Thorben Korbitz

Puzzleteile des Lebens


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alle. Neue gab es nicht, da hätten ja meine „Eltern“ sich kümmern müssen. Also kamen die Alpträume wieder. War aber nicht schlimm. Meine „Eltern“ schlossen einfach die Zimmertür zu und wurden so wenigstens nicht mehr von mir belästigt.

      Da meine Mutter bei jeder sich bietenden Gelegenheit allen möglichen Leuten von meinen „Problemen“ erzählte blieb irgendwo auch ein Makel an mir haften.

      Schulzeit

      Hausarbeit

      Mein Stiefvater hatte eine konkrete Vorstellung davon, was Kinder im Haus alles tun durften. Ach so, das hatte ich ja ganz vergessen. Kurz vor meiner Einschulung sind wir dann noch in ein altes, baufälliges Fachwerkhaus nach Hasserode gezogen.

      Wir, das waren meine Mutter, ihr Mann, meine Schwester und meine Uroma. Und in, am und um dieses Haus herum gab es jede Menge Arbeit.

      Früher, als samstags bis Mittag noch Schule war, durfte ich nach dem Heim kommen erst einmal alte Ziegelsteine abputzen.

      Für die, die nicht wissen was das bedeutet sei es erklärt.

      Steine abputzen heißt, man nimmt einen Maurerhammer und klopft vorsichtig den alten Mörtel davon ab. Vorsichtig heißt, der Mörtel muss ab sein und der Stein ganz bleiben. Wenn ich dann also 30 Steine fertig hatte durfte auch ich Mittag essen. 30 ganze Steine wohlgemerkt.

      Und so war ich dann mit 6 Jahren schon verantwortlich für das Steine abputzen, Mörteleimer tragen, Ofen anheizen (wir hatten anfänglich 6 davon), Läufer klopfen, Garten umgraben. Später, mit 8, durfte ich schon alleine den Mischer bedienen und Kohlen mit der Schubkarre in den Schuppen fahren, ab 10 auch ganz alleine. So um die 120 Zentner war es pro Saison. Ein Zentner sind 50 kg, also sind 120 Zentner 6 Tonnen.

      Jedenfalls ging der Umbau des Hauses schnell voran. Die größte Anerkennung war immer, wenn ich mit den anderen zusammen Essen durfte. Außer es gab Fischkartoffel, die Lieblingssuppe meines Stiefvaters, da wär´s mir egal gewesen.

      Zum Spielen gab es wenig Gelegenheit, für Hausaufgaben (das sind Aufgaben die einem Lehrer stellen und die zu Hause bis zur nächsten Unterrichtsstunde erledigt werden müssen) erst recht nicht.

      Das mit dem Ofen anheizen war auch so ein Ding. Unsere Schule ging wochentags teilweise bis 13.30 Uhr. Danach schnell mal 2,5 km zur Schulspeisung laufen, essen und ganz schnell fast 5 km nach Hause zurück laufen. Besonders im Winter war es mit dem „schnell“ immer schwierig.

      Es war damals die schönste Zeit für mich nach Hause zu laufen. Ich ging immer an einem Nebenarm der Holtemme und einem Wehr lang. Eine Stunde war da schnell weg. Meine Eltern kamen regelmäßig gegen 16.15 Uhr nach Hause. Spätestens um 16.25 Uhr hat mein Stiefvater auf das Wohnzimmerthermometer an der Außenwand geschaut und wollte mindestens 24 Grad ablesen.

      Und wehe die Temperatur war nicht erreicht. Aber dazu später noch.

      Also, die Räume mussten ausreichend warm sein und vor jedem Ofen ein voller Eimer mit Kohlen stehen. Ich habe das später mal nachgewogen. Ein Eimer Kohlen wiegt ca. 22 kg.

      Die Aufgabe bestand also darin, aus allen Öfen die Asche zu entfernen, die Aschekästen herunter zu tragen, auszuleeren, Holz und Kohleanzünder mitzunehmen, den ersten Ofen anzuheizen, den zweiten Aschekasten zu leeren, einen Kohleneimer mitzunehmen, im ersten Ofen Kohlen nachzulegen, den zweiten Ofen anzuheizen, zum dritten Ofen gehen, ……… usw. usf.

      Am Ende steht dann vor jedem Ofen ein voller Eimer Kohlen zum nachlegen. Oftmals hatte ich für die ganze Prozedur nur 45 min Zeit. Nicht Zeit die Öfen anzuheizen sondern die Räume auch auf Temperatur zu bekommen. Mindestens 24 Grad im Wohnzimmer an der Außenwand!!!

      Als ich älter wurde habe ich dann beim Anzünden ein wenig mit Insektenspray nachgeholfen. Wirkt super. In die offene Flamme gesprüht brennt alles schnell an. Also bestenfalls im Ofen. Imprägnierspray ging auch. Hauptsache meine Eltern hatten es warm und kuschelig.

      An eine Episode erinnere ich mich ganz genau. Ich war damals 7 Jahre alt, es war Herbst und die Öfen mussten angeheizt werden. Die Kohlebriketts, die wir damals verwendeten, hatten einen hohen Schwefelanteil. Die Asche ließ sich nicht so einfach durch den Rost rütteln sondern war stark verschlackt. Also mit einem Feuerhaken die Schlacke zerkleinern und vorsichtig in den Aschekasten ziehen. Vorsichtig deshalb, weil in der Schlacke noch große Glutreste versteckt sein konnten.

      Nun, an diesem Tag war ich wieder einmal mit dem Feuerhaken zu Gange um die Schlacke aus dem Ofen zu ziehen. Dabei entdeckte ich einen gelblichen, schlaffen Luftballon in länglicher Form. Da ich so etwas noch nie gesehen hatte, und schon gar nicht im Ofen, war meine Neugier geweckt.

      Ich zog also langsam weiter und entdeckte in dem Luftballon eine weiße Flüssigkeit. Nun ging alles ganz schnell. Mir wurde bewusst was das war, ich ekelte mich dermaßen, dass ich den Feuerhaken ruckartig aus dem Ofen zog. Nur hing daran aber ein großes Stück Schlacke mit dran. Diese fiel auf den Boden, zerbrach, und große Stücke und Glutreste kullerten auf die schönen, bunten Filzfliesen. Die Glut brannte sich ein und viele hässliche schwarze Brandflecke waren das Ergebnis.

      Nun lief es mir heiß und kalt den Rücken runter. Was passiert, wenn mein Stiefvater nach Haus kommt? Auf großes Verständnis konnte ich wohl nicht hoffen. Das der Raum die richtige Temperatur hatte war wahrscheinlich nebensächlich.

      Freizeit

      In der 1. Klasse habe ich mit Klavierunterricht begonnen. Im Herbst. Die ersten Wochen verbrachten wir mit Noten lernen. Im zweiten Halbjahr sollte dann das Instrument dazu kommen. Nur, das zweite Halbjahr begann im Frühling. Und was beginnt noch im Frühling? Richtig, die Bausaison.

      Noten konnte ich nun, zum Klavier spielen hat es nicht mehr gereicht. Nachdem ich nun mehrere Male unentschuldigt am Klavierunterricht gefehlt hatte, schrieb der Lehrer der Musikschule an den Direktor meiner Grundschule eine Mitteilung. Dieser übergab es meiner Klassenlehrerin, Frau W. und diese schrieb mir nun in das Mitteilungsheft eine „Information an die Eltern“.

      Sicher nahm Frau W. an, ich wäre ein Schwänzer und hätte keine Lust. Nun ja, „meine Eltern“ würden sich ja darüber nicht aufregen weil sie es mir ja verboten hatten zur Musikschule zu gehen. Doch weit gefehlt.

      So viel „Aufmerksamkeit“ war meinen Eltern auch nicht recht. Die Antwort an die Klassenlehrerin war: „Wir haben mit unserem Sohn eindringlich gesprochen und er erklärte uns, dass er das Interesse verloren habe.

      Diese Lüge konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Als ich Frau W. das Mitteilungsheft zurück gab wollte ich ihr erklären, das das nicht stimmt. Frau W., als ausgebildete Pädagogin, nahm sich der Sache sofort an in dem Sie mich anfuhr, wie ich denn solche Lügen erzählen konnte. Jetzt galt ich auch noch als Lügner, aber den Versuch war es doch wert.

      Im Laufe meiner Kindheit und Jugendzeit habe ich mehrere Anläufe unternommen mich irgendwie sportlich oder naturwissenschaftlich zu betätigen. So versuchte ich mich im Fechten, im Judo, im Handball, in Leichtathletik, im Fanfarenzug, in der AG Chemie, Physik und Astronomie. Im Herbst habe ich damit begonnen und im Frühjahr war meist Schluss. Sie wissen schon, die Bausaison hatte begonnen.

      Läufer klopfen

      Für alle die nicht wissen was „Läufer“ sind. Läufer sind Fußmatten die bei uns vor jeder Tür lagen. Egal ob drinnen oder draußen.

      Wir wohnten in einem großen Haus mit vielen Zimmern. Damit gab es insgesamt für mich 16 Läufer zu klopfen. Naturgemäß waren die Läufer außen immer recht staubig.

      An einem strahlend schönen Samstag (Samstag war Läuferklopftag) war es mal wieder so weit. Ich war damals 10 Jahre alt. Nachdem mein Stiefvater mich daran erinnert hatte sammelte ich alle