P.K. Stanfay

Die STERNENKÖNIG - Saga


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und gefährlichsten Kreaturen standen in vorderster Linie - die Arrach, fast drei Meter große, achtbeinige Monstren. Sie hatten ein dichtes, schwarzes, borstenartiges Haarkleid, das hart wie Stahl war und einen hervorragenden Panzer abgab. In der Mitte ihres Kopfes lag ein großes facettenartiges Auge, mit dem sie fast nach allen Seiten sehen konnten. Am Vorderleib wuchsen zwei kräftige Fangarme, die in mächtigen Scheren endeten. Ihr Schwanz reichte in einem Bogen über ihren ganzen Leib. An dessen Ende war eine Drüse, die Gift versprühen konnte und jeden sofort lähmte, der damit in Kontakt kam. Auf ihrem Rücken war eine Art Gondel befestigt, in der sich zehn, mit Pfeil und Bogen bewaffnete Dracs befanden, während ein weiterer kurz hinter dem Auge saß und das Monster steuerte.

      Es war eine furchtbare Schlacht!

      Trotz Forons vielen gepanzerten Kampfebern, trotz der Treffsicherheit seiner Bogenschützen, welche die besten der ganzen Mondwelt waren, trotz der heldenhaften Tapferkeit der Garde der Sternenkrieger und der Schnelligkeit von König Caprons Kometenreitern - die Übermacht war einfach zu groß. Immer weiter wurden sie zurückgedrängt, immer weniger wurde ihre Zahl und als König Foron durch die Hand Batoks fiel, wandte sich der Rest von ihnen zur Flucht.

      Nur der Besonnenheit Caprons und einem Häuflein Freiwilliger, die die Verfolger in der Schlucht von Fugenia aufhielten, war es zu verdanken, das sich die Überlebenden in Astragol sammeln konnten.

      Der STERNENKÖNIG atmete tief durch und schüttelte diese trüben Erinnerungen ab. Es gab noch etwas sehr Wichtiges zu tun.

      „Kommt mit mir“, wandte er sich an Angron. „Ich habe eine Aufgabe für euch.“

      Sie verließen die Mauer, stiegen auf ihre Pferde und ritten langsam zum Königspalast. Unterwegs gaben sie hier und da noch letzte Anweisungen und sprachen den Menschen Mut zu. Am Palast angekommen, durchschritten sie den Thronsaal und gingen in die Privatgemächer des Königs.

      Einer dieser Räume war eine Art Arbeitszimmer, aber trotzdem gemütlich eingerichtet. Zwei hohe Fenster, in deren bunt verglasten Butzenscheiben die letzten Strahlen der untergehenden Sonne spiel-ten, ließen viel Licht hinein. Vor ihnen stand ein länglicher Tisch mit sechs Stühlen daran, darauf eine Schale mit zwei Milchfläschchen und eine Karaffe Wein nebst vier Bechern. An einer Stirnseite des Raumes stand ein Schreibpult und neben ihm ein großer, reich verzierter Schrank, während gegenüber in einem Kamin ein lustiges Feuer prasselte.

      Zwei Frauen befanden sich in dem Raum. Die eine stützte sich mit einer Hand an eben diesem Kamin ab und starrte, in Gedanken versunken, ins Feuer. Sie trug eine lange weiße Tunika, die von einer gestickten Goldborte gesäumt wurde. Um die Schultern hatte sie einen kobaltblauen Umhang, der mit einer goldenen Spange zusammengehalten wurde. Ihr schwarzes Haar, das schon von einigen grauen Strähnen durchzogen war, hatte sie im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie war nicht mehr die Jüngste, aber immer noch eine wunderschöne, attraktive Frau und ein Blick aus ihren grünen Augen konnte noch so manchem Mann weiche Knie machen.

      Ihr Name war Xegonia, bei den Völkern der Mondwelt aber überall als Weiße Hexe von Enid bekannt.

      Die andere Frau war eine etwas dralle Person. Sie war in ein schlichtes, blaues Gewand gekleidet und ihren Kopf bedeckte eine hellgraue Haube. Sie beugte sich über zwei Kinderwiegen, die nahe des Kamins standen und nahm eines der Babys heraus, das gerade lautstark seinen Unmut kundtat.

      „Er hat wohl immer Hunger“, sagte Xegonia mit einem mitleidigen Lächeln.

      „Da sagt ihr was“, antwortete die Kinderfrau, ging zum Tisch und nahm eines der Fläschchen, die dort in einer Schale mit warmen Wasser vorbereitet waren. „Keldon ist unersättlich, ganz im Gegenteil zu Lyrana, seinem Schwesterchen. Typisch Mann eben.“

      Sie zwinkerte mit einem Auge und ein Lächeln machte ihr pausbäckiges Gesicht noch eine Spur fröhlicher.

      „Täuscht euch da nicht“, sagte Xegonia, trat zu den beiden und sah zu, wie der kleine Schreihals zufrieden an der Flasche nuckelte. „Meine Nathinia steht ihm da wahrlich in nichts nach.“

      „Ach, ihr habt auch eine Tochter?“ fragte die Amme erstaunt.

      „Ja, sie ist fast im gleichen Alter. Wir waren so ziemlich zeitgleich in anderen Umständen - Beliana und ich. Und wir freuten uns schon auf die Zeit, wenn unsere Kinder miteinander spielen würden.“

      „Unsere arme Königin“, seufzte die Amme. „Sie und König Capron waren so glücklich. Und dann musste sie ausgerechnet nach der Geburt von uns gehen.“ Sie stellte die jetzt leere Flasche zurück, ging einige Schritte hin und her und klopfte dabei dem Kleinen leicht auf den Rücken. „Und als ob das noch nicht genug wäre, bedrohen jetzt noch diese finsteren Kreaturen unser Land“, fuhr sie zornig fort. „Aber König Capron wird sie mit blutigen Beulen wieder heimschicken.“

      Wie zur Bestätigung machte der Kleine ein Bäuerchen.

      „Er scheint ganz eurer Meinung zu sein“, lachte Xegonia.

      Da öffnete sich die Tür und Capron und Angron traten ein.

      „Oh, Ihr seid schon da, Frau Xegonia“, rief der König erstaunt, lief auf sie zu und begrüßte sie herzlich.

      „Eure Nachricht hörte sich dringend an“, antwortete sie, „und Entfernungen sind ja für mich kein Hindernis.“ Dabei zupfte sie vielsagend an ihrem Umhang.

      „Natürlich. Ich vergaß.“ Er lächelte. „Und wie geht es meinen beiden Sternchen, Zuniga“, fragte er die Kinderfrau.

      „Wie immer prächtig, mein Herr“, kam die fröhliche Antwort.

      „Sehr schön. Nehmt doch bitte Platz“, wandte er sich wieder an Xegonia und deutete auf die Stühle am Tisch. „Angron kennt ihr ja.“

      „Kommandant“, nickte sie ihm lächelnd zu, was er mit einem respektvollen Kopfnicken erwiderte, und ließ sich nieder.

      Capron setzte sich ebenfalls, während Angron stehen blieb. „Einen Schluck Wein?“ fragte der König Xegonia.

      Sie lehnte dankend ab und er stellte die Karaffe wieder zurück. Dann lehnte er sich zurück, überlegte kurz und fing an zu sprechen. „Ihr wisst ja, das Astragol in einer schlimmen Lage ist. Und wenn wir ehrlich gegenüber uns selber sind, wissen wir alle, das wir auf Dauer Batoks Armee nicht standhalten können, geschweige denn, sie zu schlagen. Zu gewaltig ist ihre Übermacht und selbst LUNAR konnte uns keine große Hilfe sein.“ Capron starrte vor sich hin. „Wenn mein armer Bruder nicht schon so früh von uns gegangen wäre, sähe die Sache natürlich anders aus“, sagte er leise und mehr zu sich selbst. „Aber so ...“ Er seufzte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als ob er diesen schmerzvollen Gedanken wegwischen wollte. Dann lehnte er sich zurück. „Doch ich darf nicht nur an die Menschen in dieser Stadt denken - ich bin als STERNENKÖNIG auch für das Überleben unserer Mondwelt verantwortlich. Ihr kennt ja die alte Prophezeiung.“

      Xegonia nickte. „Wird das Geschlecht der STERNENKÖNIGE ausgelöscht, verdunkeln sich die drei Monde, das Reich des Lichtes hört auf zu existieren und die Absolute Finsternis wird die Herrschaft übernehmen“, sagte sie leise.

      „Richtig. Und deswegen habe ich eine Entscheidung getroffen“, fuhr Capron fort und machte eine bedeutungsschwere Pause.

      Xegonia wechselte einen Blick mit Angron, der nur verständnislos mit den Schultern zuckte.

      „Ich möchte, das Ihr Keldon und Lyrana zu euch nehmt, Frau Xegonia, und das ihr zusammen mit Angron die beiden zu guten und verantwortungsbewussten Erben der STERNENKÖNIGE erzieht.“

      Minutenlang herrschte absolute Stille in dem Raum, nur vom Knistern des Feuers unterbrochen.

      Dann schüttelte die Angesprochene langsam den Kopf. „Euer Ansehen ehrt mich, mein König, aber ich finde diesen Plan für unklug.“

      „Wieso das?“

      Xegonia erhob sich, trat an eines der Fenster und schaute auf die untergehende Sonne. „Enid ist zu nahe an Zathors Einflussbereich und es wäre nur eine Frage der Zeit, wann er herausfinden