Reinhold Vollbom

Grüße von Charon


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Kante des Bettes und prosteten sich zu. Wie ein vertrautes Liebespaar sahen sie sich hierbei in die Augen.

      »Ich heiße Melanie. Und Sie sind Klemens, nicht wahr?«

      Für einen Moment schien der andere verblüfft. »Natürlich«, lachte er plötzlich, »ich vergaß, dass das mit zu Ihrem Arbeitsgebiet gehört.«

      »Ich … ich habe Ihre Ehefrau gestern … auf dem Markt …« Mühsam stotterte sie mehrere Wortfetzen zusammen.

      »Ich beabsichtige, mich von meiner Gattin zu trennen«, flüsterte er. »In Alcudia, im Norden von Mallorca, werde ich ein Haus kaufen. Allein dort zu wohnen, wird mir sicherlich keinen Spaß machen …« Er unterbrach sich selber.

      Schweigend sahen sich beide minutenlang an. Hierbei näherten sich ihre Gesichter unmerklich. Äußerst langsam hob er seinen Arm, um ihn Melanie auf die Schulter zu legen. Diese ließ es geschehen. Jetzt zog er ihren Körper zu sich heran. Ihre Lippen waren nur noch eine Handbreit voneinander entfernt. Sie schloss die Augen …

      Urplötzlich läutete es stürmisch an der Haustür. Sie brauchten eine gewisse Zeit, um in die Wirklichkeit zurückzukehren.

      Ärgerlich zog der Braunlockige sein Hemd an und stieg umständlich in die Hose. Nachdem es nochmals läutete, schrie er Richtung Haustür: »Ja doch, verflixt noch mal!«

      »Deine Gattin?«, wollte sie wissen.

      »Die hat doch einen Schlüssel«, wehrte er kurz ab.

      Dann lauschte Melanie in die Stille hinein. Gleich, nachdem die Tür geöffnet wurde, waren mehrere männliche Stimmen zu hören. Sie wartete ab. Minutenlang ging das so weiter. Schließlich vernahm sie Schritte, die die Treppe hinaufkamen.

      Eine breitschultrige männliche Person stand mit einem Mal im Zimmer und sah sie freundlich lächelnd an. »Wir müssen Ihr Schäferstündchen unterbrechen. Wahrscheinlich für eine längere Zeit«, fügte er an. »Entschuldigung, Kommissar Palmut, vom Raubdezernat.« Er nickte kurz, während er sich vorstellte. »Endlich ist es uns gelungen der Serie von Einbrüchen, in der letzten Zeit, ein Ende zu bereiten.« Auf Kommissar Palmuts Gesicht war ein sieghaftes Lächeln zu erkennen.

      Melanie Fiebig machte ihrem Ärger Luft. »Wie zum Teufel hat er Sie informiert?« Bei diesen Worten glänzten ihre Augen wütend.

      »Nun, er hat uns nicht Bescheid gegeben. Das war Ihr Nachbar, der uns anrief.«

      »Der hat mich also ins Haus kommen sehen?«

      Der Beamte zögerte kurz, bevor er antwortete. »Genau genommen hat er Sie nur gehen sehen. Aber da Licht brannte, wusste er, dass Sie wieder zu Hause sind.«

      Melanie Fiebig stand nun direkt vor dem Kommissar. »Also gut, ich gebe alles zu. Aber dafür müssen Sie sich ein wenig verständlicher ausdrücken …« Plötzlich hielt sie abrupt inne und starrte zur Tür. Der Braunlockige stand vor ihr. Zwischen zwei Polizeibeamten. Eines seiner Handgelenke war mit dem eines der Beamten verbunden: Mit Handschellen.

      Kommissar Palmut ergriff wieder das Wort. »Sie wollten heute Morgen mit Ihrem Ehemann für einen Tag verreisen, nicht wahr?! Doch dann stritten Sie sich. Ihr Gatte fuhr allein. Wahrscheinlich war der Streit von Ihnen bewusst provoziert. Denn Ihr Ehemann nahm an, dass Sie zu Hause bleiben wollten, um Ihren Liebhaber zu besuchen. Ja, er weiß davon.« Der Kommissar nickte bedächtig.

      »Woher wissen Sie das alles?« Allmählich verstand sie, dass sie für Marlene Vogt gehalten wurde.

      »Ihr Gatte rief bei seinem Nachbarn an, nachdem er im Hotel angekommen war. Er wollte nur ein bisschen mit ihm plaudern. Da ihr Nachbar aber der beste Freund Ihres Ehemannes ist, hat er ihm alles berichtet …«

      »Was berichtet?«, unterbrach sie ihn.

      »Das Sie nicht, wie erwartet, Ihren Liebhaber aufgesucht haben, sondern diesen nach sich zu Hause bestellten. Ihr Nachbar sah Sie das Grundstück verlassen, gleich nachdem Ihr Gatte abgefahren war. Allerdings müssen Sie irgendwann unauffällig zurückgekommen sein. Denn am frühen Abend bemerkte er wie ein Bursche, scheinbar mit einem Nachschlüssel, Ihr Haus betrat. Das konnte nur Ihr Liebhaber sein. Darüber war Ihr Ehemann so erzürnt, dass er auf Rache sann. Er wollte anonym die Polizei informieren, dass ein Einbrecher im Haus sei. Allerdings wollte er erst spät abends anrufen, damit die Beamten Sie in flagranti ertappten.«

      Melanie Fiebig atmete kräftig durch und wartete ab, was der Kommissar noch zu berichten hatte.

      »Na, jedenfalls war Ihrem Nachbarn nicht wohl bei der Sache. Deshalb rief er bei uns auf dem Revier an. Er informierte unsere Beamten darüber, dass sie wahrscheinlich am Abend einen anonymen Anruf bekommen würden. Den sollten diese jedoch ignorieren. Doch da war es schon zu spät. Unser Einsatzteam befand sich bereits auf dem Weg zu Ihrem Haus, als wir über Funk informiert wurden. Wir waren verärgert und beabsichtigten die Sache mit Ihnen zu klären. Doch welche Freude, als uns die Tür geöffnet wurde. Randolf Müritz selber, der langgesuchte Serieneinbrecher, gab sich die Ehre. Ihr Liebhaber, Frau Vogt, hat nur auf die Gunst der Stunde gewartet, um Sie auszurauben. Und diese Stunde war heute.« Kommissar Palmut sah sie erwartungsvoll an.

      Daraufhin betrat ein weiterer Beamter das Zimmer. In einer Hand hielt er einen prallen Beutel und ließ sie hineinblicken. Deswegen war der Safe also leer, schoss es ihr durch den Kopf. Der Sack war zum Bersten gefüllt mit wahllos hineingeworfenen Geldscheinen, Schmuck und einer Münzsammlung. Mehr konnte sie auf den ersten Blick nicht erkennen.

      Randolf Müritz, der Bursche mit den braunen Locken, sah sie gespannt an. In seinen Augen lag ein heißes inniges Flackern.

      Sie erwiderte Randolfs Blick. Dann ist er lediglich ein paar Stunden vor mir in die Villa eingedrungen, überlegte sie. Im Kühlschrank fand er die Flasche Champagner und genehmigte sich einen Schluck. Nachdem er das Quietschen der Terrassentür hörte, zog er sich vermutlich schnell den Schlafanzug an, um sich als Hausherr aufzuspielen.

      »Können wir den Beutel hier stehen lassen, Frau Vogt?«

      »Äh … natürlich, warum nicht. Morgen früh wird bei uns eine Alarmanlage eingebaut. Wie hoch schätzen Sie, Herr Kommissar, wird seine Strafe ausfallen?«

      »Nun«, sprach dieser, mit in Falten gelegter Stirn, »ich bin nicht der Richter. Aber mehrere Jahre werden es bestimmt.«

      »Ich bin richtig froh, dass Sie rechtzeitig erschienen sind. Wer weiß, wie sonst alles ausgegangen wäre. Wenn er aus dem Gefängnis kommt, wird er hoffentlich wissen, was ihn erwartet«, sprach sie bewusst betont. Hierbei erwiderte sie das flackernde Feuer in seinen Augen. »Vielleicht kommt ihm dann einiges spanisch vor, wenn er sich an den heutigen Abend erinnert …«

      Verständnisvoll verabschiedete sich der Kommissar und verschwand mit seinen Kollegen und dem Festgenommenen.

      Wenige Minuten später verließ Melanie Fiebig, mit einem prallgefüllten Beutel, das Haus durch die Terrassentür. Sie freute sich auf die Zeit mit Randolf in Alcudia.

      Die zweite Stimme

      Es war gegen Mitternacht. Der Wachmann in der Pförtnerloge hob lauschend den Blick, von der vor ihm liegenden Zeitschrift. War da was? Er sah seinen träge daliegenden Hund an, dessen Ohren spitz aufgerichtet waren. Also war da tatsächlich ein Geräusch. Der Wachmann stand auf und verließ den kärglichen Wachraum.

      Kaum das er mehrere Schritte gegangen war, blieb er abrupt stehen. Mit gemischten Gefühlen sah er in die runde Öffnung eines Revolvers. Die Person, die die Waffe in der Hand hielt, war dunkel gekleidet. Die Kapuze auf dem Kopf war tief in das Gesicht gezogen. Und über dem Gesicht selber war …, träumte er oder hatte die Person vor ihm wirklich eine Clownsmaske auf?!

      »Sperr den Hund in den Abstellraum!« Die Stimme hinter der Plastikmaske klang blechern und unnatürlich quäkend, so dass der Wachmann anfangs Mühe hatte die Worte zu verstehen.

      Gleich darauf wies der Maskierte den Wächter an, ihn in den Pförtnerraum zu lassen. Mit gezielten Schritten ging er zu einem Blechschrank. Dann öffnete