Ally Park

Rebellische Leidenschaft


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benommen von meiner Weiblichkeit, versuche ich zur Besinnung zu kommen.

      Ich krame in meiner Tasche und finde mein iPhone. Andere Gedanken müssen jetzt her – schnell. Ich nutze die Fahrt und will mit meinen Kindern telefonieren. Es ist kurz nach zwei am Nachmittag, da sollten sie aus der Schule zurück sein.

      ZWEI

      Es läutet. Alles, was ich höre ist: „… Run just as fast as I can. To the middle of nowhere. To the middle of my frustrated fears. Frustrated fears. And I swear you're just like a pill. Just like a pill …“, das Radio im Taxi dröhnt – PINK. Eigentlich ist das nicht mein Lied, aber es erregt in mir heute erstaunlicher Weise Entzücken. In Gedanken an eine tiefe Stimme und einen wahnsinnig charismatischen Mann, ertappe ich mich beim Mitsummen…

      „Hi, Darling“, nehme ich zwischendurch wahr… „Äh, hallo“, stammle ich erschrocken. Ich besinne mich, hole tief Luft, blende den lauten Radio aus: „Sind die Kinder wieder zu Hause? Ist alles in Ordnung?“ „Aber klar, ich habe gerade das Wettrennen zum Telefon gewonnen“, schreit John in den Hörer, den Aaron ist im Hintergrund bestimmt Zweiter geworden – er ist nicht zu überhören. „Ich geb dir gleich Aaron, bye!“, nehme ich noch wahr und dann höre ich: „Hi, Mum, alles klar in Gibraltar?“ Aaron findet so was immer sehr cool. „In Mathe hab ich eine eins, Gregor hat eine eins minus, wir waren die besten, alle anderen haben zweier!“ „Ich freue mich, gratuliere, das hast du ja toll gemacht! Wie clever Gregor und du doch seid, kommt Gregor nachmittags wieder zu dir zum Spielen?“, ich bin stolz und freue mich, dass Aaron ein guter Schüler ist. Er und Gregor ergänzen sich wunderbar und verstehen sich schon seit der ersten Klasse blendend, das ist selten, ich schätze es umso mehr. „Sid will dir auch was sagen, bye Mum!“

      „Hallo, Mama?!“ „Ja, hi, was war bei dir los, alles gut gegangen heute?“, erkundige ich mich. „Ja, Frau Mandl war krank und wir haben einen neuen Lehrer bekommen. Einen Mann! Der hat Schlangen zu Hause, hat er erzählt, der ist cool, kann ich jetzt immer zu dem gehen?“, das ist Sidney. Er ist jetzt in der ersten und sucht sich nur das Gelbe vom Ei, ein Schmunzeln kann ich mir nicht verkneifen. „Oh, ich fürchte, das wird nicht gehen, deine Lehrerin ist doch Frau Mandl, vielleicht kann er ihr ab und zu helfen oder du hast ihn in einer höheren Klasse mal?“, versuche ich Sidney ein NEIN akzeptabel vorzubereiten. „Ja, hast recht, Frau Mandl kann auch viel besser Geschichten vorlesen, ich muss jetzt noch fertig essen, ok?“, scheint Sid die Sache zu akzeptieren. „Alles klar!“, jetzt werde ich schlagartig unruhig, mein Gewissen meldete sich zurück. „Ich geb dir Dad“, höre ich und mir bleibt die Luft weg, mein Herz rast, mir wird viel zu heiß… „Wie war das Meeting? Bekommt ihr die Chance für einen weiteren Termin in großer Runde?“, will John von mir wissen. Stille.

      „Bist du noch da, ich hör dich nicht?“, fragt John weiter. „Äh, ja, es lief gut, ich denke, wir sind im Rennen.“ Ich klinge viel zu prüde, was hab ich nur? „Na, überzeugend klingt das nicht, das Meeting war bestimmt anstrengend und man hat dich doch mit Detailfragen gelöchert – ich verstehe schon. Sonst erzählst du wie ein Wasserfall? Aber ich bin mir sicher, du kriegst das hin! Ich will dich nicht nerven. Wann landest du? Wir kommen dich holen – ist das ein Angebot als Entschädigung für den harten Arbeitstag?“, John ist wie immer verständnisvoll – in den 20 Jahren in denen wir zusammen sind, brauche ich ihm nichts mehr zu sagen, er weiß es schon…

      „Nein, ich schaff das schon mit einem Taxi, ich komme genau zur Rushhour an, lass mal. Ich hab dich lieb, ich muss aufhören, wir sind am Flughafen, bin zum Abendessen zu Hause, überrascht mich mit etwas Gutem, ok?“, artikuliere ich in mein iPhone, das mittlerweile zwischen meiner rechten Schulter und meinem Ohr eingeklemmt ist, während ich das Taxi bezahle. Es fühlt sich gut an, John nervt nicht.

      Mein Flug nach München ist bereits in den obersten Reihen auf der „Departure-Wall“ gelistet, als ich in die riesige Eingangshalle stolziere. Jetzt beginnt wieder der ewig nicht enden wollende Parkour: Rolltreppen hinauf, Sicherheits-und Passkontrolle, lange Rollbänder entlang und nach der Shoppingmal nur noch die langen Rollbänder zum Gate.

      Der Flug ist ruhig, wie immer will ich das Meeting nochmals resümieren, doch immer wieder schleichen sich Gedanken an Ron ein und lenken mich ab. Ich bin hin- und hergerissen, er ist ein attraktiver Mann, sehr groß und schlank, elegant und redegewandt und er hat Charisma. Wie alt ist er nochmals. Schock Er muss 62 sein, das hätte ich nicht gedacht, der sieht ja verdammt gut aus. Eigentlich schätze ich Ron nicht viel älter als John. Und John ist 52. Ich lächle in mich hinein und sehe den Wolken beim Wandern zu.

      Ich male mir aus, wie attraktiv Ron wirklich ist, immerhin hat er auf mich sehr elektrisierend gewirkt. Dabei erwische ich mich, dass mir das gefallen könnte. Plötzlich erscheint das Zeichen, sich anzuschnallen, gleich bin ich wieder in München. Ich schüttle meinen Kopf und richte mich zurecht. Unsinn Angie.

      Endlich erreiche ich unsere Wohnungstüre im vorletzten Stockwerk eines Vorstadtmehrfamilienhauses in einer guten Wohngegend in München. „J. Miller“, lese ich am Türschild, als ob ich zu Besuch käme? Das ist mein Mann, in England geboren, der Liebe wegen in Deutschland geblieben. Jetzt hat er endlich in einem Labor in einem großen Konzern eine passende Anstellung gefunden. Jahrelang musste John suchen, um wieder Arbeit zu finden. Nicht leicht in Zeiten wie diesen und mit seinem englischen Handikap. Wie waren wir in der Vergangenheit auf mein Funktionieren doch angewiesen? „J. Miller“, richtig Angie mein Mann. Ich dreh den Schlüssel um und sehe schon Sid im Flur auf mich zurasen.

      „Mamaaaaaaaaaaa“, ich schließe ihn in meine Arme und genieße die Liebe meines Sohnes. Aaron hängt sich auch an. Albern? Vielleicht, aber es tut gut, die Nähe meiner Kinder zu spüren. Wippen und Schwanken, immer wieder hüpft Sid auf mich und vor lauter Lachen kippen wir fast um. Dann richte ich mich auf und da steht John, er nimmt mich – wie immer – in die Arme und küsst mich. Schon wieder Wallungen, ja ich bin zu Hause, alles ist gut? Wir essen wie so oft gemeinsam zu Abend. Es gibt überraschender Weise Geflügelsalat. Leichte Kost, das habe ich wirklich gerne abends. Aaron und Sidney lassen sich nicht anmerken, dass es sicher Papas Idee war, mit dem Salat – ich lasse mir diesen Gedanken auch nicht anmerken.

      Endlich sind die Jungs im Bett. Ich lasse mich auf unser übergroßes, beiges Sofa fallen und knipse den Fernseher an und zappe zu den Nachrichten. John bringt mir ein Glas Wein und setzt sich nah zu mir, er hebt das Glas und klingt ruhig: „Auf dich, ich bin froh, das ich dich gefunden habe!“ Er nähert sich, nachdem ich einen Schluck genippt habe. Wir versinken in einen tiefen innigen Kuss. Plötzlich kommen mir Bilder von Ron, ich schrecke zurück. Hat John etwas gemerkt, ich überspiele die Situation mit Witz und necke John. „John, die Kinder sind grade im Bett – warte ein bisschen.“ Ich zeige mich sehr interessiert am Fernsehen. Warum Ron?

      „Ja, die Favoriten sind ausgeschieden, hast du es auch gehört, unfassbar!“ Ich realisiere erst jetzt, dass wir bereits beim Sport sind und es um Skifahren geht, ich und Skifahren? Shit, ich muss mich im Griff haben.

      Ein wenig später nimmt mich John wieder in den Arm und im Nu finde ich mich im Schlafzimmer wieder. Ich trage mein kurzes rotes Negligee. John verführt mich, das gefällt mir. Das Mondlicht scheint durchs Fenster. John hat einen kräftigen Oberkörper, ich kann seine Silhouette gut erkennen. Er ist sportlich, durchtrainiert und bereit. Ich vergrabe mich förmlich in seinen prallen Oberarmen, ich liebe seine breiten Schultern. John nimmt mit einer kräftigen Hand meine wallenden Haare und zieht meinen Kopf leicht nach hinten, dann spüre ich seine mich küssenden Lippen. Sie wandern von meinem Ohr in tänzelnden Kreisbewegungen in Richtung Kinn. Jetzt lässt er meine Haare lockerer. Dann wird meine Mähne wieder frei gegeben. John packt mich an den Hüften. Er hebt mich hoch, setzt mich auf sein Becken und drückt mich gegen unseren Wandschrank. Meine Beine schlingen sich um seinen Körper. Er ist sinnlich. Er ist sanft und heftig zugleich.

      Bilder von Ron tauchen auf? Er spielt mit seiner Zunge über seine Lippen.

      Meine Augen öffne ich jetzt und sehe John. Der Takt wird schneller. Es gefällt mir. Ich wippe im Rhythmus, meine langen weiten Locken umschmeicheln zart und