der Bauer; »ebensogut, wie ein
Fuder Heu ein Füllen zur Welt bringen kann, ebensogut
kann ich auf der Straße hier auch Fische fangen.«
Da erkannte der König den Bauer wieder und sprach:
»Du sollst dein Füllen ersetzt haben; aber den Einfall
mit dem Netze, den kann dir niemand gesagt haben,
außer der Königin, das merk ich wohl.« Jetzt ist der
König von da gleich zu der Königin gegangen und hat
gesagt: »Ich sehe wohl, daß dir, was ich thue, nicht
recht ist; darum mußt du noch heute mein Haus verlassen
und hingehen, woher du gekommen bist.«
»Wenn das euer Wille ist,« sprach Isabelle, »so will
ich auch zufrieden sein.« Da ließ ihr der König alte
zerrissene Kleider geben und verstieß sie, daß sie arm
und halb nackt wieder zu ihres Vaters Hause kam;
aber doch sprach sie wider den König kein böses
Wort.
Über eine Zeit, da ließ der König bekannt machen,
daß er sich wieder vermählen wolle; und als nun die
Hochzeit sein sollte, sandte er einen Boten an Isabelle:
sie möchte doch kommen und in der Küche behülflich
sein. »Wenn es der König wünscht,« ließ sie widersagen,
»so will ich es gerne thun.« Zur bestimmten
Zeit ging sie hin und half in der Küche, und als alles
zum Essen bereit war, ließ ihr der König hinaussagen:
ob sie nicht einmal hereinkommen und die neue Braut
sehen wollte. Wie sie nun hereintrat, saß da neben
dem König eine junge schöne Prinzessin und auch ein
junger Prinz. Da sprach der König: »Das ist meine
Braut; nun sag, Isabelle, wie gefällt sie dir?« »O, sehr
gut,« sagte sie; aber bei den Worten brach ihr
Schmerz hervor, daß sie bitterlich weinen mußte.
»Weine nicht, Isabelle,« sprach der König und faßte
sie bei der Hand; »sieh! die da sitzt, ist nicht meine
Braut, sondern unsere Tochter, und da ist auch unser
Sohn; sie sind nicht todt, wie du geglaubt hast, sondern
gesund und wohl; deine Prüfungszeit ist aus, und
nun sollst du wieder frohe Tage haben.« Da sind die
Kinder ihrer Mutter um den Hals gefallen und alle
haben sie angefangen zu weinen vor lauter Freude.
Der König aber und die Königin haben noch einmal
Hochzeit gehalten und haben glücklich zusammengelebt
bis an ihr Ende.
Fußnoten
1 Plattdeutsches Sprichwort: middewiäken is näin
dag.
10. Die bestrafte Hexe.
Es ist einmal eine rechte alte Hexe gewesen, die hatte
zwei Töchter, eine rechte Tochter und eine Stieftochter,
und die Stieftochter war schön und gut, die rechte
Tochter aber boshaft und häßlich. Da kam ein junger
Jäger, nahm die Stieftochter zur Frau, weil sie ihm gut
gefiel und zog mit ihr in sein Haus, das im Walde lag.
Die alte Hexe stellte sich dazu ganz freundlich; in
ihrem Herzen wußte sie sich aber vor Ärger und Bosheit
nicht zu lassen, darum, daß der Jäger ihre eigene
Tochter nicht genommen hatte, sondern die Stieftochter,
die sie gar nicht leiden konnte.
Über eine Zeit kriegte die Jägersfrau einen kleinen
Jungen und mußte zu Bett liegen. Da wurde die Stiefmutter
geholt, daß sie das Kind wüsche und anzöge,
auch die Suppe kochte und sonst zur Hand wäre,
wenn die kranke Frau ihrer bedürfen sollte. Der Jäger
aber hatte zur Erheiterung und Kurzweil seiner Frau
allerlei Vögel in die Stube gebracht, die sangen, und
ein Spiel hatte er gemacht von allerlei Glocken, die
klangen.
Dicht an dem Hause lag ein großer Teich, auf dem
viele Enten schwammen. Nun stand eines Tages die
Stiefmutter am offenen Fenster und sah auf den Teich
hinaus, und weil des Jägers Frau schon wieder auf
Besserung war und zuweilen aufstehen konnte, rief ihr
die Hexe zu: »Steh doch auf, mein Kind, und sieh einmal
die vielen Enten, die da auf dem Teiche schwimmen.
« Ohne an Arges zu denken, stand die Frau auf
und lehnte sich aus dem Fenster, und indem, so gab
ihr das boshafte Weib einen heftigen Stoß, daß sie
hinab in den Teich stürzte, und verwünschte sie in
eine Ente; da schwamm sie nun mit den anderen
Enten auf dem Teiche herum. Ihr Kind aber fing an zu
weinen, und ihren Mann befiel zu derselben Stunde
eine große Traurigkeit und wußte doch nicht warum;
die Vögel sangen nicht, die Glocken klangen nicht.
Da nahm die Hexe ihre eigene Tochter, legte sie in der
Frauen Bett und band ihr ein Tuch um den Kopf, als
ob sie krank wäre, so daß sie der Mann nicht erkennen
konnte, als er kam, seine Frau zu besuchen.
Als es nun Abend ward und die Magd allein in der
Küche war, kam auf dem Teich her eine Ente angeschwommen,
die schnatterte vor dem Gossensteine
wie Enten thun: »Niep, Niep! Natt, Natt!« und dann
fing sie ordentlich an zu sprechen:
»Weint mein liebes Kind auch noch?
Weint mein lieber Mann auch noch?
Singen meine Vögel auch noch?
Klingen meine Glocken auch noch?«
Da antwortete die Magd:
»Eure Glocken klingen nicht,
Eure Vöglein singen nicht,
Euer Mann und Kind die weinen.«
Darauf ist die Ente wieder weggeschwommen. –
Den zweiten Abend kam sie wieder, steckte den Kopf
durch das Gossenloch und schnatterte ganz betrübt:
»Niep, Niep! Natt, Natt!« und dann fing sie an zu
sprechen:
»Weint mein liebes Kind auch noch?
Weint mein lieber Mann auch noch?
Singen meine Vögel auch noch?
Klingen meine Glocken auch noch?«
Und die Magd antwortete: