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Paulo wird Hochschullehrer und Vater (10)


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und schlug uns dann vor, sie zu sich nach Hause zu begleiten, ihr Mann und sie freuten sich immer über Gäste, noch dazu welche aus dem Ausland. Das nahmen wir gerne an, sie hätte dann Feierabend, sagte sie, wir sollten unser Skelett nehmen und mit zum Parkplatz gehen, dort stünden wir doch sicher auch mit unserem Wagen, wir sollten das Skelett hineinlegen und ihr hinterherfahren. Sie fuhr einen kleinen Toyota, wahrscheinlich würde der im Teen-Reich in Lizenz gebaut, es war ein Gas-Auto, das mit Methan fuhr. Im Teen-Reich gab es auch den Metanhydrat-Abbau und die Energieversorgung mit Methan, genauso wie im Goor-Reich, die Versorgung mit Methan kostete die Teen aber eine Kleinigkeit, nicht nur an der Tankstelle, sondern die Teen bekamen auch eine jährliche Rechnung von ihrem Energieversorger. Das waren aber nur kleine Beträge, die da zu zahlen waren.

      Es gab bei den Teen einen Geldumlauf, sie gingen einer Beschäftigung nach, für die sie entlohnt wurden, damit sie über Geld verfügten. Wir fuhren nicht weit, die Stadt war ja nicht groß und hielten in einem Vorort vor einem ansehnlichen Haus, das unserer Uni-Mitarbeiterin und ihrem Mann gehörte. Wir stiegen aus und gingen hinein, wo wir den Hausherrn im Wohnzimmer antrafen, der etwas verdutzt dreinschaute als er uns sah, seine Frau klärte ihn über uns auf, wir sagten, dass wir Pekko und Paulo hießen und aus dem Goor-Reich kämen. Er stellte sich als Eljas vor und sagte, dass wir herzlich willkommen wären, was wir sehr nett fanden, schließlich kannten wir uns ja nicht. Dann schüttelte seine Frau noch einmal unsere Hände und stellte sich als Jemina vor, sie fände es doch am besten, wenn wir uns direkt mit unseren Vornamen anredeten, das wäre doch herzlicher. Eljas bat uns, Platz zu nehmen und bot uns ein Bier an, das wir dankend entgegennahmen und wir stießen mit Jemina, die sich auch ein Bier genommen hatte und Eljas an. Es stellte sich im Gespräch heraus, dass Jemina Lehrbeauftragte für Physiologie war und einen Doktor in Medizin hatte, Eljas war leitender Ingenieur beim Energieversorger der Stadt, sie arbeiteten beide an drei Tagen die Woche ungefähr vier Stunden und kamen dann wieder nach Hause. Sie fragten mich dann, wie ich als Mensch ins Goor-Reich gekommen wäre und ich erzählte Mariettas und meine Geschichte, wie wir als Ärzte die damalige Prinzessin Eira von einer Lyme-Borreliose geheilt hätten und seitdem gut im Goor-Reich lebten, nachdem wir beide jünger geworden waren, jedensfalls körperlich, geistig wären wir auf unserem gereiften Entwicklungsstand stehengeblieben.

      Ich erwähnte, dass Marietta und ich in zehn Tagen Eltern würden, wir bekämen eine Jungen, der Klaus-Jarmo heißen sollte, Jarmo wäre der Name des alten König gewesen. Ich holte das Skelett, weil Eira mir einen Lehrauftrag für Anatomie an der Universität in Ta`amervan gegeben hätte. Da wären wir vom Fach her ja verwandt, warf Jemina ein, sie hätte das Skelett ausgesondert, weil sie in den Seminarräumen auf Smartboards umgestellt hätten und dort mit Computern arbeiteten, die ein virtuelles Skelett auf das Board projizierten. Da wäre ich ja dann von der ganz alten Schule, sagte ich, aber ich wollte mich dem Neuen nicht verschließen, Jemina sollte mir doch am nächsten Tag die Smatboards einmal vorführen. Das wollte Jemina gern tun, sie müsste um 10.00 h in die Uni, dorthin sollte ich sie begleiten, sie würde mir dann um 11.30 h, nach ihrem Seminar, das Smartboard zeigen. Sie wäre überzeugt davon, dass mir die Smartboards gefielen, sie machten vieles in der Lehre einfacher, es entfiele der lästige Tafelanschrieb, man könnte zu Hause vorbereitete Programmschritte mit seinem Laptop, den man anschließen könnte, auf dem Smartboard produzieren. Dann fragte Eljas, was Pekko im Goor-Reich machte und Pekko erzählte, dass er am Hofe Königin Eiras für alles zuständig wäre, was zu reparieren, zu beschaffen wäre oder instand gehalten werden müsste. Er wäre schon sehr lange auf dem Schloss beschäftigt, schon zu Zeiten der alten Königin hätte er auf dem Schloss angefangen. Eljas sagte, dass er mit der Gasversorgung der Einwohner von Kavaniemi zu tun hätte, das liefe im Grunde völlig problemfrei, weil die Methanhydratförderung immer auf Hochtouren gefahren würde.

      Jemina und Eljas waren sehr nett, wir aßen „Kum“ mit ihnen, das aber fischig schmeckte, wir hielten uns deshalb vornehmlich an Obst. Kinder hatten sie keine, es wäre ihnen nie die Idee gekommen, Kinder in die Welt zu setzen, sie hätten viele Bekannte mit Kindern und oft gedacht, wie schön es doch wäre, Kinder zu haben, hätten dann aber auch gesehen, besonders bei Eltern mit Kleinkindern, dass das Leben mit Kindern auch einiges an Kraft erforderte. Sie wollten mich, der ich ja bald Vater würde, aber nicht mit ihren Worten abschrecken, fügte Jemina noch hinzu. Ich entgegnete, dass Marietta und ich lange überlegt hätten, ob wir ein Kind haben wollten, es hätte dann aber der Kinderwunsch überwogen, vielleicht weil wir Menschen wären. Dann sprachen wir über das Leben bei den Teen, es liefe alles einen komplikationslosen Gang, alle liebten König Jyri, der das Reich schon seit fast vierzig Jahren regierte, es gäbe kaum Kriminalität, die Teen wären gut versorgt und lebten sicher, sie fühlten sich jedenfalls beide sehr wohl, so wie sie lebten, sagte Eljas. Wie weit es eigentlich von Ta`amervan bis nach Kavaniemi wäre, fragte Jemina dann und wir antworteten, dass wir vierhundert Kilometer gefahren wären, das wäre schon sehr anstrengend gewesen, wir hätten aber mit unserem Skelett nicht fliegen können, weil es mit Sicherheit beim Fluggepäck beschädigt worden wäre. Wir sagten, dass wir fünf Stunden gefahren wären und eine Pause kurz vor der Grenze gemacht hätten. Es war inzwischen 22.30 h geworden und wir gingen schlafen, Jemina und Eljas hatten ein Gästezimmer, das sie uns gaben.

      Pekko und ich wollten uns am nächsten Tag Kavaniemi ansehen und nicht so spät aufstehen, wir mussten vorher noch mit Jemina zur Uni, wir saßen um 8.00 h am Tisch, tranken Kaffee und aßen süßes „Kum“, das deutlich besser schmeckte als das gewöhnliche „Kum“. Eljas musste um 9.00 h bei seinem Energieversorger sein, er verließ das Haus um 8.30 h.

      Um 9.30 h fuhren wir mit Jemina zur Uni und setzten uns für die Dauer ihres Seminars in das Uni-Cafe, wo während der Vorlesungszeit nicht viel los war. Um 11.30 h waren wir bei Jemina im Büro, Jemina machte einen frischen Eindruck, sie war kein bisschen geschafft von ihrem Seminar. Sie ging mit uns in den Seminarraum und schaltete ihren Laptop und das Smartboard an, um dann einen Kurzvortrag zu starten. Es erschien auf der Anzeigefläche ein Skelett und man konnte dann einzelne Knochen quasi herausnehmen und sie sozusagen gesondert betrachten, man konnte auch Brüche simulieren und sie virtuell behandeln. Das war wirklich faszinierend, anzusehen, wie Jemina gekonnt und geübt mit dem Medium umging und in größtmöglicher Anschaulichkeit die Grundlagen der Anatomie erklärte. Sie hätte am Nachmittag noch eine Veranstaltung und wollte die Mittagspause auf dem Campus und in ihrem Büro verbringen. Sie schlug uns vor, das Stadtmuseum von Kavaniemi zu besuchen, dort gäbe es eine Menge aus der Geschichte des Teen-Reiches und aus dem Alltag der Teen zu sehen, am frühen Nachmittag wäre es im Museum auch sicher nicht so voll wie am Vormittag, wenn die Schulklassen lärmend durch die Gänge strömten. Wir sähen uns dann am Nachmittag wieder bei ihr zu Hause, sagte Jemina und wünschte uns einen angenehmen Aufenthalt in der Stadt. Das Museum lag im Stadtzentrum, es gab dort so einen ähnlichen Platz wie in Ta`amervan, ob er allerdings magische Kräfte in sich barg wie unser Platz, wussten wir nicht. Der Platz war in erster Linie Parkplatz, was ihm viel von seiner Attraktivität nahm. Als Pekko und ich unseren Wagen dort abgestellt und uns Richtung Museum bewegt hatten, zuckten wir plötzlich zusammen, hinter uns hupte ein Auto wie verrückt und hätte uns beinahe überfahren, wenn wir nicht rechtzeitig zur Seite gesprungen wären, der Fahrer zog an uns vorbei und schüttelte nur mit dem Kopf. Wir waren die Goor-Verhältnisse gewöhnt, wo die Fußgänger absolute Priorität genossen, das galt im Teen-Reich natürlich nicht, und wir kamen langsam wieder zur Ruhe, uns war das Herz in die Hose gerutscht. Die Straße vor dem Stadtmuseum überquerten wir übervorsichtig und schauten nach links und rechts, ob auch kein Auto kam, das uns hätte überfahren können.

      Im Museum war es wirklich nicht sehr voll, wir gaben an der Kasse einen Coupon ab, mit dem der Eintritt für uns beide abgegolten war, wir nahmen von der Kasse einen Prospekt mit. In vier Ausstellungssälen war die Geschichte des Teen-Reiches dargestellt, ähnlich wie im Museum in Ta`amervan die Geschichte des Goor-Reiches. Auch in Kavaniemi reichte die Geschichte nur bis zum Mittelalter zurück, was sich dort in der Antike abgespielt hatte, darüber erfuhr der Besucher nichts. Es wurden Gemälde von der Stadtgründung Kavaniemis gezeigt, im nächsten Saal gab es die Darstellung einer kriegerischen Auseinandersetzung mit den Krat, die das Teen-Reich für kurze Zeit besetzt hatten, dann aber von den Teen vertrieben wurden. Seitdem war das Verhältnis zwischen den beiden Reichen hoffnungslos zerrüttet.

      Im dritten Saal wurde gezeigt, wie sich die Verhältnisse bei den Teen nach