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Paulo wird Hochschullehrer und Vater (10)


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die Zeit der Finsternis ein Ende hätte. Am nächsten Morgen fuhr ich gegen 11.45 h zum Flugplatz, um Seldit abzuholen, sie käme mit der 12.15 h-Maschine, allein, die Heizungsmonteure brauchten noch eine Zeit für die Reparatur, wie Seldit am Telefon gesagt hatte. Die Maschine landete pünktlich und ich schloss nach wenigen Augenblicken Seldit in die Arme, wir freuten uns, uns zu sehen. Seldit bestellte Grüße von Bortan, der sich entschuldigen ließ und den Kindern. Wir fuhren gleich zu Marietta und Seldit und sie umarmten sich, Marietta war froh, von da an Seldit bis zur Geburt bei sich zu haben und ich musste auch sagen, dass ich mich freute, jemand so Erfahrenen wie Seldit im Hause zu haben, ich war in der letzten Zeit etwas angespannt und merkte gleich, dass ich gelöster wurde, seit Seldit bei uns war. Seldit brachte ihre Sachen auf ihr Zimmer und ich ging mit Marietta und mir in unser neues Kinderzimmer.

      Seldit wäre hin und weg, sagte sie, so schön fände sie den Raum. Dann kochte ich Kaffee und wir setzten uns vor den Kamin, Seldit sagte zu Marietta, dass ihr dann nichts mehr passieren könnte. Marietta sehnte den Tag ihrer Entbindung herbei, sagte sie, sie wäre so durch ihren Bauch gehandicapt, dass sie sich die Befreiung von ihrer Last wünschte. Das könnte Seldit gut verstehen, sagte sie, Marietta sollte nur noch ein paar Tage aushalten, dann würde sie befreit werden und könnte sich bewegen, wie in alten Zeiten. Sie müsste dann allerdings eine Zeit lang Sport treiben, damit sich der Bauchlappen, der nach der Geburt bliebe, zurückentwickelte, einige Wochen lang Situps machen, das wirkte Wunder. Ich ging zu den Tieren und fütterte sie, sie waren im Grunde zwei sehr genügsame Vertreter ihrer Art, ich musste oft an sie denken, wenn wir vor dem warmen Kamin saßen und sie draußen in der Eiseskälte in ihrem Verschlag hockten, aber das machte ihnen überhaupt nichts aus. Wir saßen abends noch lange mit Seldit, ich berichtete von meinem Besuch in Kavaniemi zusammen mit Pekko und erzählte besonders von Jemina und Eljas, die uns bei sich aufgenommen hatten, ich fragte Seldit, ob sie schon einmal im Teen-Reich gewesen wäre und sie verneinte meine Frage. Sie würde aber sehr gerne einmal hinfahren, einfach, um unsere Nachbarn kennenzulernen, man hörte so wenig von ihnen und hätte auch sonst keinen Kontakt zum Teen-Reich. Dann erzählte Seldit, dass zu Hause schon seit Tagen ihre Heizung kaputt wäre und sie teilweise im Mantel im Hause gesessen hätten, Bortan hätte laufend den Kamin befeuert, um auf diese Weise wenigsten etwas Wärme ins Haus zu bekommen. Die Jungen wären in den letzten Tagen immer schon zu Freunden gegangen, damit sie zu Hause nicht frieren mussten. Bei uns wäre es wenigstens schön warm, sagte Seldit, wenn es nach ihr ginge, wäre am nächsten Tag Frühlingsanfang, aber das Klima könnte niemand beeinflussen. Wie es denn unseren Tieren ginge, fragte sie dann, Lauha und Herkko tobten durch den Garten, dass es eine Freude wäre zuzusehen. Unsere Tiere wären kerngesund, auch sie sprängen im Garten herum, schliefen aber auch viel, sagte ich, Lauha und Herkko wären ja auch schon älter.

      Ich stand auf und holte „Kum“ und Obst für uns, das wir aßen, während wir uns unterhielten. Ich sagte, dass ich ein Skelett im Auto liegen hätte, das ich in mein Hochschulbüro bringen müsste, ich würde es zur Unterstützung bei meiner Vorlesung in Anatomie benutzen. Ich schlug vor, am nächsten Tag Pekko und Kaija einzuladen, Pekko hätte immerhin die Arbeiten im Kinderzimmer veranlasst und Kaija hätte die Gardinen genäht. Das wäre eine gute Idee, sagte Marietta, dann würden wir mit den beiden Kaffee trinken und uns mit ihnen unterhalten, sie mochte die beiden sehr, weil sie so aufrichtig wären. Das bestätigte Seldit, sie kannte Pekko noch von früher, er wäre immer mit Bortan zusammen gewesen, bis sie Bortan geheiratet hätte, dann hätte sich der Kontakt leider ein wenig verloren. Seldit hatte nichts dabei, das man vielleicht bei uns Menschen bei Geburten gebraucht hätte, wie zum Beispiel eine Geburtszange, so etwas würde bei den Goor nie gebraucht, sagte sie, die Geburten verliefen bei den Goor immer glatt und ohne Probleme.

      Klaus-Jarmos Geburtsvorbereitung

      Seldit sähe bei Marietta überhaupt keinen Hinweis auf irgendwelche Komplikationen und ginge von einer ganz normalen Geburt aus, wie sie sie schon x-mal hinter sich gebracht hätte. Ich fragte Seldit, ob ich bei der Geburt dabei sein dürfte und Seldit antwortete, dass sie das sogar von mir erwartete, ich könnte vielleicht helfen. Am nächsten Morgen saßen wir alle die bei unserem Kaffee und ich ließ die beiden für einige Stunden allein, weil ich zur Hochschule und das Skelett in mein Büro bringen wollte. Ich fuhr also mit dem Wagen zur Uni, die von uns nur drei Minuten zu Fuß entfernt lag, aber ich hätte das Skelett schlecht dorthin tragen können. Ich parkte auf dem Uni-Parkplatz und nahm das Skelett vorsichtig vom Rücksitz, um es neben das Auto zu stellen und dann Richtung Haupteingang zu rollen. Die ganze Szenerie hatte etwas Skurriles, ein Mensch rollte ein Goor-Skelett neben sich her und schob es über den Uni-Parkplatz. Tatsächlich blieben von den wenigen Goor, die auf dem Parkplatz zu finden waren, auch einige stehen und schauten zu, was ich denn bloß mit dem Skelett vorhatte. Ich ließ mich aber nicht beirren und betrat das Uni-Gebäude, in dem sich das Uni-Rektorat befand.

      Ich klopfte an die Tür und betrat nach dem „Herein!“ das Vorzimmer des Rektors, in dem dessen Sekretärin saß, die sehr verdutzt dreinschaute, als sie zuerst mich und dann das Skelett durch die Tür kommen sah. Sie fing sich aber sofort, nachdem ich meinen Namen und mein Ansinnen genannt hatte:

      „Dr. Köhler, wir haben schon auf Sie gewartet!“, sagte sie und gab mir die Hand, „einen Moment, ich melde Sie dem Rektor!“ Dann öffnete sich die Tür zum Rektorzimmer und vor mir stand ein relativ kleinwüchsiger Goor, der der Uni-Rektor war.

      „Schön Sie kennenzulernen, Dr. Köhler!“, sagte der Professor zu mir „und wie ich sehe, haben Sie Unterstützung mitgebracht“ und wies auf das neben mir stehende Skelett. „Ja“, sagte ich, „ich bin eigens nach Kavaniemi gefahren, um mir ein Skelett zu besorgen, ich brauche das für meine Anatomievorlesung“.

      „Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Büro, das wir für sie freigeräumt habe, ich hoffe, es gefällt Ihnen!“, sagte der Rektor. Wir betraten auf einem Nebenflur einen Raum, der sehr funktional eingerichtet war und in den im Sommer durch im mittlerer Höhe angebrachtes Fenster Licht fiel, wenn draußen die Sonne schien.

      „Das ist das Zimmer ihrer Sekretärin!“, bemerkte der Professor und ich tat überrascht, mit einer Sekretärin hatte ich gar nicht gerechnet und dann öffnete er eine von dem Vorzimmer abgehende zweite Tür und betrat mit mir einen Raum, in dem ein riesiger Schreibtisch prangte, mit bequemem Schreibtischstuhl und einem großen Bücherregal an der Wand.

      „Sie müssen sich den Raum erst nach Ihrem Geschmack einrichten“, meinte der Professor, „Ihre Sekretärin wird ab kommenden Montag für Sie bereitstehen.“ Mein Büro hatte ein riesiges Fenster zur Waldseite hin, es erlaubte mir einen Blick auf die große Waldfläche, die wir seinerzeit wandernd durchmessen hatten, sehr angenehm. Fast scheute man sich, Büro zu diesem repräsentativen Raum zu sagen, er war ausladend und freundlich, wenn dann bald wieder die Sonne schiene und ihr Licht den Raum durchflutete, wäre er warm und anheimelnd. Ich stellte das Skelett zunächst neben meinen Schreibtisch, wo es fürs Erste seinen Stammplatz haben würde, bevor ich es endgültig neben das Regal an die Wand stellte.

      Ich ging mit dem Rektor wieder zurück und ließ mir von seiner Sekretärin die Schlüssel zu meinen Büroräumen geben, ich war von dem Zeitpunkt an Mitarbeiter der Hochschule von Ta`amervan. Der Rektor führte mich in sein Büro und nahm mir den Amtseid ab, dessen Formel ich ihm nachsprach. Dann befiel mich plötzlich ein Gefühl von Wichtigkeit, ich war offizieller Funktionsträger im Goor-Reich geworden, daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Ich müsste mir einige Dinge besorgen, mit denen ich mein Büro verschönerte, zum Beispiel müssten unbedingt eine paar schöne Blumen in den Raum gestellt werden, auch müsste ich an einige Bilder denken, die ich an die Wand hinge, auf meinem Schreibtisch würde ein Bild von Marietta und Klaus-Jarmo stehen. Ich bedankte mich bei dem Rektor und seiner Sekretärin für die freundliche Aufnahme und ging wieder zum Parkplatz zurück, um dann nach Hause zu fahren. Dort erzählte ich Marietta und Seldit von der netten Universitätsleitung und meinem freundlichen Büro, ich hätte sogar eine Sekretärin, über deren Aufgaben ich mir erst einmal Klarheit verschaffen müsste. Ich müsste mir viele Bücher besorgen, sagte ich, ferner brauchte ich Blumen und Bilder, um das noch recht kalt aussehende Büro etwas aufzufrischen. Seldit sagte mir, dass ich bei den Blumen Abstriche machen müsste, in der dunklen Jahreszeit hielten