Rolle gespielt hatte.
Ich wollte schon erleichtert aufatmen und den Fall zu den Akten legen.
Ich war ja so naiv.
Das nächste Problem stand natürlich bereits vor der Tür - rein metaphorisch gesprochen.
Wie sollte man bezahlen? Die Flasche kostete 8,99 € und sie waren immerhin zu dritt.
Einfache Lösung dazu, auf die sie sich quasi sofort einigten: jeder gibt den gleichen Teil. Problematischer stellte es sich heraus, den Anteil pro Mann zu berechnen.
Ja, lieber Leser, ich sehe ihr Gesicht genau vor mir und ja, genau so muss ich auch ausgesehen haben. Drei Mann, eine Flasche zu rund neun Euro - höhere Mathematik eben.
Die nächsten Minuten vergingen und sie kamen mir wie eine Ewigkeit vor.
Ich hörte Rechenergebnisse zwischen 2,50 € und sage und schreibe 6,00 € pro Mann.
Nachdem sie sich wider Erwarten nicht einig wurden und mein Gesichtsausdruck schwer darunter litt, nicht zu breit zu Grinsen und ich das laute Lachen massiv unterdrücken , zückte einer der drei irgendwann sein Smartphone und nutzte den Taschenrechner.
Dummerweise stellte sie das Ergebnis vor ein neues Problem. 2,9966 € brachten wieder reichlich Diskussionsstoff, bis man sich einig werden konnte, wer nun die aufgerundeten Cent übernehmen sollte.
Mittlerweile hatten die drei beinahe eine viertel Stunde bei mir verbracht und auch mit größter Selbstbeherrschung war es mir völlig unmöglich geworden, noch eine neutrale Mimik beizubehalten.
Als sie schließlich bei mir bezahlt hatten, konnte ich mir die Frage nicht mehr verkneifen: "Ihr seid Studenten, oder? Darf ich fragen, was ihr studiert?"
Lehramt, Deutsch und Geschichte, drittes Semester.
Lehramt, Deutsch und Kunst, drittes Semester.
Wirtschaftswissenschaften, Schwerpunkt Control-ling, fünftes Semester.
Ich wusste, ich hätte nicht fragen sollen.
Als ich mein Lachen irgendwann unter Kontrolle hatte und wieder halbwegs atmen konnte, waren die drei aus mir nach wie vor unerklärlichen Gründen bereits gegangen...
Homo sapiens mobiltelefonis
Ich gebe es zu.
Ich habe auch eins.
Ich möchte meistens auch nicht mehr ohne es sein.
Inzwischen hat man sich so an es gewöhnt, dass ein Leben ohne nicht mehr vorstellbar ist. Man hat es bei der Arbeit, beim Einkaufen, unterwegs, zu Hause und ich bin sicher, mancher kann selbst in intimen Momenten im Bett nicht mehr ohne es (lang lebe der Vibrationsalarm!).
Das Handy.
Mittlerweile verfluche ich diese Erfindung oft als ein Werk des Teufels, der sich bei unserem Benehmen in Bezug auf unseren "Liebling" sicher regelmäßig vor Lachen nicht mehr halten kann.
Ich gehöre zu der Kategorie Menschen, deren Mobiltelefone eigentlich nie gebraucht werden. Ich habe es schon viele Jahre, hauptsächlich weil es damals in Mode kam und cool war.
Inzwischen wurde daraus natürlich ein Smartphone mit vielen tollen Funktionen, die ich weder brauche, noch will oder überhaupt kenne.
Meistens habe ich es stumm geschaltet, oft liegt es in einer Jackentasche oder auf dem Garderobenschrank zu Hause, so dass ich mit schöner Regelmäßigkeit entgangene Anrufe oder längst überholte Nachrichten löschen kann.
Erreichbar bin ich damit so gut wie nie, denn zu Hause habe ich einen Festnetzanschluss, im Auto keine Freisprecheinrichtung (angeblich soll telefonieren ohne solche Einrichtung nicht erlaubt sein) und an der Arbeit - naja, hier soll ich theoretisch arbeiten und nicht stundenlang mit Freunden telefonieren. Für dringende Anrufe steht ein Festnetztelefon griffbereit neben mir, mit dem ich im Notfall auch telefonieren darf.
Meine Familie kennt diese Nummer und ruft, sollte es wirklich wichtig sein, hier an.
Für alle anderen bin ich einfach nicht erreichbar.
Kurzum, ich gehöre wohl zu den maximal zehn Prozent der Bevölkerung unter 50 Jahren die noch nicht süchtig nach ihrem Handy sind.
Läuft man einmal durch die Innenstadt, bekommt man innerhalb von nur fünf Minuten quasi jedes auf dem Markt erhältliche Smartphone zu sehen - die meisten davon mit Zubehör wie Kopfhörern, pinken Ledertaschen und mit Strasssteinen besetzten Schutzhüllen, manche in der Größe von TV-Bildschirmen der 80er Jahre, andere so klein, dass die Lupenfunktion bereits ab Werk aktiviert ist.
Wer nicht wenigstens alle fünfzehn Minuten damit seinen Facebook-Account prüft oder per Whats App aktuelle Informationen über seine Tätigkeit und den Standort verbreitet, ist eindeutig out.
Inzwischen steuern wir unsere Rollläden zu Hause mit dem Smartphone, während wir in der Türkei am Strand liegen.
Wir führen unsere Bankgeschäfte per App und sind verloren, wenn der Standortdienst in einer Tiefgarage uns die NAVI-Arbeit verweigert.
Kurzum: wir sind Junkies, die ohne ihre Droge Handy in den meisten Fällen nicht mehr leben können.
Als ich hier an der Tankstelle zu arbeiten begann, war es noch so, dass die Mehrzahl der Kunden ihr Gespräch vor dem Verkaufsraum führten, beendeten und dann zu mir herein kamen. Diese Zeit scheint bereits sehr lange vergangen zu sein. Mittlerweile machen diese Kunden nur noch einen Bruchteil aus.
Nach und nach hat sich das Bild von Kunden mit Handy zu einkaufenden Mobiltelefonen, an denen zufällig ein Mensch hängt, deutlich verschoben.
Der moderne "Homo sapiens mobiltelefonis" scheint untrennbar mit seinem Gerät verwachsen zu sein. Wenn ich viel Glück habe, unterbricht der Kunde zumindest noch kurz sein Gespräch, um sich wenigstens teilweise mit meiner leider unumgänglichen, aber höchstwahrscheinlich extrem lästigen Anwesenheit zu befassen und mich im Idealfall sogar noch als anderes, menschliches Wesen wahrzunehmen.
Ich habe bereits überlegt, mir eine Handy-Attrappe an ein Ohr zu kleben, um den Kunden damit den Wiedererkennungsvorgang "Handy - Ohr - Kopf - Mensch!" zu erleichtern. Ich fürchte aber, dass die meisten dann versuchen würden, ihre Zigaretten bei mir per Kurznachricht zu kaufen.
Viel öfter ist es leider der Fall, dass ich während des Gesprächs einzelne Wortfetzen zugeworfen bekomme und dann in bester Manier die für mich geltenden Aussagen detektivisch herausfiltern darf.
"Ja, ich bin in ein paar Minuten da. Nein, gerade bin ich an der Tanke. Welche Zigaretten soll ich mitbringen? Marlboro und Lucky rot. Sonst noch irgendwas, dass ich mitbringen soll? Wer kommt nachher noch?"
Spätestens jetzt wird der Kunde mich erstaunt anschauen, weil ich mich noch immer nicht bewegt habe und ihn gelassen und völlig teilnahmslos anschaue. Da ich von Natur aus ein sehr höflicher Mensch bin, fiele es mir im Traum nicht ein, jemanden bei einem Gespräch zu stören, an dessen Ausgang das Schicksal der westlichen Welt zu hängen scheint. Wieso auch sonst sollte man während des Tankens, Bezahlens und Weiterfahrens ein Gespräch führen, als wenn es nicht von immenser Wichtigkeit sein würde? Also bin ich in der Regel still, mische mich nicht ein und warte so lange, bis der Kunde sein Telefonat entweder beendet oder zumindest unterbrochen hat.
Warum nur verstehen die meisten Kunden dies nicht?
Oft reagieren sie äußerst ungehalten, wenn ich aus dem oben angeführten Monolog nicht erkannt habe, dass der Kunde zwei Schachteln Zigaretten erwerben möchte. Hatte er dies nicht mit dem Gesprächspartner besprochen oder galt die Ansage doch mir? Aber woher soll ich wissen, wer noch kommen würde und ob er noch etwas mitbringen sollte? Oder bezog sich doch nur die Aussage mit den Zigaretten auf mich? Mitunter ist es nicht leicht, ich zu sein...
Noch schwieriger wird es, wenn die bei uns leider regelmäßig eintretende, unvermeidliche Sprachbarriere hinzu kommt, da viele unserer Kunden