Jürgen H. Ruhr

Das RFID Komplott


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nicht einfach so lange alleine lassen!“ Lydia zog einen Schmollmund. Auch wenn es nicht zu ihrem Gesicht mit den hohen Wangenknochen passte - sie war einfach nicht der Typ für einen Schmollmund - so versuchte sie es doch immer wieder.

      „Dr. Grander hat mir unseren Gönner vorgestellt. Ein Jeremie McDagon. Alter irischer Adel oder so etwas. Aber komm, wir schauen mal, ob wir etwas zu essen bekommen.“

      Lydia hatte sich während der ganzen Rückfahrt eng an ihn geschmiegt. Jetzt, als er den Wagen vor dem Haus einparkte, musste er sich aber von ihr losmachen. „Schatz, bist du eingeschlafen? Wir sind da.“

      Lydia murmelte etwas von leicht beschwipst und ließ ihre Hand über sein rechtes Bein nach oben gleiten.

      „Wir sind schon da? Ich glaube, ich war ein wenig eingeschlafen.“ Sie gähnte herzhaft. Frank hatte Mühe den Wagen ohne Schaden einzuparken. Dann betraten sie Arm in Arm das Haus.

      „Trinken wir noch eine Kleinigkeit? Oder soll ich dich gleich hier im Flur vernaschen?“ Frank ließ seine Hände über die schlanken Hüften seiner Frau gleiten. Das weiche, enganliegende Kleid steigerte noch seine Begierde. Leicht zog er das Kleid in die Höhe.

      „Frank, ich bin müde. Trink du doch noch etwas und lass mich schon einmal ins Bett gehen. Morgen ist auch noch ein Tag.“

      Lydia drehte sich aus seinen verlangenden Armen. Sie verstand es blendend, ihm in solchen Augenblicken einen kalten Wasserguss zu verpassen. Schon steuerte sie auf die Treppe zum oberen Stockwerk zu.

      Frank seufzte resigniert. „Okay Schatz. Ich schau nur noch mal nach der Postkarte von Dr. Schwenker und komme dann auch gleich ins Bett.“

      Lydia drehte sich auf der untersten Treppenstufe um. „Andererseits kannst du mir jetzt auch direkt folgen - wenn du möchtest.“ Langsam zog sie das Kleid hoch. Frank bewunderte wieder einmal ihre langen Beine. „Schau mal, ich trage kein Höschen...“

      Er ließ sich nicht zweimal bitten. Im Schlafzimmer holte er seine Frau ein, die sich auf das Bett fallen ließ. Zum Ausziehen des Kleides kam es nicht mehr und als er endlich in sie eindrang, war die Postkarte von Dr. Schwenker längst vergessen.

      4. Die Briefmarke

      Der Klinikbetrieb nahm Dr. Frank Rudak stark in Anspruch. Er bekam zusätzliche Aufgaben mit der Erprobung neuer mobiler Defibrillatoren, so dass er Test über Test absolvieren und Bericht über Bericht schreiben musste. Besonders ärgerlich war, dass das Gerät, von dem er sich am meisten versprochen hatte, Störungen zeigte. So etwas bedeutete zusätzliche Schreibarbeit.

      Außerdem musste er umgehend Professor Brenzal über seine Ergebnisse informieren, was auch wieder eine Menge wertvolle Zeit kosten würde.

      Kam er abends müde nach Hause, so verwöhnte Lydia ihn allerdings in jeglicher Hinsicht und entschädigte ihn damit für den Stress in der Klinik.

      Der folgende Tag brachte eine Überraschung für Dr. Rudak mit sich. Professor Brenzal ließ ihm höchstpersönlich eine Notiz zukommen, dass er bitte für das korrekte Rücksenden des fehlerhaften Defibrillators sorgen sollte. So packte Frank also an diesem Morgen alles zusammen und machte das Paket versandfertig. Normalerweise überließ er solche Arbeiten den Hilfskräften, aber wenn der Professor ihn schon persönlich anwies ...

      Endlich machte er sich auf den Weg zur Poststelle. Dabei schob Frank vorsichtig einen Rollwagen vor sich her, auf dem er das Paket platziert hatte und schaffte es im letzten Moment, alles in den geöffneten Aufzug zu bugsieren. Fast waren beide Aufzugtüren schon geschlossen, da schob sich eine Hand dazwischen und beide Türen fuhren wieder auf. Grinsend betrat Dr. Grander den Aufzug.

      „Guten Tag, Dr. Rudak. Nanu, sind sie zum Gepäckboten degradiert worden?“ Grander sprühte vor Lebenslust.

      ‚Für einen Tag mitten in der Woche ist der aber mächtig gut gelaunt‘, dachte Frank noch, als Dr. Grander ihn wieder ansprach: „Und etwas Neues von Dr. Schwenker gehört?“

      „Nein, ich schätze, er ist immer noch in Urlaub.“

      „Fehlt Dr. Schwenker denn nicht in ihrer Abteilung? Es ist doch etwas ungewöhnlich so kurzfristig Urlaub zu nehmen.“

      „Sicher fehlt er. Wir sind ohnehin unterbesetzt, aber wenn Professor Brenzal entschieden hat, den Urlaub zu genehmigen ...“ Frank ließ den Satz unausgesprochen.

      Grander plauderte munter weiter: „Hmm, meine Postkarte von Dr. Schwenker ist übrigens verschwunden. Hatte ich ihnen erzählt, dass ich auch eine Postkarte von Dr. Schwenker bekommen hatte?“

      „Ja, das erzählten sie.“ Frank war heute nicht zu Smalltalk aufgelegt. Seine Arbeit stapelte sich, er durfte hier den Paketboten spielen und seine Gedanken kreisten um den defekten Defibrillator. Endlich hielt der Aufzug.

      „Naja, dann noch alles Gute Herr Postbote - meine Etage, ich muss hier raus.“

      Und weg war Dr. Grander. Frank fuhr noch eine Etage tiefer. Die Postkarte! Ja, die hatte er ganz vergessen. Gleich heute Abend wollte er danach schauen. Schließlich gingen ihm die Worte Dr. Schwenkers nicht aus dem Kopf: ‚Eines Tages werden sie vielleicht eine Postkarte von mir erhalten. Schenken sie der Briefmarke dann besondere Beachtung ...‘

      Lydia kam ihm im Hausflur entgegen. Frank wunderte sich einmal mehr über das Verhalten seiner Frau. Nicht, dass Lydia je prüde gewesen wäre, aber in den ganzen Jahren, die sie sich kannten, hatte sie ihn noch niemals Abend für Abend in solch einem sexy Outfit begrüßt. Gestern ganz in Rot, trug sie heute blaue Strapse, einen blauen, dazu passenden, Spitzen BH, hauchdünne blaue Seidenstrümpfe und - wenn man das noch so bezeichnen durfte - ein blaues Spitzenhöschen.

      Obwohl Frank anerkennen musste, dass da nicht mehr viel Höschen war.

      „Hallo mein Schatz“, flötete sie. „ Deine brave Ehefrau hat schon auf dich gewartet. Champagner steht bereit. Komm, lass uns direkt nach oben gehen.“

      Frank war im Nu auf der Treppe. Dieses Angebot konnte er sich doch nicht entgehen lassen. Lydia rekelte sich schon im Bett.

      „Hier, Frank, trink erst einmal einen Schluck Champagner!“ Lydia reichte ihm das Glas.

      Bevor er es an die Lippen setzte, musste er allerdings die in ihm brennende Frage loswerden: „Sag mal, Schatz, wo ist eigentlich die Postkarte von Dr. Schwenker?“ Bestimmt war das nicht die richtige Frage zu diesem Zeitpunkt, aber Frank hatte sich fest vorgenommen, heute seine Sinne nicht verwirren zu lassen.

      Lydia sah ihn merkwürdig an. „Die Postkarte? - Ist das jetzt wichtig?“

      „Nein, nicht wirklich. Nur interessieren würde es mich, denn die Karte, die Dr. Grander bekommen hatte, ist verschwunden.“ Und etwas kleinlaut, wie zur Entschuldigung setzte er hinzu: „Den habe ich heute nämlich zufällig im Aufzug getroffen.“

      Lydia war aufgestanden und zog sich an. Jeans und Pullover. Mit ärgerlichem Gesichtsausdruck raunzte sie ihn an: „Also, du kannst auch jede schöne Stimmung zerstören! Die Karte habe ich weggeworfen. Ich wusste ja nicht, dass du so daran hängst!“ Ihre Stimme wurde gehässig. Jetzt war mit ihr bestimmt nicht mehr zu reden, geschweige denn ... Frank sah seine Frau an. Manchmal kam Lydia ihm schon unheimlich vor. Eben noch lieb und nett, konnte sie von einem Moment auf den anderen in diese bösartige Stimmung verfallen. In solchen Momenten war es immer besser, all das zu tun, was seine Frau vorgab. Jetzt nur keine Widerworte oder anderslautende Vorschläge.

      „Ich fahr jetzt einkaufen - in die Stadt. Bis später.“

      Weg war sie. Frank nippte an seinem Glas. Ja, das war ein Fehlschlag. Diese dumme Postkarte. Wie konnte er in solch einer Situation auch danach fragen!

      Er hatte sie nicht gehört und erst als Lydia ihn von hinten ansprach und er sich den Kopf an der Spüle stieß, erkannte er schmerzhaft, dass sie ihn schon eine Weile beobachtet haben musste.

      „Verdammt, Frank, was machst du denn da? Suchst du etwas zu essen? Das findest du immer noch