Christoph Hoenings

DAS GESCHÄFT - TEIL 1


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      Die Anzeige war niedergeschlagen worden, weil Fernandez einen guten Leumund besaß und ein Marineoffizier zu seinen Gunsten ausgesagt hatte, ein Verwandter der späteren Frau von Fernandez, Liliana C. Chavez.

      Der damalige Fregattenkapitän Rogerio Homer Chavez Vicario, der als Jugendlicher mit Walter Fernandez die Schulbank gedrückt hatte, war heute Chef der Armada Peruana, und seine Nichte war mit Fernandez verheiratet.

      "Daher also weht der Wind!" murmelte Garcia.

      Oberst Garcia nahm sämtliche Computerausdrucke, überspielte die heutigen Gespräche aus dem Büro von Kinzel wiederum auf seinen USB, löschte das Band und verließ sein Büro, um zu Mittag zu essen.

      Der Vormittag erschien ihm ausgesprochen vielversprechend.

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      Kinzel setzte eine E-Mail nach Deutschland ab: „Treffen bei WF Montag 13 h.“ Kurz darauf erhielt er Grafs Reisedaten.

      Während seine Sekretärin für Graf ein Hotelzimmer reservierte, sann auch Ludwig Kinzel darüber nach, dass dies ein ausgesprochen erfreulicher Vormittag war.

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      Enrique Pato ordnete nach Durchsicht der letzten Computerdaten zweierlei an:

      Noch am Nachmittag würde ein Beamter der Peruanischen Post bei Walter Fernandez unter dem Vorwand, eine Störung im Haustelefonnetz beheben zu müssen, Mikrofone in den Telefonen installieren, um sämtliche Geräusche aus der Wohnung nach draußen zu senden. Hierbei war egal, ob telefoniert würde oder nicht.

      Zum zweiten würde die PIP das Zimmer von Rupert Graf im Sheraton Hotel mit einer Abhöranlage ausstatten.

      Dann ging auch Enrique Pato zum Mittagessen.

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      Sonntag

      Da Rupert Graf in der ersten Klasse zu reisen pflegte und immer einen Gangplatz belegte, war er einer der ersten Passagiere, die das Flugzeug verließen.

      Obwohl nach der Ankunft Grafs, der nur Handgepäck bei sich trug, zunächst keine weiteren Passagiere folgten, fiel es Kinzel, der Graf erwartet hatte, nicht auf, dass sich zwei weitere Personen aus der Schar der wartenden Abholer in Richtung Parkplatz auf den Weg machten. Garcia und Pato beeilten sich, zu ihren Autos zu kommen.

      Alle drei Fahrzeuge fuhren hintereinander an der Zahlstelle des Parkplatzes vor. Beide, Garcia und Pato, hatten Gelegenheit, sich das Gesicht Grafs einzuprägen. Dank seines kahlen Kopfes war er nicht zu verkennen.

      Die drei Wagen überquerten nach wenigen Augenblicken die Brücke über den Rio Rimac und bogen kurz darauf nach links in die Avenida Argentina Richtung Stadtzentrum.

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      Rupert Graf lehnte sich in seinem Sitz zurück und zog die Luft ein.

      „Es riecht immer noch so widerlich wie beim letzten Mal," sagte er. Das Geruchsgemisch von Abgasen, schwelenden Müllhaufen, von Fäkalien und der nahegelegenen Fischmehlfabrik ist typisch für Lima, insbesondere in der Nähe des Flughafens. Gerade hier um den Fluss herum gibt es eine Reihe von Pueblos Jovenes, "jungen Ortschaften", wo die Ärmsten der Armen in Hütten aus Pappkartons oder Bastmatten leben, zwischen Müll und ihren eigenen Abwässern, die im Boden versickern. Das triste Bild wird nur aufgelockert durch die farbenfrohen peruanischen Flaggen, die über jeder Behausung wehen. War die Fahne erst hochgezogen, durfte der Erbauer des Hauses nicht mehr vertrieben werden. So wollte es irgendein Gesetz.

      Graf ließ sich von Kinzel das Programm für den Aufenthalt erklären. Kinzel legte besonderen Wert darauf, den guten Kontakt zur Marineführung zu erläutern.

      "Du wirst sehen, Rupert, Chavez will die Schiffe. Und der Kontakt stimmt. Walter ist mit Chavez ganz eng."

      „Die Marine kann doch hier nichts entscheiden! Das wird ein finanzielles Problem. Der Finanzminister muss mitmachen, der Präsident, das Parlament, auch wenn das hier wohl nicht sehr ernst genommen werden muss. Wie will Chavez, selbst als Chef der Marine, sicherstellen, dass die alle mitspielen?"

      "Über Freundlichkeiten. Darüber haben Walter und Chavez sich Gedanken gemacht, sonst hätten wir dich nicht einfliegen lassen."

      „Dir ist bewußt, dass bei uns die Gewährung von Freundlichkeiten im Ausland inzwischen bestraft wird,“ sagte Graf. „Das kann dich nicht nur den Job kosten, sondern dich in den Knast bringen.“

      „Da werdet ihr doch wohl Mittel und Wege finden.....“ antwortete Kinzel gelassen. „Ohne Schmiergeld läuft hier im Lande doch nichts. Nada! Kein Dokument einer Behörde, kein Ausweis, keine Dienstleistung! Das weißt du doch selbst!“

      Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:

      „Und alle unsere Konkurrenten wissen das auch!“

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      Kinzel wohnte, wie Enrique Pato sah, in einem der schöneren Teile von Miraflores, in einer ruhigen Seitenstraße mit gepflegten Rasenflächen vor hohen weißen Mauern, die die Grundstücke umgeben. Hier warfen großgewachsene Eukalyptusbäume Schatten, und über die Mauern ragten die Spitzen von Bananenpflanzen und Avocadobäumen. All diese Pflanzen müssen täglich begossen werden, da es in Lima so gut wie niemals regnet. Jeden Tag machen sich Heerscharen von Gärtnern auf in diese Gegenden der Stadt, in denen die Reichen wohnen, Geschäftsleute, Politiker, hohe Verwaltungsbeamte und Militärs. Die Gärtner kommen von weither, aus den Armenvierteln, sie kommen auf Fahrrädern, hinter denen sie auf einem kleinen Anhänger ihre Gerätschaften transportieren, Hacke, Spaten, einen Rechen, einen Handrasenmäher. Aber die Gärtner haben zumindest Arbeit, und sie verdienen nebenbei Geld durch den Verkauf von Gartenpflanzen.

      Auf der Mauereinfassung des Grundstücks blinkten Glasscherben.

      Zu Patos Leidwesen hatte Graf schlichtweg abgelehnt, das für ihn vorbereitete Zimmer im Hotel zu beziehen. Er hatte strikt darauf bestanden, ein Zimmer in einem der unteren Geschosse zu bekommen.

      Pato, der aus seinem Auto heraus die Vorfahrt des Ehepaares Fernandez beobachtete, sah sich um. Er dachte darüber nach, wie er Kinzels Haus mit einer Abhöranlage ausstatten lassen könnte. Zu viel Wirbel würde Aufsehen erregen. Außerdem musste er erst mal sehen, wie sich das Ganze entwickelte.

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      "Was darf ich zu trinken bringen, Señora? Ihnen, Walter?" fragte Kinzel seine Gäste. Kinzel war hocherfreut über die Pünktlichkeit von Fernandez. Auch wenn "hora alemana", "deutsche Zeit", ausgemacht worden war und dieser Begriff in Peru wirkliche Pünktlichkeit bedeutete, war man nie sicher, ob Gäste nicht mit ein bis zwei Stunden Verspätung erscheinen würden. Das Dienstmädchen servierte Getränke, chilenischen Champagner für die Damen, Whisky für Fernandez und Kinzel, ein Glas Weißwein für Graf.

      Graf machte Liliana de Fernandez ein paar artige Komplimente, die diese wiederum ausgesprochen angenehm empfand. Dass Graf ihr zur Begrüßung die Hand geküsst hatte, hatte sie charmant gefunden.

      Nach einer Weile standen die drei Herren auf und gingen in die neben dem Wohnraum liegende Bibliothek.

      Diese Bezeichnung mochte übertrieben sein für einen großzügigen Raum, auf dem an einer Seite wandhohe Bücherregale aus Teakholz eingelassen waren. Weicheres Holz als Teak würde sofort von Ameisen zerfressen. Der Raum war mit einer Sitzgruppe ausgestattet, mit einem Schreibtisch unterm Fenster und mit einem Fernsehgerät mit DVD-Recorder.

      In den Regalen standen mehr DVDs als Bücher.

      Graf bat Kinzel, als sie sich setzten, den Fernseher anzuschalten und auf Zimmerlautstärke einzustellen.

      Dann wandte er sich an Fernande z.

      "Ihre Marine will Korvetten, Señor Fernandez?"

      "Ja, Señor Graf. Lutz wird Ihnen gesagt haben, dass ich verwandtschaftlich verbunden und eng befreundet bin mit dem Oberkommandierenden der Marine, Admiral Rogerio Chavez. Chavez steht unter Druck, weil unsere Gewässer überfischt werden. Es wurden in großer Anzahl Fischereischiffe aus Japan und Russland ausgemacht. Selbst spanische Schiffe fahren