Ally Park

Rebellische Leidenschaft


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schnappe ich wieder draußen an der Einkaufsmeile irgendwo auf. Plötzlich habe ich eine Idee, das Kleid gibt viel Haut, vor allem am Rücken, frei. Schmuck dazu habe ich nicht, ich trage kaum einen, aber so ein Kristalltatoo, könnte mir gefallen.

      (2 Tage später, Freitagfrüh)

      Hastig steige ich aus meinem Taxi und finde mich auch zum heutigen Valentinstag am Flughafen in München schnell zurecht. Die Karten meiner Kinder mit den klassischen Herzen habe ich wie immer heute früh noch in unserer Küche feierlich aufgestellt, ich liebe diese Dinge, auch wenn sie manche kitschig finden. Jetzt bin ich aber nicht Mama, sondern Businessfrau.

      Peter drückt mir kurz und knapp die versprochenen Unterlagen in die Hand und gleich darauf finde ich mich beim Suchen meines Sitzplatzes im Frühflug nach Wien. Bei meinem obligaten Kaffee stöbere ich zunächst die Unterlagen von Sonja durch, ich hab sie gestern noch ausgedruckt, aber nicht mehr durchgesehen. Ron ist nie verheiratet gewesen, er hat Kinder, er hat keine Geschwister. Er hat in London studiert und promoviert. Wie ich hat er Jura studiert. Hat mehrere Immobilien in Moskau, London, Paris, Wien (ah ja), Miami (wow, muss schön sein), Montego…

      Interessant – nicht gefährlich, urteile ich und nehme mir nun den Teil über sein Leben vor: Mehrere Gerichtsverfahren, allerdings wurde er noch nie verurteilt. (Clever? oder Glück?) Entscheidungen trifft er immer rasch, es gibt nichts, wo Ron Kern lange überlegt, wenn es für ihn in Frage kommt. (Gut zu wissen!) Immer wieder kommt er im Zusammenhang mit dem ukrainischen Mafioso Sergej Olgdrov vor, dazu fand Sonja aber nichts. Jahrelange Beratertätigkeit für die großen Energiekonzerne im Osten, das weiß ich ja bereits. Er hat auch ein eigenes Unternehmen. Früher segelte er anscheinend gut, er gewann mehrere Regatten in Übersee. Jetzt fährt er aber Speedbootrennen. „Wichtig!“ steht da quer über die Seite, das erregt meine Aufmerksamkeit, was ist wohl wichtig? Vor zwei Jahren ist Ron anscheinend für knapp ein Jahr von der Bildfläche verschwunden. Warum ist fraglich. Es wird vermutet, dass er von der brasilianischen Mafia festgehalten wurde, weil er bei Drogengeschäften mitkassiert hat. Ich lege die Unterlagen vor mir ab, schließe die Augen und resümiere: interessant, gefährliche Szene, gut? Nein, ich urteile lieber nicht, aber ich weiß sehr viel, ich bin zufrieden und fühle mich sicher.

      Immer dann wenn ich Überraschungen vermeiden kann, fühle ich mich sicher. Viel mehr liebe ich es aber, wenn ich überrascht werde, schmunzle ich und packe die Unterlagen in mein Gepäck, das Flugzeug ist bereits gelandet und ich werde bald im Hotel sein, mich frisch machen und dann die Interessenten treffen.

      „Guten Tag, Mrs Miller, Sie wurden umgebucht, es steht eine Suite für Sie bereit“, empfängt mich ein junger gutaussehender Italo-Typ mitten im Hilton in Wien. Suite? „Gut, klingt gut“, ich nehme die Keycard und folge dem Herrn amüsiert zu meiner Türe. Erst im vorletzten Stock verlassen wir den Lift, der nette Italiener öffnet mir eine große Türe. Überwältigt gebe ich ihm einen Fünfer Trinkgeld, wahrscheinlich viel zu wenig, das ist mir aber egal.

      Ein rotweißes Rosenmeer und ich stehe mitten drinnen. Vor mir erstreckt sich ein Teppich aus Rosenblüten bis zur Glastür auf eine Terrasse. Dem Zauber folge ich, öffne die Tür nach draußen und mir liegt Wien zu Füßen. Atemberaubend, denke ich und wende mich wieder um, es ist kalt. Den Blüten folge ich hin zu einem Sideboard. Eine große Kristallvase bändigt einen Strauß von roten Rosen, darin steckt eine Karte. Neugierig greife ich nach ihr. In enger ausdrucksvoller Schrift steht dort:

       Schließe die Augen.

       Klettere mit mir auf den Regenbogen.

       Auf einen Sonnenstrahl.

       Hinauf zu den Sternen.

       In die Unendlichkeit.

      Mehr steht nicht drauf, ich wende die Karte, doch sie ist nur weiß. Berührt bin ich von einem unbekannten Zauber, aber ich weiß, die Karte ist von Ron. Es ist mir ganz und gar nicht recht, dass er seinen Namen nicht auch auf die Karte schreibt. Das macht mich unsicher. Dennoch ich liebe Überraschungen. (Vor allem solche und dann noch am Valentinstag.)

      Keine Zeit zu träumen, raffe ich mich auf. Schnell wechsle ich meine Garderobe. Diesmal trage ich Jeans, hellblau in Bereichen fast weiß ausgewaschen mit Kristallen besetzt (unechte natürlich), dazu passend ein weißes Top, eng mit weitem Carmenausschnitt, so kommt mein Swarovski-Tatoo an meinem Nacken bereits jetzt gut zum Ausdruck. Hochsteckfrisur und natürlich Highheels von Milano in weiß mit Perlenapplikationen. So suche ich nun in einem anderen Geschoß des Hauses den Saal C.

      Ist das nicht Herr Schulze von der RAC, denke ich mir, als ich einen großen gebräunten Herrn mit Glatze vor einer Türe im Kreise anderer Männer in Anzügen sehe. „Guten Tag, Mrs Miller“, erkennt auch er mich und befreit sich mit ein paar Schritten in meine Richtung aus dem Kreis. Einem nach dem anderen werde ich nun von Herrn Schulze vorgestellt. Auch die Politik hat sich heute eingefunden, vorgestellt wird mir der österreichische Minister Tadermahner. Er gibt mir entzückt die Hand: „Hallo, Mrs Miller, schön Sie kennen zu lernen.“ „Guten Tag, ich freue mich auch, Sie persönlich kennen zu lernen“, erwidere ich und bin erstaunt, dass die Erzählungen über sein Äußeres so exakt zutreffen – naja, schön ist eben anders. Gekonnt wende ich mich den weiteren Gästen zu und entkomme knapp einem Klapser, für den der Minister doch beinahe schon berühmt ist. So nehmen wir den Saal C Stück für Stück mehr ein. Gut fünfzehn Herren und keine Frau, das finde ich ok, ich bin’s gewöhnt, wo ist aber Ron?

      Eine vollbusige Blondine im schwarzen Kostümchen stöckelt ein wenig unschuldig herein, lässt sich aus ihrem Mäntelchen helfen und erklärt, nachdem sie ihre offene Mähne ungeschickt zurecht rückt, mit piepsiger Stimme: „Herr Kern ist verhindert, ich soll für ihn hier aufpassen.“ Die Aufmerksamkeit ist ganz auf sie gerichtet.

      Was? Meine Überraschung lasse ich mir natürlich nicht anmerken, in mir bebt alles – diesmal aus anderem Grund. Immerhin ist das Meeting doch überwiegend von ihm gewünscht gewesen? „Alles klar, dann darf ich Ihnen gleich die Unterlagen hier übergeben, für den Fall, dass sie noch keine haben? Mein Name ist Dr. Angelina Miller, ich präsentiere heute das Sommers-Hall-Verfahren und sie waren noch gleich?“, strecke ich äußerst straight dem Blondchen die Unterlagen entgegen. Sie weiß jetzt hoffentlich, mit wem sie es zu tun hat. Bereitwillig nimmt sie sie an sich und versucht mit: „Mein Name ist Nicole, Nicole Stick. Ron hat mir schon von Ihnen berichtet, ich habe einen Fragenkatalog mit.“ Gut, wenn du weißt, wer ich bin, denke ich mir und wende mich den übrigen in der Runde zu. Das Meeting ist genial, ich Punkte bei RAC, die Geschäftsführung signalisiert bereits heute, dass man investieren will. Nur Blondchen fragt nicht? Am Ende des Meetings muss ich es tun, ich konfrontiere Blondchen und erkundige mich nach den Fragen. Sie reagiert eingeschüchtert und übergibt mir eine Mappe: „Da drinnen steht alles, hat Ron mir gesagt, bitte!“ Ungeschickt schiebt sie die Mappe über den breiten dunklen Tisch. Fast wären die Erfrischungsgetränke am Tisch umgestürzt. Die Mappe vor mir liegend zögere ich kurz, dann nehme ich das Deckblatt innen in Augenschein, darauf steht in derselben Handschrift wie auf der weißen Karte in meiner Suite:

       Heute 21 Uhr,

       Penthouse,

       ich freue mich!

      Langsam schließe ich den Ordner, lächle ruhig in die Runde. „Gut dann sind wir hier am Ende unseres heutigen Meetings, ich bedanke mich noch einmal für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit. Sie alle haben nun Zeit, die Unterlagen zu studieren und beim gemeinsamen Dinner heute um 19 Uhr stehe ich gerne zur Verfügung, um die eine oder andere eventuell noch offene Frage zu beantworten.“ In mir brodelt die Freude, der Termin lief sensationell gut und ich werde Ron doch noch sehen!

      Es ist kurz vor 19 Uhr und ich betrachte mich in meiner Suite im Wandspiegel. Die Schuhe, das Seidenkleid und meine Hochsteckfrisur, alles sitzt. Ein paar Strähnen hängen gewollt in großen Engelslocken über den transparenten Stoff und umspielen meine Schultern. Das aufgeklebte Swarovski-Tatoo sieht geil aus, bewerte ich mein Äußeres bei meinen Verrenkungen vor dem Spiegel. Elegant schreite