Michael Aulfinger

Urlaub inklusive Mord


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keuchenden Worte verzerrt.

      „Dem ist nicht mehr zu helfen. Und wenn wir uns nicht verstecken, sehen wir auch bald so aus. Also, schnell, folgen sie mir.“

      Sie liefen an der Abzweigung zu Nils Angelstelle vorbei, aber hundert Meter weiter blieb sie unvermittelt stehen.

      „Gerade aus geht es doch zum Zeltplatz, oder?“ Ihre Frage keuchte sie wegen der anscheinend ungewohnten Anstrengung hervor. Sie schien kein geübter Langläufer zu sein. Nils dagegen joggte gelegentlich, und antwortete deshalb gelassener.

      „Ja, ist noch ein Kilometer etwa.“

      Unschlüssig drehte sie sich herum, bis sie einen spontanen Entschluß gefaßt hatte.

      „Das bringt nichts. Wir müssen hier hinauf.“

      Er folgte ihr, als sie vom See weg in den ansteigenden Wald hineinlief, der nach oben hin immer dichter wurde. Das rascheln der Blätter, und knacken der Zweige die unter ihren schnellen Schritten zerbrachen, war nicht zu vermeiden, deshalb versuchten beide schnell durch das immer dichter werdende Gehölz zu kommen. Die Anhöhe war bald erreicht, als die Frau sich unverhofft hinter einem Laubbaum auf die Erde warf, und durch ein Handzeichen Nils zu verstehen gab, daß er es ihr nachmachen sollte. Nils tat es ihr gleich. Die Frau hatte das Kommando übernommen. Verwirrt führte er ihre Anordnungen aus.

      Sie legten sich flach auf den Bauch, auf einer Seite des Baumes, so daß ihr Blick auf den tiefer liegenden Trampelpfad gewährleistet war. Allerdings war die Sicht durch vereinzelte Bäume gestört.

      Allmählich beruhigten sich ihre Körper, und die Atmung und der Puls normalisierten sich allmählich wieder. Wie vermutet, verging nicht viel Zeit, als beide nach Süden blickten, woher sie eine Bewegung lokalisiert hatten. Nils erkannte zwischen den Bäumen zwei Männer mit normaler Statur, deren Gesichter er aber wegen der Äste und Blätter nicht erkennen konnte.

      Auch sie hielten an, und unterhielten sich. Dann gingen sie wieder einige Schritte zurück. Nils erschrak. Sofort wurde ihm bewußt, warum sie zurück gingen. Sie hatten etwas entdeckt, und Nils kannte die Antwort.

      „Mein Angelzeug.“ Er hatte die zwei Worte leise vor sich her gesagt, aber sofort spürte er den Blick der Frau auf sich gerichtet, die sofort begriff, was die Männer abgelenkt hatte, und warum Nils an diesem Ort zu so früher Stunde war.

      Einige Minuten später erschienen die zwei Männer wieder in ihrem Blickfeld. Die Frau und Nils hatten sich inzwischen äußerst still verhalten. In diesem Moment wagte er es nicht zu atmen, aus Angst davor, daß dies ungewollte Geräusche hervor rufen könnten. Jetzt steigerte sich die Spannung zusätzlich.

      Die Männer gingen unten am Weg entlang, ohne ihren Blick die Anhöhe hinauf in das Unterholz zu richten. Diese Möglichkeit, das sich dort jemand verstecken könnte, hatten sie nicht einkalkuliert. Sie unterhielten sich in normaler Stimmlage, wobei keinerlei Details der Unterhaltung Nils erreichten. Er konnte die Visagen immer noch nicht erkennen. Schade. Es wäre hilfreich gewesen, wenn er sie zu einem späteren Zeitpunkt getroffen, und dann einwandfrei hätte identifizieren könnte. So verschwanden die zwei Gestalten aus ihrem Blickfeld, und sogleich fiel die Spannung von den beiden Gesuchten ab. Für das erste waren sie außer Gefahr. Den eigentlichen Grund der Gefahr wußte er jedoch noch nicht. Es reizte ihn dieses zu erfahren. Denn schließlich wollte er auch gerne wissen, warum er in seinem Alter in dieses Versteckspiel hinein geraten war.

      Leicht drehte er seinen Kopf, so daß er der Frau, die neben ihm lang nun besser in Augenschein nehmen konnte. Ihr Haar war rötlichbraun und halblang geschnitten, und ihre Nase war zierlich, fast zu klein geraten. Leichte Sommersprossen zierten ihre Wangen. Eine ältere Narbe zog sich auf ihrem linken Handrücken drei Zentimeter entlang. Die Farben ihrer Augen waren dunkelgrün, und ihr Blick war voller Energie, geradezu voller Tatendrang. Sie hatte schon gezeigt, daß sie führen konnte. In ihrem Blick war zu lesen, daß sie selbstbewußt war. Wie sie da so lag, mit einem Blatt im Haar, und das Haar dicht über dem Boden hängend, da wirkte sie anheimelnd und erotisch auf ihn. Aber solche Gedanken wischte er sofort zur Seite, und blickte sie nun neugierig an, wobei er auf dem Bauch liegen blieb.

      „Ich glaube, daß ich eine Erklärung verdient habe.“ Er wollte locker klingen, doch schwang in seiner Stimme ein Hauch von einsetzender Verärgerung mit.

      Sie sah ihm direkt in die Augen. Ihr Alter schätzte er auf Anfang dreißig. Sie mochte mindestens zehn Jahre jünger sein als er.

      „Okay, das verstehe ich. Mein Mann wurde von seinen Freunden erschoßen. Wir hatten seit gestern gezeltet, und dann wurde abends viel Bier getrunken. Dabei waren wir ausgelassen, und später haben wir uns gestritten. Bald legten wir uns schlafen, weil wir dachten, heute Morgen sähe alles besser aus, und der Streit wäre vergessen. Aber kaum waren wir wach, ging der Streit von neuem los.“

      Sie stockte in ihrem Flüsterton. Immer wieder wendete sie ihren Kopf, und blickte den Weg aus Richtung des Campingplatzes entlang.

      „Worüber ging denn der Streit?“

      „Thorben war hinter mir her, und nach einigen Bieren zuviel, hatte er es auch meinem Mann ins Gesicht gesagt. Dieter allerdings ließ sich das nicht gefallen, so daß der Streit immer heftiger wurde. Als vorhin der Streit weiterging, kam Thorben plötzlich mit einer Pistole aus seinem Zelt hervor, die er wohl heimlich mitgeschleppt hat. Das wußte ich nicht, die anderen auch nicht. Na ja, und dann hat er Dieter von vorne erschoßen, als er auf ihn los wollte. Ich konnte nur noch in den Wald flüchten. Dabei habe ich eine Schleife gedreht, als ich Thorben und Sven hinter mir wähnte. Und dann rannten wir uns in die Arme. Das war es. Wie heißt du eigentlich?“

      „Nils. Und wer ist Sven?“

      „Sven ist Thorbens kleiner Bruder. Ein lieber Kerl, den man als einen guten Freund bezeichnen kann. Aber er ist ein wenig geistig zurück geblieben.“

      „Tja, und was machen wir nun?“

      „Das weiß ich nicht, ich weiß nur, daß ich vor Angst zittere. Am besten wir bleiben erst mal hier.“

      Nils überlegte einen Moment. Seine Stirn zog sich in Falten. Dabei trommelten seine Finger leise auf dem Untergrund.

      „Ich würde vorschlagen, daß wir warten bis die zwei vom Campingplatz zurück sind. Das kann aber noch dauern. Aber das macht nichts. Dann warten wir noch eine Weile, und gehen zu meiner Angel. Dort holen wir meine Sachen und danach gehen wir zum Campingplatz. Von dort informierst du die Polizei.“

      Sie nickte zwar, aber Nils hatte den Eindruck, daß sie mit dem Plan nicht ganz einverstanden war. Er wurde skeptisch, verfolgte jedoch den aufkommenden Zweifel nicht weiter.

      „Wie ist denn dein Name?“

      „Ute.“ Sie verzog leicht spitzbübisch ihren Mund, und ihre Blicke trafen sich. Nils spürte wie das Blut in seine Wangen schoß, und sich diese röteten. Bald wendeten beide ihre Aufmerksamkeit jedoch wieder dem Waldweg zu.

      Die Zeit verstrich. Nichts rührte sich. Beide wurden allmählich unruhig in ihrer immer mehr werdenden unbequemen Lage. Nils spürte seinen Rücken. Es war eine ungemütliche Lage in der er sich befand, doch schob er die Rückenschmerzen seinem Alter von Anfang vierzig zu. Doch auf einmal hörten sie Geräusche vom Campingplatz her. Nun lugten sie intensiver in die Richtung, und erkannten Thorben und Sven wie sie schnellen Schrittes an ihnen vorbei gingen. Die Gesichter der beiden Brüder waren erneut nicht zu erkennen. Erleichtert verbesserte Nils nun seine Lage, indem er sich umdrehte. Sofort spürte er die Schmerzen in seinem Rücken nicht mehr. Sie klangen ab.

      Nils sah auf die Uhr. Nach einer Viertelstunde standen Ute und er auf, und gingen geduckt den Hang hinab. Einen nervösen Blick richtete Ute nach Süden, wobei Nils zu seiner Angel ging, und seine Utensilien holte. Er stellte fest, daß nichts fehlte. Ute nahm ihm etwas ab, und dann folgten sie dem Weg nach Norden.

      Der Schlüssel drehte sich, und Nils öffnete die Tür. Sofort schob sich Ute an ihm vorbei, und legte sich auf das ungemachte Bett.

      „Gemütlich hier.“

      „Finde ich auch. Deshalb bin ich auch gerne