Ally Park

Rebellische Leidenschaft


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spät.

      Verdutzt öffne ich den Umschlag, es ist ein Teil meines Swarovski Tatoos, das sich wohl heute Nacht gelöst hat – ich dachte ich hab es beim Duschen verloren? Wer ist der Unbekannte? Die Frage beschäftigt mich, während ich nun Obst zu Müsli schlichte und mir noch Ideen mit süßen Verlockungen für später hole.

      Vom Hotelpersonal erfahre ich viel später, dass Ron Kern bereits abgereist ist und meine Suite bezahlt ist, also will auch ich Wien verlassen. In meiner Suite nach dem großartigen Frühstück angekommen, will ich nur noch meinen kleinen Koffer packen, als ich einen prächtigen Strauß vorfinde – Orchideen – mit einer handgeschriebenen Nachricht von Ron.

       Du bist ein Traum,

       ich will Dich wiedersehen…

      Mit diesem Versprechen lande ich in München am späten Nachmittag.

      VIER

      Zuerst geht es mit dem Taxi vom Flughafen direkt ins Büro. Es ist menschenleer, kein Wunder am Wochenende! Zeit für mich, die Unterlagen kurz beiseite zu räumen und meine mitgebrachten Blumen in meinem nicht zu kleinen Büro an der Sitzecke neben meinem Schreibtisch zu dekorieren. Erst jetzt nehme ich das Taxi nach Hause.

      „Hallo, Mama!“, empfängt mich Aaron in unserer Eingangstür. Ich streife meine Highheels ab und umarme meinen Großen. „Wie war dein Training?“, erkundige ich mich und ziehe meinen Mantel aus. „Gut, alles ok, wir haben gewonnen, wie immer.“ Das ist also gut gegangen, erfreut mich die Nachricht. Mittlerweile ist auch Sidney im Flur und springt mich voller Freude an: „Hallo, Mami!“ Es ist schön zu Hause zu sein. „Hi, Darling“, strecke ich mich John, der ebenfalls in den Flur gekommen ist, entgegen und küsse ihn. Es ist gar nicht schwer, komisch.

      Den restlichen Abend albern die Jungs und ich vor der Playstation rum. Ich bin miserabel, wenn es um Computerspiele geht, das gefällt meinen Kids zu gut. Wir essen gemütlich zu Abend. Den Sonntag nützen wir vier für einen gemeinsamen Ausflug ins Grüne. Schnell sind Liegestühle, Jause und eben das Nötigste gepackt und wir fahren raus aus der Stadt in die Nähe eines Waldes. So genießen wir gerne die ersten Sonnenstrahlen im Jahr, denn Garten haben wir keinen. Doch auch so sind wir bisher glücklich gewesen. Zu verlockend ist den Kids ein Haufen maroder Stöcke, wahrscheinlich stammen sie vom letzten Winter. Die Jungs bauen damit bereits ihr kreatives Baumhaus und ich genieße mit John die ersten Sonnenstrahlen seit langem. Gedankenversunken verweile ich im Liegestuhl und wundere mich. Ich habe wunderbar geschlafen, denke ich mir und hebe mein Gesicht ein wenig der Sonne entgegen. Schlechtes Gewissen- Fehlanzeige. Habe ich nicht so, wie ich es noch am Rückflug befürchtet habe. Immerhin ist es nicht meine Schuld alleine, überlege ich weiter. Überhaupt trägt hier einer Schuld?

      Aaron und Sid klettern in den Bäumen ringsum und sind für die nächsten Stunden wohl beschäftigt. Ich sehe zu John hinüber. Unsere Beziehung scheint in die Jahre gekommen. Ich hasse Alltag und liebe einfach Neues und Veränderungen. Mahnend reagiert mein Unterbewusstsein: Auch in der Liebe? Ich werde nachdenklich. John erholt sich im Sonnenbad, es ist doch alles in Ordnung?

      Ich werde meine Familie nicht gefährden, das habe ich – bestimmt – nicht getan. Ich habe so etwas nicht vor! Verfallen und doch gedemütigt von Vorwürfen grüble ich weiter. Nur was führe ich dann im Schilde? Hab ich überhaupt einen Plan – ein Ziel? Sonst bin ich so besonnen und kalkuliert, nur diesmal einfach nicht.

      Sollte ich mich daran gewöhnen? Ist es als Frau falsch, wenn man auch mal seine Gefühle – und ich meine jetzt nicht die Liebe – zulässt? Ich beruhige mich – nun macht sich doch ein wenig schlechtes Gewissen breit – ich bin in eine Männerdomäne vorgedrungen. Einem Mann an meiner Stelle nimmt man solche Gelegenheiten wie sie eben kommen – und dabei entscheidet garantiert nicht sein Kopf – selten übel.

      Mehr noch: Männer feiern ihre Trophäen.

      Also, warum sollte ich das als Frau dann nicht auch so dürfen?

      Beruhigt – nicht wirklich – schweifen meine Gedanken ab und ich überlege, wie ich morgen meine Argumente vor Tomas darstellen werde. Er wird sich freuen, immerhin haben wir einen großen Investor fix – die RAC.

      Wieder ist Montag; In der Früh bringe ich wie gewohnt zunächst Aaron und Sid zur Schule, dann fahre ich weiter ins Büro.

      Stolz öffne ich meine Bürotür, um sie rasch hinter mir zu schließen, betrachte sehnsüchtig die Orchideen, sie duften herrlich. Wien scheint mir so präsent. Gut haben sie die Reise überstanden, ich bin zufrieden.

      Kaum habe ich mein Cape abgelegt, stolpert auch schon Tomas zur Türe herein. „Hi, Angie, wie war’s, erzähl! -Schön, dass du wieder da bist!“, kommt Tomas gleich zur Sache. „Die RAC ist fix dabei!“, damit will ich gleich einmal punkten. Schon strahlt Tomas über sein breites Gesicht: „Das ist gut zu hören, in einer Stunde habe ich eine Telefonkonferenz mit unseren Shareholdern, die wollen Fakten. Und das ist ein gutes Faktum!“ Bemüht versuche ich nun meine Erklärung: „ION wird ein harter Brocken, Kern ist nicht einfach zu motivieren, aber …“ Da fällt mir Tomas ins Wort: „Das war mir völlig klar, dass Kern nicht gleich ja sagt, das wäre zu schön gewesen! Die RAC ist schon mal ein Bonus für heute, den Rest bekommst du auch noch hin. Du siehst gut aus, es ist dir nicht schlecht ergangen, das ist schön zu sehen, Angie. Ich melde mich nach der Telko, bis später!“, und Tomas verlässt sehr zufrieden mein Büro. Mein Insiderwissen von Sonja behalte ich dann lieber für mich, Ron trifft nur schnelle Entscheidungen, das weiß Tomas also nicht?

      Zurück an meinem PC, merke ich erst, wie lange ich nicht hier war. Eine Menge an Emails hat sich angesammelt, ich beginne sorgfältig eine nach der anderen zu bearbeiten. Es tut gut mal nicht in Gedanken hin und hergerissen zu sein und sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Da läutet auch schon mein Telefon. Durchgewählt, hm wer wird das sein?

      Meine Neugierde steigt plötzlich dramatisch. „Ja?“, frage ich förmlich in den Apparat. „Hi, Darling“, es ist John, ungewöhnlich um diese Zeit, mit dieser Nummer. „Was ist los?“, will ich sofort wissen. „Richy hat gerade angerufen, wir könnten für eine Woche als eine Männerrunde an den Gardasee, er hat gefragt, ob ich frei bekomme?“ John lächelt, das höre ich. „Na, da muss ich noch überlegen?“, reagiere ich im Spaß, ich bin John dankbar, dass er mir die Wienreise ermöglicht hat, wie kann ich jetzt nein sagen? „Aber sicher doch, um welche Woche geht es?“ „Wir fahren morgen also Dienstag bis Dienstag. Ursprünglich wollte Andi mit, er ist aber ausgefallen, jetzt bleibt ihnen ein Platz leer, ich könnt eine Auszeit brauchen?“, rechtfertigt John sich beinahe schon. „Fahr mit, du hast recht, du nimmst dir eine Auszeit, mach nur!“, ermutige ich John. „Love you!“, und weg ist er. Ich wende mich wieder meinen Emails zu.

      Wieder läutet es, dieses Mal intern, es ist Tomas. „Ja, wie ist es gelaufen?“, reagiere ich nervös. „Soweit gut“, entgegnet Tomas knapp, das gefällt mir nicht. „ION scheint gar nicht so das Problem zu werden, Angie. Die Strategie der ION liegt voll auf unserer Seite, ION schwenkt angeblich mit der Unternehmensphilosophie um. Ganz in Richtung Umweltbewusstsein, will ION raus aus dem reinen Gaspipeline-Geschäft hin zum Händler, was ja für uns noch besser ist. Denn Händler, wie Speicher profitieren bei der Nutzung unseres Verfahrens. Es gibt sogar noch neue Interessenten aus Osteuropa.“ Stille. „Du musst auch dort intervenieren, das ist die nicht so erfreuliche Nachricht“, seufzt Tomas. „Wieso, ist das nicht mein Job?“, finde ich das mal nicht so schlimm. „Es wäre bereits für diesen Donnerstag ein Meeting in Triest vorgesehen, denn es geht um den dort geplanten LNG-Terminal.“ „Oh“, staune ich überrascht. „Seit wann liegt Triest in Osteuropa, Tomas?“, prüfe ich den geografischen Horizont von Tomas ab.

      „Angie, es geht um die Anknüpfung des Ostens über den LNG-Terminal?“, reagiert Tomas widerwillig. „Schon gut, ich weiß, der Terminal wird für viele und für vieles spielentscheidend werden!“, gebe ich zu und blättere im Kalender. Melissa sollte eigentlich aus Kanada zurück sein? „Bekommst du das mit deiner Familie hin?“, erkundigt