Ana Catarina Lopes

Das Erblühen


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alle Beteiligten sei, wenn ich jetzt ging. Er wollte natürlich nicht, dass ich wegen ihm Ärger bekam. Es war natürlich wie immer lieb von, sich daran zu erinnern, aber irgendwie merkte ich eine sehr große Veränderung an mir. Alles was bisher genau richtig gewesen war zwischen uns, begann mich zu nerven. Es nervte mich, wie er immer alles verstand. Wie er immer so verständnisvoll sein konnte. Nie die Fassung verlor! Wie schafft man das?

      Ok, so ganz stimmte das ja auch nicht, sonst hätte er mich nicht in eine Vampyr verwandelt. Wir alle haben schließlich verborgene Seiten in uns, die wir nur hin und wieder rauslassen…

      Und dann diese Stimmungsschwankungen, weil ich ihn plötzlich wieder voll und ganz nachvollziehen konnte. Nur diese Stimmungsschwankungen verstand ich nicht.

      Dann wäre da auch noch diese Ruhe an ihm, die liegt wahrscheinlich an allen seinen gelebten Jahrhunderten! Es kann so anstrengend sein mit ihm! So viel Weisheit und dann hat er doch so viel Lust einen zu ärgern, wenn auch nur unbewusst. Mir sollte klar sein, dass er mich eigentlich neckte.

      Ich bin schließlich nur siebzehn in diesem Leben. Jedes Mal, wenn ich sterbe, werde ich wiedergeboren! Moment! Werde ich ja nicht mehr! Oder vielleicht doch? Wiedergeboren zu werden ist auch nicht schlecht! Als Hexe hat man solche Vorteile… Aber ich bin jetzt anders. Trotz allem bin ich anders… Heißt das, dass ich jetzt immer noch wiedergeboren werde, wenn ich als Vampyr sterbe? Also versuchen möchte ich es definitiv nicht! Ich hänge an meinem jetzigen Leben, doch irgendwie schon sehr!

      Eigentlich ist es aber auch egal. Ich bin unsterblich.

      Ich stehe vom Bett auf, weil ich mein Handy aus der Tasche holen möchte, wo auch meine gestrigen Klamotten sind, die irgendjemand netterweise in die Tasche reingepackt hat. Und ach so großes Wunder… Was finde ich da? Eine Blutkonserve! Als hätte ich nicht schon genügend Probleme zu lösen, geschweige denn zu erklären!

      Jay musste natürlich eine verdammte Blutkonserve in meine neue Tasche, die er mir geschenkt hat, schmuggeln.

      „Nur für den Fall“ stand auf diesem verdammten Klebezettel, den er an der Blutkonserve geklebt hat. Was er wohl mit „Nur für den Fall“ meint, es wäre zumindest schön zu wissen, wenn ein solcher Fall eintreten sollte, nicht?

      Kerle glauben unkompliziert zu sein, sind aber noch schlimmer als wir Frauen! Hätte er nicht spezifischer werden können? Konkreter? Anscheinend nicht! Da soll sich mal ein Kerl beschweren wir Frauen seien kompliziert! Dem reiße ich den Kopf ab! Ok, nein, so war das wieder nicht gemeint!

Süße! Was hast du für Gedanken?! Die Blutkonserve ist nur für den Fall, dass du in Lebensgefahr sein solltest. Was ich aber nicht hoffe! Bis heute Nacht. J

      Ein Rätsel gelöst. Jay hatte mir gerade eine SMS geschickt. Anscheinend hatte ich meine Gedanken ziemlich weit projiziert…

      Ich sollte vielleicht daran arbeiten…

      ***

      Aber irgendwie konnte sie ihm einfach nicht böse sein. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Er hatte ihr versprochen später in der Nacht nach ihr zu sehen. Sie wusste, dass er dieses Versprechen einhalten würde, aber nicht nur dieses eine Versprechen. Es gab so viel, was er ihr versprochen hat und er war keiner, der seine Versprechen brach. Man kann ihm blind vertrauen, ohne jemals zu fallen. Zumindest solange es nur von ihm abhängt.

      Sie war von den Toten als Vampyr wieder „auferstanden‘‘. Sie war immer noch eine Hexe, denn sie erkannte immer noch, wenn jemand log und wenn sie es wollte, konnte sie jetzt dank ihm auch alle Gedanken erfahren und dadurch die ganze Wahrheit wissen. Es war eine Erweiterung ihrer Gabe. Jetzt konnte sie alles bis ins kleinste Detail wissen, wenn sie es tatsächlich wissen wollte. Alles. Nichts mehr würde vor ihr verborgen sein.

      Das war auch so eins der Gründe, warum sie erkannt hatte, dass ihre Mutter irgendwas zu verbergen hatte. Bisher jedoch war sie noch nicht dahintergekommen, was es genau war, denn sie wollte nicht unbedingt in den Kopf ihrer Mutter hineinschauen. Ein einziges Wort war aus ihrem Kopf herausgekommen und in Mandy baute sich dieses komische Gefühl, dass es etwas mit ihr zu tun haben musste. Doch ihre Mutter hatte gute Barrieren. Aber was musste ihre Mutter wegen ihr verbergen? Es hatte doch gar keinen Sinn.

      Ihre Mutter versuchte etwas vor ihr zu verbergen, doch mit ihren neuen Kräften war das gar nicht so leicht.

      Daher wusste sie auch ganz genau, wie lange eine ganz bestimmte Person vor ihrer Zimmertür wartete, weil sie unsicher war, ob sie reinkommen durfte, bis sie endlich den Mut fand und anklopfte.

      Es klopfte sehr leicht an ihrer Schlafzimmertür. Mandy wusste schon vorher, dass es ihre Mutter war, die voller Unsicherheit vor ihrer Tür gestanden hatte. Es war wohl das erste Mal im Leben ihrer Mutter, dass sie gezögert hatte anzuklopfen. Die Unsicherheit, ob sie nicht doch Jay längst hineingelassen hätte, war auch gleichzeitig ihre Hoffnung gewesen.

      ***

      >> Herein. <<, rufe ich sie herein.

      >> Ich bin’s Mandy. <<, meint Mariana, bevor sie die Tür aufmacht und sie dann hinter sich wieder schloss. >>Es tut mir leid, dass ich jetzt noch zu so später Stunde reinkomme, aber ich habe Licht gesehen und…<<

      >>Du warst neugierig. Wusstest nicht so genau, ob ich alleine bin. <<, springe ich ein. >>Oder, ob ich möglicherweise Jay reingelassen habe. Einerseits wolltest du vor der Tür irgendein Geräusch hören und trotzdem keins mitbekommen. Irgendwie hast du fast diese eine kleine Hoffnung gehabt, ich hätte jemanden in meinem Zimmer, damit du mir was genau nicht erzählen musst? <<, frage ich dann doch viel zu neugierig.

      Mariana erstarrte. Das war sehr präzise gewesen. Erst war Mariana sprachlos, doch dann schüttelte sie sich und ging einen Schritt weiter auf mich zu. Wie gut, dass ich die Blutkonserve bereits versteckt hatte.

      >>Komm doch schon, Mutter. << Ich klopfe aufs Bett, damit sie sich zu mir ins Bett setzt.

      >> Was? Aber...? Wie? << Mariana schüttelte nochmal ihren Kopf, wie um ihn klarer zu bekommen. Die Verwirrung konnte man ihr trotzdem noch deutlich am Gesicht erkennen.

      >>Hat dir deine Großmutter Margareth nicht nur die Gabe der Wahrheit gegeben? Mehr konnte sie dir doch nicht geben! Oder? Oder hat sie dir mehr vermacht, als ich es nicht mitbekommen habe? << Eine berechtigte Frage…

      >> Sie hat mir nur die Gabe der Wahrheit vermacht, aber das heißt nicht, dass ich nicht andere Fähigkeiten habe. Versuch bitte nicht das Gesprächsthema zu wechseln, damit ich nicht mehr nachfrage. Also klär mich endlich auf und löse dich vom schlechten Gewissen! Das ist weder gut für dich noch für deine Mitmenschen. Oder gar für deine Gesundheit. <<, versuche ich sie zu locken.

      >> Ahm…Häm …Wieso schlechtes Gewissen? <<, versucht Mariana sich wieder einmal herauszureden.

      Ich blickte meine Mutter mit meinem Ich-weiß-alles-Blick an, in der Hoffnung, dass sie endlich redete.

      >>Ok. … Ich weiß, dass du alles wissen willst, aber nicht, wo ich anfangen soll… << Mariana ringt mit ihren Händen. Das ist also keine einfache Geschichte.

      >> Vielleicht beim Anfang, wo man beginnt alles zu verstehen! <<, versuche ich hilfreich zu sein.

      >>Gut. << Sie fährt nervös mit ihren Händen durch die Haare. >>Der Anfang ist gar nicht so leicht. Nur, dass nicht jeder Anfang für alle Ohren bestimmt ist. << Sie holte tief Luft. >> Du weißt ja, dass wir Hexen sind. Nun mit bestimmten oder unbestimmten Fähigkeiten, aber wir sind auch seit über Tausend Generationen Stammeshexen. Wir sorgen für das Gleichgewicht der Natur. <<

      Ich nickte, noch erzählte mir Mutter ihr nichts Neues.