem brüllen glich.

      „Na na, Jungvolk........ schau mich an, ich habe viele Kinder, etliche Enkel und unzählige Bastarde....... ich bin ein reicher und glücklicher Mann,“ der Alte lachte wieder laut los, „und was hast du dagegen? Also, wenn ich diese Blicke von ihr bekommen würde........ ehrlich, ich würde nicht mehr lange warten.“ Er half Raven auf und schlug ihm dabei so kraftvoll auf dessen Rücken, dass diesem erst mal die Luft wegblieb.

      „Und wachsen wird sie auch nicht mehr, warum dann also noch weiter warten. Irgendwann kommt dann ein anderer des Weges. Warte nur lange genug und du bist sie los. Sie ist vom alten Volk, du wirst ihr also nichts antun können.“ Der Dragon sah ihn fröhlich an, auch ihm tat die Arbeit gut.

      „So wie Karak meinst du?“ Raven sah den Alten ernst an.

      „Verflucht,“ der Dragon wurde jetzt auch schlagartig ruhig und seine Fröhlichkeit war wie weggeblasen. Ernst musterte er Raven.

      „Du weißt, dass dies etwas Anderes ist........ aber, da wir einmal dabei sind. Was hast du bezogen auf Karak beschlossen?“ Raven hatte sich jetzt wohl lange genug um eine Entscheidung gedrückt, lag es doch an ihm, wie weiterhin mit Karak, seinem einstigen Freund aus Kindertagen, verfahren werden sollte. Er hasste diese alten Bräuche, konnte dem Dragon dort aber auch nicht widersprechen. Er fühlte sich unwohl und blickte einmal kurz zu Alina, die immer noch am Strand saß, jetzt aber still zu ihnen blickte, als verstünde sie ihre Worte. Er schaute wieder den Dragon an.

      „Also,“ meinte dieser nur ruhig, „Verbannung.“ Raven senkte den Blick, konnte aber nichts dazu sagen. Wie auch, fühlte er sich hier doch auch wie zwischen zwei Stühlen.

      „Ich lasse meinen Erstgeborenen nicht gern zurück. Aber durch seinen Wahn hat er sich selbst entschieden und seine Zukunft mit seinem Volk verwirkt....... was bleibt, ist nur die Verbannung.“

      Der Dragon wandte sich ab und ging jetzt langsam zum Schloss zurück.

      Raven sah ihm nach und bedauerte diesen von Herzen, fühlte sich aber auch machtlos gegenüber der Liebe eines Vaters zu seinem Sohn. Er ging langsam zu Alina und setzte sich zu ihr. Sie schaute zu ihm auf, und er sah in ihre tiefen, blaugrünen Augen. Sie blickte ihn so an, wie damals im Winter, als er sie gefunden und in die Höhle gebracht hatte. Was für ein Leid war ihr bis jetzt wiederfahren, was musste sie bis jetzt schon alles durchmachen. Wie allein war sie doch trotz seiner Nähe. Still nahm er sich in den Arm.

      „Kennst du die