Thomas M Hoffmann

Blutgefährtin 2


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sein müsste, also eine ideale Zeit zu telefonieren. Die Chance, dass Tante Anna gerade mit etwas anderem beschäftigt ist, wie zum Beispiel einen Kautionsflüchtling jagen oder einem bösen Vampir den Kopf abreißen, sind relativ gering. Schon nach kurzem Klingeln meldet sich Tanta Anna.

      «Hallo Trish, mein Schatz.»

      «Guten Tag Tante Anna. Wie geht’s dir?»

      «Abgesehen davon, dass Daniel im Monument Valley bei John-John ist und ich hier in San Diego, ganz gut. Das Wetter ist warm, es sind gerade keine Verbrecher zu fangen und aus der Vampirwelt gibt es keine beunruhigenden Nachrichten. Und was machen deine Studien?»

      «Viel Arbeit, aber langsam wird es interessant. Jetzt im dritten Semester habe ich endlich einige Fächer zum Weinbau, Geschichte, Pflanzmethoden, Rebsorten usw. Am Ende des Semesters soll ich dann ein Praktikum auf einem Weingut machen, ich hab da auch schon eines im Sinn.»

      Tante Anna lacht.

      «Du meinst, Dad wird dir ein Praktikum anbieten? Sieh nur zu, dass er dir auch etwas dafür bezahlt.»

      «Das ist gar nicht so sicher. Großvater hat so merkwürdige Andeutungen gemacht, ich solle doch einmal ein anderes Weingut kennen lernen und so. Ich habe aber gar keine Lust, ihn noch mehr alleine zu lassen.»

      «Na ja, ganz Unrecht hat Dad nicht, aber ich verstehe dich natürlich auch. Ich bin froh, dass du ein Auge auf ihn hast.»

      «Pierre ist heute gekommen und hat mir die Einladung gezeigt. Was hältst du davon.»

      Tante Anna schweigt einen Moment.

      «Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Louis hätte auch offiziell nachfragen können, ob wir so etwas wie Botschaften einrichten sollen. Vielleicht sieht er euch aber auch bereits als Vertreter der nicht-europäischen Vampire und fühlt sich deshalb verpflichtet, euch einzuladen. Der einzige Weg, diese Fragen zu beantworten, wäre, dorthin zu gehen. Aber wenn du nicht gehen willst, denke ich mir eine Ausrede aus, damit wir ablehnen können.»

      «Pierre meint, das wäre ein Affront gegen die europäischen Vampire.»

      «Es würde die Beziehungen nicht verbessern. Aber das ist mir egal. Wenn du dich unwohl fühlst, dorthin zu gehen, sagen wir ab.»

      «Besteht denn eine Gefahr?»

      Tante Anna zögert.

      «Die Fraktion, die mit einer Übernahme der Macht der Vampire liebäugelt, hat durch den Tod von Steffan und Gregori starke Rückschläge erlitten. Louis verfolgt eine sehr mäßigende Politik und hat auch schon Menschen in seinem Beraterstab integriert. Dazu weiß jeder, dass Pierre und du unter meinem Schutz stehen. Würde jemand euch angreifen, hätte das gravierende Konsequenzen. Insofern sehe ich keine Gefahr für euch. Nur deshalb habe ich Pierre gebeten, mit dir zu reden.»

      Jetzt überlege ich. Auf der einen Seite verkrampft sich mein Magen, wenn ich an so etwas wie einen Empfang bei Vampiren denke, auf der anderen Seite wäre das die Gelegenheit, die Menschen wiederzutreffen, die ich schon bei meinem ersten Treffen kennengelernt hatte. Außerdem will ich nicht, dass Tante Anna Probleme bekommt, nur weil ich zu feige bin, einer Einladung zu folgen.

      «Na gut, Tante Anna. Ich gehe hin.»

      «Bist du dir sicher, Trish? Ich will wirklich nicht, dass du dich zu etwas zwingst.»

      «Ja, ich bin sicher. Ich bin schließlich die Nichte der Auserwählten. Da kann ich mich nicht ewig verkriechen. Und es wäre schon wichtig, herauszubekommen, warum Louis uns einlädt.»

      «Ich danke dir, mein Schatz. Lass uns in engem Kontakt bleiben, wenn ihr dorthin aufbrecht.»

      «Klar, geht in Ordnung.»

      «Gib mir Pierre noch einmal. Ich wünsch euch einen schönen Abend.»

      «Auf Wiederhören Tante Anna. Gib Onkel Daniel und John John einen Kuss von mir.»

      Ich reiche das Telefon an Pierre weiter und versuche zu ergründen, was mir so auf den Magen schlägt. Tante Anna hat ja Recht. Wer mich angreift, würde sie angreifen und das wäre für praktisch jeden Vampir der Welt das Todesurteil. Eine Wiederholung der Ereignisse vor eineinhalb Jahren ist sehr unwahrscheinlich.

      Also sollte ich mich eher auf dieses Treffen freuen. Ich werde Madame Lorraine wiedertreffen, die mir damals sehr tiefe Einblicke in das Verhältnis von Vampiren mit ihren menschlichen Gefährten gegeben hat. Ich würde mich auch gar nicht wundern, wenn Madame Lorraine zu den menschlichen Mitgliedern des Beraterstabes von Louis gehört. Sie ist seit fast fünfzig Jahren mit ihrem Vampir zusammen und übt sehr viel Einfluss aus.

      Ich bin so in meinen Gedanken versunken, dass ich gar nicht merke, dass Pierre die Unterhaltung mit Tante Anna beendet und mein Smartphone auf den Tisch gelegt hat. Er beobachtet mich und ich merke das erst, als er mit seinen Fingern sanft über meine gerunzelte Stirn streicht.

      «Zeit sich angenehmeren Dingen zuzuwenden.»

      Ich strecke Pierre die Zunge heraus.

      «Du hast die blöde Einladung mitgebracht und verhindert, dass wir erst einmal miteinander ins Bett gehen. Jetzt habe ich keine Lust mehr.»

      Pierre hebt erstaunt die Augenbrauen.

      «Wenn ich mich recht erinnere, hast du dieses „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ aufgebracht.»

      «Schon möglich, aber du hast einfach auf mich gehört.»

      Bevor ich irgendeine Bewegung machen kann, ist Pierre aufgesprungen und hat mich in den Arm genommen.

      «Ich glaube mein männliches Gehirn ist gerade wieder überfordert», flüstert er mir ins Ohr, dass mir ein Schauder über den Rücken läuft. «Das lässt sich nur dadurch beheben, dass ich mich den Dingen zuwende, von denen ich etwas verstehe.»

      Und damit küsst er mich, dass ich mich beinahe verliere. Aber so einfach lasse ich mir meinen Frust nicht nehmen. Ich schiebe ihn von mir.

      «Du glaubst wohl mit ein paar Küssen kannst du mich vergessen lassen, dass ich auf eine Vampir Party gehen muss, was?»

      Pierre kommt wieder näher.

      «Ja.»

      Beleidigt wende ich mich ab, aber damit mache ich einen Fehler. Pierre umfängt mich und küsst mir sanft erst auf den Nacken und dann in die Halsbeuge. Das ist ganz in der Nähe der Stelle, an der meine Schlagader verläuft, also der Stelle, die mir die intensivsten Liebesgefühle beschert. Feuer rieselt meinen Rücken herunter, meine Brustwarzen richten sich auf. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Den übermenschlichen Sinnen von Pierre bleibt das nicht verborgen.

      «Siehst du? Es gibt viel angenehmere Dinge als über eine Party nachzudenken», flüstert er mir ins Ohr.

      Seine Hand streichelt sanft über meine Brüste, die Berührung lässt meine Gefühle explodieren. Mit Mühe kann ich ein Stöhnen unterdrücken, der Kerl ist sowieso schon sehr von sich überzeugt, da muss er nicht auch noch merken, wie wirksam seine Verführungskünste sind. Am besten ist, ich spiele auf cool und weise ihn zurück.

      «Finger weg von meinem T-Shirt, du Lüstling» flüstere ich zurück, aber meine Stimme klingt rau und heiser.

      «Aber ich will ja gar nichts von deinem T-Shirt» raunt mir Pierre zu, dreht mich in seinen Armen und zieht mir dabei gleichzeitig das T-Shirt über den Kopf, bevor ich mich wehren kann.

      Versunken in einem Kuss mit Pierre, habe ich plötzlich vergessen, warum ich mich gegen Pierre wehre. Die ganze Woche schon musste ich alleine schlafen und mehr als einmal ist es vorgekommen, dass ich von seinen zärtlichen Umarmungen geträumt habe, nur um dann zu merken, dass der Platz im Bett neben mir leer ist. Sehnsucht und Lust packen mich, ich küsse Pierre mit all der Hitze, die ich in mir fühle. Nach kurzer Zeit bin ich atemlos, ich stehe regelrecht in Flammen. Aber Pierre hat meine Hitze aufgenommen, seine Haut fühlt sich jetzt glühend an und er gibt mir zehnfach zurück, was ich ihm vorher gegeben habe. Für einen Moment setzt mein Denken einfach aus.

      Als ich