Marianne Christmann

Nichts ist vergessen


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hat er seine Spritzen denn aufbewahrt?“, bohrte Jan nach.

      „Im Schränkchen im Bad über dem Waschbecken“, antwortete Moritz prompt.

      „Und sein Notfallmäppchen, wo bewahrte er das auf?“

      „Normalerweise im Handschuhfach seines Autos, wenn er mit dem unterwegs war. Ansonsten trug er es bei sich.“

      „Es wussten also alle von seinem Notfallset, wo er es aufbewahrte und alle hatten also die Gelegenheit, daran zu manipulieren?“, präzisierte Jutta.

      „Ja, … aber warum fragen Sie?“, stotterte Moritz.

      „Das Insulin in den Spritzen wurde durch ein dreimal stärkeres ersetzt. Wissen Sie, was das bedeutet?“, fragte ihn Jutta.

      Moritz schüttelte den Kopf.

      „Ein zuckerkranker Mensch, der zu viel Insulin bekommt, also eine Überdosis, fällt ins Koma und stirbt. Je nach Dosierung kann er auch gleich tot umfallen. So wie im Fall Ihres Freundes. Wir sprechen also von Mord.“

      Moritz war leichenblass geworden.

      „Mord? Sie meinen, jemand hat vorsätzlich den Inhalt der Spritzen ausgetauscht?“

      „Genau. Was haben Sie genau am Vorabend von Markus Rieders Tod gemacht?“, wollte Jan wissen.

      „Das sagte ich schon, wir haben uns zum Essen getroffen, bei dem wir dann Volker auf seine Veränderung angesprochen haben.“

      „Um wie viel Uhr haben Sie sich getroffen und wie lange waren Sie zusammen?“

      „Wir haben uns so gegen 20 Uhr getroffen. Markus und ich sind dann so gegen 22.30 Uhr gegangen, weil wir das Ganze nicht eskalieren lassen wollten. Die anderen sind noch geblieben. Wie lange, kann ich nicht sagen.“

      „Sind Sie dann sofort nach Hause?“

      „Nein, Markus und ich sind zusammen noch etwas durch die Gegend gelaufen. Dabei hat er mir gesagt, dass er am nächsten Morgen zur Buchhandlung fahren und sich über Drogen und solche Sachen informieren wollte.“

      „Wie spät war es, als Sie sich dann endgültig trennten?“

      „Das weiß ich nicht genau. Ich schätze, das muss so gegen 23.15 Uhr gewesen sein. Ich bin in mein Auto gestiegen und Markus in seins und wir sind beide davongefahren.“

      „Direkt nach Hause?“

      „Ich schon. Leider kann das aber niemand bezeugen.“

      „Gut, Herr Sonntag, vielen Dank für Ihre Zeit und dass Sie so ausführlich mit uns gesprochen haben. Sie können jetzt gehen.“

      Moritz Sonntag erhob sich. An der Tür drehte er sich noch einmal um.

      „Finden Sie den Kerl, der das getan hat, unbedingt“, sagte er noch, dann war er verschwunden.

      Jutta und Jan blieben nachdenklich zurück.

      „Was hältst du von ihm?“, fragte Jutta.

      „Er war ehrlich erschüttert über den Tod seines Freundes und ich denke, er hat die Wahrheit gesagt. Was meinst du?“

      „Ja, das denke ich auch. Mal sehen, was die anderen sagen. Wir haben noch zwei Stunden Zeit bis dahin. Wer kommt als nächstes?“

      Jan blätterte in seinen Notizen.

      „Jonas Gabelberg“, meinte er dann.

      „Gehen wir etwas essen?“, fragte Jutta, „wenn du griechisch magst, kenne ich da ein gutes Lokal, gar nicht weit von hier.“

      „Ich mag griechisch sehr gern“, antwortete Jan, „wie heißt das Lokal denn?“

      „‘Beim Alex‘, in der Breslauer Straße. Komm, wir nehmen mein Auto.“

      Kapitel 8

      Jonas Gabelberg erwartete sie schon. Er war fast einen Meter neunzig groß und sah durchtrainiert aus. Er hatte schwarze Haare und braune Augen. Als die Kommissare den Raum betraten, stand er auf und gab beiden die Hand.

      „Danke, Herr Gabelberg, dass Sie gekommen sind“, sagte Jutta, „nehmen Sie Platz. Sie wissen, worum es geht?“

      „Ja, Markus ist tot. Ich kann es nicht glauben, wir waren gestern Abend noch zusammen. Wissen Sie schon näheres?“

      „Wir ermitteln wegen Mordes“, klärte ihn Jan auf.

      „Mord? Aber wieso …“

      Jutta setzte ihn ins Bild, erklärte ihm, dass der Inhalt der Spritzen durch stärkeres Insulin ausgetauscht worden war und was das für einen Diabetiker für Folgen haben kann. Jonas war erschüttert.

      „Das ist ja entsetzlich. Wer macht denn so etwas?“

      „Schildern Sie uns mal, wann Sie Markus Rieder zuletzt gesehen haben und wo das war“, forderte ihn Jutta auf.

      Jonas sagte das gleiche, das sie schon von Moritz Sonntag gehört hatten, dass die fünf sich zum Essen getroffen hatten und wie lange das dauerte.

      „Sind Sie alle zusammen gegangen?“

      „Nein, Markus und Moritz gingen früher, so gegen halb elf muss das gewesen sein. Wir anderen sind noch länger geblieben.“

      „Warum sind die beiden früher gegangen?“, wollte Jutta wissen.

      „Es gab einige Differenzen mit Volker, die beiden hatten ihn gefragt, warum er sich so verändert hat, was der Grund dafür ist. Ob er vielleicht sogar Drogen nehmen würde.“

      „Und was hat er geantwortet?“

      „Volker war sehr erbost darüber und ist ziemlich laut geworden. Er meinte, das sei eine Unverschämtheit von den beiden, ihm so etwas zu unterstellen. Veit und ich konnten ihn dann etwas beruhigen und ihm klarmachen, dass Moritz und Markus ihm das nicht unterstellten, sondern nur gefragt hatten, weil sie sich Sorgen um ihn machten. Das hat ihn dann etwas runtergeholt. Ich denke, Markus und Moritz sind deshalb schon früher aufgebrochen, damit es nicht noch zu mehr Streit kommt.“

      „Ist Ihnen und Herrn Gronig nicht aufgefallen, dass es mit Ihrem Freund eine Veränderung gegeben hat?“

      „Doch, schon. Wir haben das natürlich bemerkt und auch darüber gesprochen, aber wir waren der Überzeugung, dass es mit dem Prüfungsstress zusammenhängen musste, der Volker schwer belastet hat.“

      „Hat Volker denn die Prüfung bestanden?“

      „Ja, hat er. Er hat uns sein Zeugnis gezeigt. Aber es war nicht so gut, wie es eigentlich sein sollte. Der ganze Maschinenbau ist nicht Volkers Ding. Er hat das nur studiert, um seinen Vater zufriedenzustellen.“

      „Warum hat er denn nicht mit seinem Vater gesprochen und ihm gesagt, dass er das nicht will? Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter. Ist sein Vater so ein Monster?“, wollte Jan wissen.

      „Herr Grundmann ist ein sehr netter älterer Herr, der weiß, was er will, aber durchaus auch Verständnis für andere hat. Wir alle sind auch der Meinung, dass Volker mit seinem Vater reden sollte. Der wäre vielleicht nicht begeistert aber verstehen würde er es schon.“

      „Was würde Volker denn gerne machen?“

      „Fotografieren. Er macht sehr schöne Landschaftsaufnahmen und auch Tierbilder. Die sind sehr gut. Damit hätte er bestimmt großen Erfolg.“

      „Hatte Markus Rieder Feinde oder Leute, die ihm etwas nachtrugen?“, hakte nun Jutta nach.

      „Nicht, dass ich wüsste. Mir ist das auch ein Rätsel, glauben Sie mir.“

      „Wann waren Sie denn zu Hause?“

      „Kurz vor Mitternacht. Ich bin dann direkt ins Bett gegangen, weil ich müde war.“

      „Kann das jemand bezeugen?“

      „Nein, leider nicht.“

      „Gut,