Thorben Korbitz

Puzzleteile des Lebens


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Mutter bei Ihrer Oma, in der Nähe von Mönchengladbach aufwuchs.

      Dort war meine Mutter später als „Bardame“ angestellt. (Ich weiß bis heute nicht was das eigentlich bedeutet) Jedenfalls lernt sie dort jemanden kennen, sicher mehr als einen aber auch diesen Jemand der später mein Vater werden sollte.

      Mit Johannes, so hieß mein Vater, muss sie sich dann so gestritten haben, dass sie ihre Koffer gepackt hat und in den Osten nach Wernigerode geflüchtet ist. (So steht es jedenfalls in meiner Akte) Ihre Oma konnte sie ja nicht allein lassen und ist hinterher.

      Am 24.April 1967 bekam meine Mutter urplötzlich Bauchschmerzen die auch, trotz Tabletten!, nicht besser wurden. Also rief ihre Oma den Hausarzt. Und jetzt halten sie sich fest…. Meine Mutter war schwanger und die Bauchschmerzen waren Wehen. Was es alles gibt!

      Und nun ab ins Mutterhaus nach Elbingerode und ein langer, untergewichtiger Kerl erblickte am 25.04. das Licht der Welt.

      Der war ich.

      Babyjahre

      Die Oma meiner Mutter, die ihre Enkelin zwischenzeitlich adoptiert hatte und daher auch ihre Mutter war, also meine Uroma, war über die neuerliche Geburt eines Bastards wiederum nicht glücklich. Also ignorierte sie mich vorerst.

      Meine Mutter war, ob des sie ereilenden Schicksals, so überrascht dass sie mich tagelang vergaß richtig zu füttern. Immer wenn die Kinderfürsorge (so hieß das damals) vorbeischauen wollte, war niemand zu Hause.

      Nach vier Wochen ist es dann wohl der Fürsorge endlich gelungen, meine Mutter und mich anzutreffen. Wie das damals war kann ich nicht genau beschreiben also musste ich nachlesen. Ich war apathisch, unterernährt, hatte keinen Kinderwagen, kein Babybett und es bestand akute Lebensgefahr.

      Die damals verantwortliche Ärztin, Frau Dr, K., wies mich sofort in das Krankenhaus ein und hat mir damit wohl das Leben gerettet. Nun wuchs ich in einer angenehmeren Umgebung auf und nahm rasch zu.

      Nach einigen Wochen musste ich allerdings in ein Kinderheim, da zwischenzeitlich meiner Mutter das Sorgerecht entzogen worden war.

      Meine Mutter kämpfte „aufopferungsvoll“ um den Wiedererhalt des Sorgerechts für mich und hatte, mit zugesagter Unterstützung durch das Arbeitskollektiv, schließlich Erfolg. Also war ich wieder „zu Hause“. Meine Uroma hatte von nun an Interesse an mir kleinem Würmchen und legte sogar ein Sparbuch an.

      Das war auch gut so, also nicht das mit dem Sparbuch, sondern das meine Uroma sich um mich kümmerte. Schließlich hatte meine Mutter alle Hände voll zu tun einen Ernährer (im Volksmund: Mann) zu finden.

      Das war nicht so einfach. Meine Mutter war eine große schlanke Frau mit blonden langen Haaren und blauen Augen; und trotzdem fand sich so leicht keiner der nicht nur meine Mutter sondern auch mich akzeptierte.

      Ich lernte viele neue Onkels kennen. Mit Onkel Manfred bin ich sogar Roller gefahren. Den konnte ich wohl gut leiden.

      Aber irgendwann geht auch die längste Pechsträhne zu Ende….

      Der „Neue“ meiner Mutter

      Eines schönen Morgens wache ich in meinem Kinderbett auf, stelle mich an das Geländer und sehe neben meiner Mutter einen alten Mann liegen. Es wurde überliefert, das ich gesagt hätte: „Mutti, was macht der alte Mann da in Deinem Bett“.

      Mehr weiß ich nicht dazu aber es hat für einen guten Eindruck bei „Onkel Reinhard“ gereicht. Er hat mich sofort in sein Herz geschlossen, wie ich später noch erleben werde.

      Da meine Mutter nun schon wieder schwanger war (das mit Verhütung war wohl noch nicht erfunden) musste ganz schnell geheiratet werden. Im August 1971 wurde meine Schwester geboren. Welch ein Glück, kein Bastard.

      Diesmal hatte meine Mutter aber wirklich ein glückliches Händchen bei der Auswahl ihres Mannes gehabt. Reinhard, damals ein mittelgroßer kräftiger Mann, Mitte 40 (und damit älter als sein Schwiegervater), hatte einen 311 - er Wartburg in Rot und Weiß mit verchromten Radkappen, war Abteilungsleiter eines volkseigenen Betriebes und verdiente gutes Geld und, was viel wichtiger war, er war 25 Jahre im Bergbau gewesen, davon 15 Jahre unter Tage. Soll heißen, Altersrente mit 50 Jahren.

      Gut, aktuell war das mit dem Geld noch nicht so toll. Schließlich musste ja noch Unterhalt für 3 von 5 Kindern aus erster Ehe bezahlt werden.

      Aber vielleicht ja später.

      Die schwarze Hand

      Ich war damals 5 Jahre alt und wir wohnten in der Innenstadt von Wernigerode in einem Fachwerkhaus. Der Keller war ein Gewölbekeller in dem jeder Mieter, sternförmig angeordnet, seinen Kellerraum hatte. Da der Keller keine Fenster hatte hielt man es für notwendig eine kleine Lampe in der Mitte des Kellers anzubringen.

      Man musste aus dem Haus herausgehen und von außen das Licht anmachen, die Kellertür, eine alte Holztür öffnen und viele Stufen nach unten gehen. Naturgemäß hatte ich jedes Mal Angst wenn ich in den Keller musste. Es gab dort große, fette Spinnen, Asseln und was weiß ich noch für Getier. Und Schatten.

      Einmal ging ich wieder in den Keller um Kartoffeln zu holen. Ich beeilte mich, schnell die Kartoffeln einzupacken und wieder raus zu kommen. Gerade dachte ich noch „Glück gehabt“ da wurde es dunkel. Stockdunkel. Absolut kein Licht. Ich tastete mich vorsichtig zur Treppe und rief ganz laut. Keine Antwort. Kein Licht. Also weiter die Treppe hoch.

      Auf halber Treppe, so wusste ich, war eine Nische in der Wand. Wenn ich da war hatte ich es bald geschafft. Ich spürte die Nische und ….. das Licht ging wieder an.

      Was ich nun sah versetzte mich in einen Schock. In der Nische sah ich eine aufrecht stehende schwarze Hand die so aussah als wollte sie gleich zuschnappen. Ich schrie wie am Spieß, lief die Treppe hoch und zur Wohnung rein.

      In der Küche angekommen fragte meine Mutter „Was ich denn so lange gemacht hätte und wo die Kartoffeln sind?“ Aufgeregt berichtete ich ihr von meinem Erlebnis mit der schwarzen Hand. Ihre Antwort war, das es so etwas nicht gibt und ich solle jetzt endlich die Kartoffeln holen sonst gäbe es kein Mittag. Was soll ich sagen, die schwarze Hand war weg.

      Viel später erzählte mir ein Mieter des Hauses, Peter M., das er von meinem Stiefvater erfahren hätte, er hätte extra einen schwarzen Handschuh auf einen Stock gestellt um mich zu erschrecken.

      Vielen Dank dafür. Einen 5-jährigen Jungen zu erschrecken ist ja eine Leistung. Jedenfalls hatte ich jahrelang Angst vor der schwarzen Hand; immer dann wen meine Eltern mir damit gedroht haben.

      Mich quälten monatelang Alpträume. Noch mit acht Jahren wachte ich mit schönster Regelmäßigkeit auf und lief zu meiner Mutter. Einmal soll ich ins Wohnzimmer gelaufen sein, meine „Eltern“ waren noch wach, schaltete den Fernseher aus und wollte ihn umdrehen. Was ich da geträumt hatte weiß ich nicht mehr.

      Meine Mutter nahm das aber zum Anlass, mit mir zum Arzt zu gehen. Der verwies uns, also mich, zum Psychologen. Der wiederum ordnete eine professionelle Untersuchung in einer psychiatrischen Klink an. Und so wurden meine Hirnströme unter den verschiedensten Einflüssen gemessen.

      Mir wurden schöne und schlimme Bilder gezeigt, Bilder auf denen ich etwas erkennen musste, Wörter vorgelesen und ich wurde minutenlang Lichtblitzen ausgesetzt. Immer mit diesen Kabeln am Kopf.

      Soweit ich weiß stellte man fest, dass ich eine erhöhte Reaktion bei den Lichtblitzen zeigte. Es wurde empfohlen, „das Kind nicht mehr so lange Fernsehen schauen zu lassen.“

      Es ist ja auch nicht zu glauben was einmal die Woche für zehn Minuten Sandmann schauen so alles anrichten kann. Außerdem wurden mir Beruhigungstropfen verschrieben