Katja Piel

Vampire Island - Die dunkle Seite des Mondes (Band 1)


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verwirrt wie sie?

      Oh Gott. Sie musste ihn jetzt kosten, seinen vollen Mund, seine kräftigen Arme um ihre Hüfte spüren, auf ihren Brüsten, ihrem Po. Sie war so voll Leidenschaft, dass ihr heiße Tränen in die Augen stiegen, so voll Verlangen.

      »Cassandra!« Sie blinzelte und er war plötzlich fort. Er war fort und das Glühen auf ihrem Körper hielt an. Und der Schmerz in ihrem Knöchel kehrte zurück.

      »Cassy. Oh mein Gott. Bist du ok?« Samantha, ihre Schwester. Sie setzte sich neben sie auf den Sand, berührte ihre Hand, die immer noch erhoben war.

      »Wo ist er?«, flüsterte sie. Ihre Stimme zitterte, so atemlos war sie.

      »Wo ist wer? Oh nein Cassy. Dein Fuß. Oh Gott, was ist passiert?«

      »Wo ist er?«, wiederholte sie. Ihre Augen suchten den Strand ab, doch er war nicht mehr da. Er hatte eine Leere hinterlassen, ein Gefühl der Trostlosigkeit. Im selben Augenblick wusste Cassandra, dass sie Steve nie mehr lieben, ihn nie wieder berühren oder küssen konnte. Steve war wie eine Fata Morgana. Weit weg. Weit, weit weg. An seiner Stelle war klar und deutlich dieser wunderbare Mann mit den hellblauen Augen und den schwarzen Haaren gerückt. Dieser Mann, der etwas in ihr zum Leben erweckt hatte, das sie haben musste.

      »Aber du musst ihn doch gesehen haben.« Fast vorwurfsvoll blickte Cassandra ihre Schwester an.

      »Nein. Ich weiß überhaupt nicht, von wem du da redest.«

      »Er hat mich aus dem Wasser geholt«, murmelte Cassandra.

      »Dir ist kalt. Du hast einen Schock.«

      »Mir ist nicht kalt.«

      »Du musst zum Arzt.«

      »Wie kommst du darauf?«

      »Ähm … dir ist kalt. Sieht ja ein Blinder mit einem Krückstock. Und vielleicht ist die Verletzung doch schlimmer als du denkst.« Ihre Schwester sah eindeutig auf ihren Busen. Cassandra wurde rot. Ihr war keineswegs kalt und so schlimm schmerzte der Fuß auch wieder nicht.

      »Komm, lass uns gehen. Tut das sehr weh?« Samantha deutete auf ihren Fuß.

      »Nein. Schon gut.«

      Mist. Wie konnte sie jetzt einfach abhauen? Vielleicht war der Kerl noch hier irgendwo. Oh Gott. Sie war mit ihrer Schwester nach Ibiza gekommen, um sich über ihre Gefühle zu Steve klar zu werden. Seit Jahren waren sie nun ein Pärchen. Aber Cassandra wollte sich einfach nicht auf ihn festlegen und jetzt, seit er den Entwicklerjob in Silicon Valley bekommen hatte, wollte er heiraten. Ihrer Beziehung den letzten Schliff geben, wie er es nannte. Wollte sie das? War Steve überhaupt der Richtige? Er war gutmütig, verlässlich, romantisch, witzig. Eigentlich alles, was ein Mann sein musste. Aber hatte er jemals diese Gefühle in ihr wachgerufen wie der fremde Mann, der sie aus dem Meer gefischt hatte? Cassandra stand auf und folgte ihrer Schwester zu den Decken. Samantha verstaute alles in dem Strandkorb, guckte ab und zu besorgt zu ihr hinüber. Cassandra klaubte ihr Kleid aus dem Sand und schüttelte es.

      »Ich verstehe überhaupt nicht, dass du ihn nicht gesehen hast«, fing sie wieder von vorne an.

      »Zieh dir erst den nassen Bikini aus. Komm ich helfe dir.« Cassandra knurrte genervt, als Samantha sie mit einem Handtuch vor neugierigen Blicken schützte.

      »Hast du denn nicht gesehen, dass ich in Gefahr war?« Cassandra schlüpfte in Höschen und BH.

      »Wen in Gottes Namen meinst du überhaupt? Nein, ich habe nicht gesehen, dass du in Gefahr warst. Erst als du im Sand gesessen hast. Herrgott, was soll ich bloß Steve sagen? Er wird mich köpfen. Ich sollte auf dich aufpassen.« Cassandra hielt inne. Steve?

      »Was musst du denn Steve sagen?«

      »Ich habe ihm versprochen, dass ich auf dich aufpasse.« Cassandra rollte mit den Augen, zog ihr Kleid an und starrte ihrer Schwester ins Gesicht. »Du glaubst nicht, ich könnte das alleine?«

      »Naja, sieht man ja.« Samantha zog das Handtuch weg, faltete es zusammen und legte es oben auf den Strandkorb. Cassandra hätte ihrer Schwester am Liebsten eine gescheuert, so wütend war sie. Ewig die Besserwisserin, ewig die Klügere und Bessere von ihnen beiden. Sollte Steve doch sie nehmen. Aber sie sagte nichts. Cassandra sagte nie etwas. Sie war nicht so konfliktbereit wie ihre Schwester. Aber es brodelte in ihr. Wie gerne würde sie sich den schwarzhaarigen Typen schnappen, wo auch immer er war, mit ihm durchbrennen und den ganzen Sommer Liebe machen. Seufzend folgte sie ihrer Schwester, ihrem Schicksal ergeben.

      ***

      Gordon blickte vom Felsen auf die beiden jungen Frauen, doch seine Aufmerksamkeit lag nur auf der einen. Wie eine Elfe, leicht humpelnd, ging sie neben der burschikos aussehenden anderen Frau her. So zart und hübsch. Und sie war verboten. Denn sie weckte etwas in ihm, das sich verboten anfühlte. Gordon mochte keine verbotenen Dinge. Aber sie. Sie mochte er.

      Sollte er ihnen folgen?

      Kapitel 6

      »Wo zum Henker warst du so lange?« Patriz kam auf Gordon zu. Die dicke Hornbrille hatte er sich auf die Haare geschoben.

      »Mach dich nicht nass, Mann. Ich hatte noch etwas zu erledigen.«

      Patriz starrte ihn an. »Etwas zu erledigen? Du hattest deinen Arsch hierher zu bewegen. Ich kann den Tatort nicht ewig grundlos sperren.« Gordon seufzte. Manchmal wirkte Patriz einfach zu vermenschlicht, obwohl er einer von ihnen war.

      Mit einem süffisanten Lächeln blickte er ihn an. »Kannst dich gerne beschweren, Patriz. Und jetzt nerv nicht. Was hast du gefunden?« Schnaubend drehte sich Patriz um und ging auf ein kleines Areal zu, das mit Absperrband und Plastikpflöcken markiert war.

      »Es waren mindestens zehn Vampire.« Gordon runzelte die Stirn und starrte auf den Boden. Der Sand sah in seinen Augen völlig normal aus. Als hätte Patriz seine Ungläubigkeit gespürt, kniete er sich zu einem Pflock hinab, hob eine Lampe mit Schwarzlicht und leuchtete über die Stelle. Ein Fußabdruck kam zum Vorschein. Und einige wenige Tropfen Blut. »Das sieht nicht nach einem …«

      »Versehen aus«, beendete Patriz seinen Satz und stand wieder auf. Auch auf den weiteren abgesperrten Arealen zeigte ihm Patriz, was im Schwarzlicht zum Vorschein kam.

      »Fußabdrücke mit Blutspuren«, stellte Gordon fest.

      »Komm mit.«

      Gordon erhob sich ebenfalls, strich sich gedankenverloren durch die Haare und folgte ihm. »Sie hat in deinem Club gearbeitet, Gordon.« Patriz hielt ihm ein Bändchen hin. Alle von Gordons Mädchen bekamen eins. Es war aus Gummi und wurde in unterschiedlichen Farben ausgeteilt. Dieses war pink und mit einer Nummer versehen. Gordon nahm es entgegen, prüfte die Ziffernfolge und schloss die Augen. Salina. Die neue Tänzerin. Mit der er noch in den frühen Morgenstunden gesprochen hatte. Wütend ballte er die Hand zur Faust.

      »Denkst du, es war einer von Dons Vampiren?« Patriz sah ihn fragend an.

      »Warum sollten mehrere Vampire eine junge Frau aussaugen? Das macht doch überhaupt keinen Sinn. Und noch dazu eine von meinen Tänzerinnen?«

      Patriz hob die Schultern. »Keine Ahnung. Ich weiß nicht, warum ihr überhaupt verfeindet seid. Ich weiß aber genau wie du, dass eine Regel gebrochen wurde. Wir werden sehen, welche Auswirkungen das hat.«

      »Du kennst also die Legende nicht?« Gordon ging nicht auf seine Frage ein. Er wunderte sich vielmehr über das Unwissen des jungen Vampirs. Sollte er das nicht wissen, wenn er schon ein für sein Volk bedeutendes Amt bei der Polizei bekleidete?

      Patriz sah ihn erwartungsvoll an.

      »Zweimal im Jahr findet ein seltenes Ereignis statt. Der Mond färbt sich blutrot. Die Färbung ist nicht ungewöhnlich, wird zumeist mit Mondfinsternissen in Verbindung gebracht, allerdings existiert keine wirklich wissenschaftliche Erklärung. Von ihm geht für uns keine Gefahr aus.«

      »Ja, das weiß ich. Die Geschichte kenne ich bereits.«

      »Wenn