Christoph Hoenings

DAS GESCHÄFT - TEIL 1


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      "Na, dann wollen wir mal," sagte er und stand auf.

      Wie Kinzels Fahrer Oscar berichtete, hatte das Büro von Minister Bustamante sich gemeldet und um einen weiteren Termin gebeten. Kinzel rief sofort dort an und verabredete für den späten Nachmittag ein Treffen in Bustamantes Privathaus.

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      Enrique Pato war keineswegs überrascht von der Nachricht, die ihn am Vormittag erreichte.

      Aus den übersandten Tonbändern von den Gesprächen auf Walter Fernandez´ Terrasse konnten die Techniker der PIP beim besten Willen nichts herausfiltern.

      Pato fuhr nach Miraflores, um sich die neuen Aufnahmen aus Fernandez Wohnung anzuhören.

      Die Reaktion Fernandez´ auf die Nachrichtensendung und die Bemerkungen über das Reichwerden fand Pato interessant.

      Den ersten wichtigen Teil für das Puzzle, das er zusammenlegen wollte, hatte er jetzt. Wenn Walter Fernandez die Chance auf Reichtum für sich sah, war anzunehmen, dass auch Almirante Chavez nicht leer ausgehen würde.

      Zurück in seinem Büro hörte Pato zunächst die Telefonate aus Kinkels Privathaus und aus dem Büro der Deutschen Rhein-Ruhr- Stahl AG ab. Er musste grinsen, als er die Anweisung Grafs hörte, Kinzel solle Garcia abhängen. Offenbar hatte Garcia sich zu auffällig benommen. Bei Walter Fernandez war ein Anruf Kinzels eingegangen, in dem er Walter bat, um vier Uhr nachmittags zu einem Gespräch zur Verfügung zu stehen. Kinzel würde Walter abholen. Seltsamerweise hatte Kinzel nicht sein Mobiltelefon benutzt, sondern einen Apparat des Crillon-Hotels.

      Aber wo war Graf?

      Pato rief im Crillon an, dort war Graf nicht registriert.

      Könnte es sein, dass er zu der Torreblanca gezogen war?

      Hätte Pato sich entschlossen, zu Roxanas Haus zu fahren, wäre ihm sicherlich ein Zivilfahrzeug aufgefallen, das in der Nähe ihres Eingangs stand und in dem zwei Männer saßen.

      Hätte er weiterhin die Nachbarn befragen können, hätten die ihm gesagt, dass dieses Fahrzeug schon seit dem frühen Morgen dort stand. Keiner der beiden Insassen hatte den Wagen bisher verlassen.

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      Als der Chauffeur Kinzels um kurz vor elf aus dem Büro kam und mit dem Mercedes losfuhr, meinte Garcia, der Mann habe ihm im Vorbeifahren einen neugierigen Blick zugeworfen.

      Garcia folgte wiederum dem Fahrzeug, das die gleiche Strecke nahm wie eine Stunde zuvor.

      Nur fuhr der Wagen diesmal direkt vor den Eingang des Hotels Crillon.

      Garcia sah, wie Kinzel und Graf die Rücksitze des Fahrzeugs bestiegen.

      Graf zu sehen, ließ eine Welle blinden Hasses in Garcia hochschlagen.

      Während er dem Mercedes folgte, konnte er nicht die Vorstellung aus seinem Kopf verbannen, wie es Graf mit Roxana die ganze Nacht getrieben haben könnte.

      Wo, das wusste er ja nun.

      Dieses Flittchen würde ihre Eskapaden noch bitter bereuen!

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      Um die gleiche Zeit, zu der Kinzel und Graf durch das Portal des Marinehauptquartiers auf das große graue Gebäude zufuhren, bog ein Fahrzeug mit zwei Männern in die Straße, in der Roxana wohnte. Dieses Fahrzeug passierte in langsamer Fahrt den Wagen, der dort schon stand. Die beiden Männer in dem stehenden Fahrzeug schüttelten fast unmerklich die Köpfe.

      Der neu angekommene Wagen hielt am Straßenrand, dafür fuhr der andere an.

      Beide Fahrzeuge waren Mazdas von unauffälligem Grau.

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      Graf und Kinzel wurden von einem jungen Leutnant durch den eindrucksvollen Flur mit in dunklem Holz getäfelten Wänden und Decken zum Büro des Oberkommandierenden der Peruanischen Marine geleitet.

      Vor der Doppeltür standen rechts und links auf je einem kleinen Podest zwei Marinesoldaten mit Gewehren. Als die Gruppe nähertrat, wurde sie mit hochgerissenen Karabinern und knallenden Hacken gegrüßt.

      Der Leutnant öffnete die Tür und ließ Kinzel und Graf eintreten.

      In dem Vorraum waren mehrere Sekretärinnen in Uniform und zwei weitere Marinesoldaten.

      Einer von den beiden schob in der Tür zu Chavez´ Zimmer ein auf Augenhöhe angebrachtes kleines Guckloch auf und schaute hindurch.

      Dann machte er den beiden Besuchern ein Zeichen, dass es noch einen Moment dauern würde.

      Nach einer halben Minute öffnete er die Tür.

      Der riesige Raum, der sich ihren Blicken darbot, war ebenfalls ganz in Holz getäfelt. Am Ende des Raumes stand ein enorm großer Schreibtisch mit einem riesigen Ledersessel.

      Zur linken Hand war eine Sitzgruppe mit Ledersesseln und Sofas, auf der spielend zehn bis vierzehn Personen Platz gefunden hätten.

      Als Tisch diente ein in die Horizontale gelegtes antikes Schiffssteuerrad aus poliertem Holz von fast anderthalb Metern Durchmesser, auf dem eine runde Glasplatte lag.

      An der Wand hinter dem Schreibtisch hing neben der peruanischen Flagge ein Ölgemälde mit der Darstellung einer Seeschlacht zwischen mehreren Segelschiffen. An der den Fenstern gegenüberliegenden Wand hing eine erkleckliche Anzahl gerahmter Photographien mit so ziemlich sämtlichen Vorgängern von Chavez seit der Zeit, in der die Kunst der Photographie in Peru Einzug gehalten hatte.

      Auf dem dunkelroten und knöcheltiefen Teppich kam Almirante Chavez auf sie zu.

      "Señor Graf, Señor Kinzel, muy buenos dias, es ist mir eine Freude, Sie in meinem Büro begrüßen zu dürfen!"

      "Mi Almirante," sagte Grafartig."Die Freude ist ganz auf unserer Seite."

      "Darf ich Ihnen vorstellen? Vicealmirante Pedro Herrera Sanchez, Chef der Abteilung Planung und Prinzipien, und Vicealmirante Juan Maria Oliva Cortez, Direktor der Materialabteilung. Señores, die Herren Graf und Kinzel von der Deutschen Rhein- Ruhr-Stahl."

      Ein Marinesoldat kam herein und servierte Kaffee in Tassen, die mit dem Wappen der Marine verziert waren.

      Almirante Rogerio Chavez eröffnete das Gespräch:

      "Señores Almirantes, ich hatte bereits gestern Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch mit den beiden Herren aus Deutschland, als wir uns zufällig im Haus eines Bekannten trafen, der wegen anderer Dinge mit Señor Kinzel in Geschäftsbeziehungen steht. Da ich weiß, dass die Werften des deutschen Unternehmens zu den namhaften Herstellern von Marineschiffen zählen, habe ich die Gelegenheit ergriffen, Señor Graf zu fragen, wie er ein Neubeschaffungsprogramm für unsere Marine beurteilt. Señor Graf war so freundlich, mir einige aufschlussreiche Wege aufzuzeigen, wie wir die Marine modernisieren können. Ich möchte gerne diese Gedanken, Señores Almirantes, mit Ihnen teilen. Darf ich Sie, Señor Graf bitten, uns einige Ihrer Ausführungen, die ich hochinteressant fand, noch einmal zu wiederholen?"

      Graf gab zum besten, was er gestern schon Chavez und Minister Bustamante gesagt hatte, ließ aber jede Anspielung auf politische Einflussnahmen weg. Er erläuterte jedoch detailliert die Notwendigkeit von Maßnahmen, mit denen eine zustimmende Haltung in der Öffentlichkeit erzeugt werden könnte.

      Alle fünf Herren begaben sich nach einer halben Stunde in einen separaten Raum, in dem eine Reihe von Stewards ein vorzügliches Mittagessen servierte.

      Während des Essens ging die Diskussion weiter. Alle drei Offiziere hatten die Fernsehnachrichten am gestrigen Abend gesehen, und die Aussagen Bustamantes gaben zusätzlichen Gesprächsstoff.

      Die Chefs von Planung und Prinzipien sowie für Marinematerial waren froh über die Aussicht, endlich etwas tun zu können, um den dringend erforderlichen Modernisierungsprozess der Marine in Gang zu setzen.

      Graf wusste, dass oftmals Söhne von Offizieren ebenfalls eine militärische Karriere einschlagen. Deshalb hatte er keine Hemmungen, die Anwesenden als die höchsten Repräsentanten